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Baobab im Senegal Baobab im Senegal  (AFP or licensors)

Kardinal Turkson: ?Kenne auch Bisch?fe, die den Klimawandel leugnen"

Vatikan-Kardinal Peter Turkson sieht in der Weltkirche Licht und Schatten beim Thema ?kologie. Er kenne auch Bisch?fe und Priester, die den Klimawandel leugnen, sagte er im Interview der Wiener Kirchenzeitung ?Der Sonntag“.

Turkson sprach Ende vergangener Woche als Kanzler der beiden Päpstlichen Akademien für Wissenschaften und für Sozialwissenschaften bei der vatikanischen Konferenz ?Von der Klimakrise zur Klima-Resilienz“ in Wien. Die Tagung fand in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften statt. Bei dem Interview ging der aus Ghana stammende Kardinal auch auf die vor zehn Jahren erschienene Sozial- und Umweltenzyklika ?Laudato Si“ von Papst Franziskus ein, und er sprach über das Anliegen der Konferenz, Anpassungsstrategien an den Klimawandel zu finden und umzusetzen.

 

Kardinal Turkson: Die Klimakrise betrifft die ganze Welt. Die zentrale Botschaft, die wir verbreiten, lautet: Wenn Menschen über globale Erwärmung und Klimawandel sprechen, denken sie oft nur an lokale Anpassung oder Schadensbegrenzung. Aber die Enzyklika Laudato Si’ spricht vor allem von Veränderung – von Umkehr, von einem Wandel des Herzens. Wir müssen unsere Haltung gegenüber vielen Dingen ändern, um den Klimawandel wirklich zu bewältigen. Deshalb setzen wir auf Anpassung, Schadensbegrenzung – aber auch auf gesellschaftlichen Wandel.

 

Werden Ihre Anliegen von der Politik gehört? Die Kirche und die Politik sind ja doch recht unterschiedliche Welten.

 

Kardinal Turkson: Natürlich unterscheiden sich Kirche und Politik in ihrer Herangehensweise – aber nicht im Ziel. Beide sind für die Menschen da. Die Kirche dient dem Menschen, genauso wie die Politik.

Wir verfolgen also ein gemeinsames Anliegen, wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven.

Leider wird oft eine künstliche Trennung konstruiert – als sei das Wohl der Menschen ausschließlich Aufgabe der Politik. Das stimmt so nicht. Wir sollten anerkennen, dass wir beide den Menschen dienen und deshalb auch zusammenarbeiten können.

Gerade beim Thema Klima und Umwelt versuchen wir, einen Zugang zu finden, der Gehör findet. Die Enzyklika Laudato Si’ von Papst Franziskus ist ein wissenschaftlich fundiertes Dokument – mit theologischer Tiefe und einem starken gesellschaftlichen Appell. Es ist kein politisches Manifest, sondern ein Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenleben.

Kardinal Peter Turkson
Kardinal Peter Turkson

Sie sagen, dass Bewusstsein und Handeln für die Schöpfung auch immer den Einsatz für soziale Gerechtigkeit beinhaltet. Was sollen wir als Gläubige tun? Sind wir als Christinnen und Christen glaubwürdig?

 

Kardinal Turkson: Die Glaubwürdigkeit des Dokuments Laudato Si’ ist unbestritten. Aber macht das auch jene glaubwürdig, die es vertreten? Teils ja, teils nein. Ich kenne Bischöfe und Priester, die den Klimawandel leugnen und das Thema für irrelevant halten. Für sie existiert das Dokument nicht. Aber ich kenne auch viele junge Menschen, die sich mit Leidenschaft für den Klimaschutz einsetzen. Es gibt beides: Ignoranz und Engagement. Doch die Kirche hat mit Laudato Si’ ein glaubwürdiges Instrument geschaffen. Und viele von uns, die es vertreten, tun dies mit großer Überzeugung.

 

Ich habe über meine persönliche Verantwortung nachgedacht – ob ich genug gegen Umweltverschmutzung tue. Denken Sie auch über Ihre eigene Verantwortung nach? Was tun Sie persönlich für den Umweltschutz – abgesehen von der Arbeit in Ihrer Aufgabe in der Akademie und als Kardinal?

 

Kardinal Turkson: Ich lebe nicht in zwei Welten. Ich versuche, mein Leben in Einheit und Konsequenz zu führen. Was ich in einem Dokument vertrete, muss sich auch in meinem Alltag widerspiegeln. Sonst wäre ich nicht glaubwürdig. Wenn ich also in einem Text eine bestimmte Haltung vermittle, dann lebe ich diese auch.

Seit ich im Vatikan bin – mittlerweile seit 15 Jahren – ermutigen wir auch Unternehmer, nach diesem Prinzip zu leben. Es gibt gläubige Geschäftsleute, die ihren Glauben an der Bürotür abgeben und im Geschäftsleben ganz anders handeln. Und am Sonntag gehen sie dann brav in die Kirche. Deshalb haben wir ein eigenes Dokument entwickelt: ?Zum Unternehmer berufen“. Es erschien bereits 2013 unter Papst Benedikt.

Deshalb lautet meine Antwort auf Ihre Frage: Wenn ich über Umweltschutz spreche, dann lebe ich ihn auch. Wer etwas predigt und anders handelt, lebt in Widerspruch zu sich selbst. Das darf nicht sein – weder für mich noch für jemanden, der im Namen der Kirche spricht.

Wer nicht überzeugt ist, sollte lieber schweigen. Aber wer überzeugt ist, muss auch danach leben.

 

Als Konsumenten stehen wir täglich vor Fragen wie: Ist dieses Produkt fair produziert? Ist es nachhaltig?

 

Kardinal Turkson: Die Frage der Ökologie ist für gläubige Menschen von zentraler Bedeutung – und das aus mehreren Gründen.

Erstens: Wer an Gott glaubt, glaubt an den Schöpfer. Und wer Gott als Schöpfer verehrt, kann nicht gleichzeitig seine Schöpfung missachten oder zerstören. Das wäre ein Widerspruch zum eigenen Glauben.

Zweitens: In Psalm 19 heißt es: ?Die Himmel rühmen die Herrlichkeit Gottes.“ Die Schöpfung selbst ist also ein Lobpreis Gottes. Wir Gläubige verwenden diese Sprache, um Gott zu verehren.

Drittens: Unsere gesamte Liturgie ist durchdrungen von Elementen der Schöpfung. Womit taufen wir? Mit Wasser – einem Geschenk der Natur. Woraus besteht die Eucharistie? Aus Brot und Wein – ebenfalls Früchte der Erde. Unsere Sakramente sind tief mit der Schöpfung verbunden.

Wie könnten wir also diese Elemente nutzen, um Gott zu verehren, und gleichzeitig die Schöpfung gering schätzen? Ein Christ, der die Schöpfung nicht achtet oder gar ausbeutet, lebt nicht im Einklang mit seinem Glauben. Der orthodoxe Patriarch Bartholomäus geht sogar so weit, Umweltzerstörung als Sünde zu bezeichnen. Und ich stimme ihm zu: Wer an Gott glaubt, muss auch seine Schöpfung achten.

 

Das Interview mit Kardinal Turkson führte Sophie Lauringer.

 

(dersonntag – gs)

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02. September 2025, 12:52