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Prioritäten für die nächsten 25 Jahre: die SECAM-Konferenz in Kigali stellt Weichen für die Zukunft der Kirche in Afrika (Foto: missio) Prioritäten für die nächsten 25 Jahre: die SECAM-Konferenz in Kigali stellt Weichen für die Zukunft der Kirche in Afrika (Foto: missio)  (Foto: missio)

Ruanda: Weichen für die Zukunft von Afrikas Kirche

Afrikas wachsende katholische Kirche spricht in diesen Tagen bei einem Treffen in Ruanda über Prioritäten für die Zukunft. In Kigali findet noch bis Sonntag die Generalversammlung aller Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar (SECAM) statt. Hauptthemen seien Frieden und Versöhnung, berichtet der Präsident des katholischen Hilfswerkes missio Aachen, Pfarrer Dirk Bingener, der vor Ort ist. Das Thema Missbrauchsprävention werde von Ordensfrauen eingebracht.

Anne Preckel - Vatikanstadt

Im Rahmen der Versammlung sei auch der jüngste Anschlag von Islamisten auf Katholiken im Ostkongo thematisiert worden. Die Kirchenvertreter erhofften sich insgesamt starke Signale der Politik, um die Zivilbevölkerung und Christen in der Region zu schützen. 

Wichtig sei die Konferenz auch vor Hintergrund kichlicher Weichenstellungen für die Zukunft: dabei sei etwa die Notwendigkeit hervorgehoben worden, „dass es um eine selbstverantwortliche Kirche geht, die für sich sorgt", so Pfarrer Bingener.

Mit Blick auf das Ziel von missio, bei der Konferenz auch die Anliegen von Ordensfrauen stärker einzubringen, freut es den missio-Präsidenten, dass an der 20. -Sitzung erstmals drei Ordensfrauen teilnehmen, die einen Dialog mit den Bischöfen zum Thema Missbrauchsprävention und Safeguarding gestalten.

Hier das gesamte Interview zum Nachhören
missio-Präsident Pfarrer Dirk Bingener während seiner Ansprache in Kigali bei der SECAM-Konferenz (Foto: missio)
missio-Präsident Pfarrer Dirk Bingener während seiner Ansprache in Kigali bei der SECAM-Konferenz (Foto: missio)   (© missio)

Radio Vatikan erreichte Bingener am Freitag, dem zweiten Sitzungstag, telefonisch in Kigali.  

Interview

Vatican News: Herr Pfarrer Bingener, Ruanda, wo Sie sich gerade befinden, grenzt an den Ostkongo, wo es ja in diesen Tagen einen blutigen Anschlag gegeben hat von Islamisten auf Christen in der Provinz Ituri. Dazu hat sich auch der Papst geäußert. Immer wieder gibt es in der Region Gewalt. Inwieweit ist das Thema bei der aktuellen SECAM-Sitzung?

Bingener (missio-Präsident, derzeit in Kigali): Ja, das Thema ist hier angesprochen worden, dieser Anschlag im Osten Kongos. Wir sind ja hier in Ruanda und das ist natürlich ein Konflikt, der auch in den letzten Wochen zur Sprache kam. Hier hofft man sehr auf das Friedensabkommen, was die beiden Außenminister der Demokratischen Republik Kongo und von Ruanda geschlossen haben. Und auch der Nuntius ist sehr direkt bei der Konferenz auf das Thema eingestiegen. Und es passt natürlich derzeit in die Linie von Papst Leo, gerade auf das Thema Frieden hinzuweisen und darauf, dass Abkommen auch eingehalten werden müssen. Darauf hoffen die Menschen in der Region hier sehr, weil sie natürlich seit vielen, vielen Jahren auch unter der Gewalt leiden.

„Die Bischöfe haben begonnen mit dem Gedenken an den Genozid 1994. Ruanda hat hier eine Geschichte, und es geht um Versöhnung, Frieden und darum, dass Abkommen eingehalten werden.“

Strategie für die nächsten 25 Jahre

Vatican News: Bei der Generalversammlung aller Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar (SECAM) geht es auch um eine Richtungsbestimmung der afrikanischen Kirche, die ja stark im Wachsen begriffen ist. Welche Themen bewegen die Bischöfe denn derzeit? An welchen Strategien wird gemeinsam gearbeitet?

Bingener: Wir befinden uns im Heiligen Jahr 2025, und man arbeitet hier an wichtigen Säulen, an einer Strategie für die nächsten 25 Jahre, also bis zum nächsten Heiligen Jahr 2050. Die SECAM-Ebene ist ja eine sehr hohe Ebene, und deswegen kann man insgesamt große Linien hier zeichnen: Das ist natürlich die Frage der Evangelisierung, das Bild der Kirche als Familie Gottes. Dann auch, dass es um eine selbstverantwortliche Kirche geht, die für sich sorgt, auch um junge Leute, um Gerechtigkeit und Frieden, die Frage der Gesundheit und auch Digitalisierung und neue Möglichkeiten im Hinblick auf künstliche Intelligenz. Außerdem ist großes Thema, dass viele Menschen auf dem afrikanischen Kontinent leiden und wie man das verhindern kann: ein Hauptthema ist die Frage des Friedens, der Versöhnung und des Leids der Menschen.

Vatican News: Da haben sich die Bischöfe viel vorgenommen...

Bingener: Sie haben hier eben auch eine hohe Verantwortung. Wenn Sie schauen, welche Institutionen in afrikanischen Ländern in besonderer Weise Verantwortung übernehmen, neben den staatlichen, dann ist es natürlich die Kirche! Dort, wo niemand mehr hinreicht, dort sind kirchliche Strukturen, die sich eben um die Frage von Bildung, um Gesundheit, um die Frage der jungen Leute, um Gerechtigkeit und Frieden kümmern. Also ich habe großen Respekt hier vor den Bischöfen, weil sie eine große Verantwortung haben und einen großen Zeitraum überblicken, die nächsten 25 Jahre, und weil sie für unfassbar viele Menschen zuständig sind.

Und wenn ich das noch anfügen darf, beim Eröffnungsgottesdienst war die Vitalität der Kirche in Afrika natürlich auch zu spüren, denn es gibt natürlich nicht nur Leid und Sorgen und Herausforderungen, sondern es gibt eben auch sehr, sehr viel Freude und sehr viel Vitalität und Kreativität. Und die hat man hier gespürt und die hat einen mitgerissen, auch beim Eröffnungsgottesdienst. 

missio bringt Anliegen von Ordensfrauen ein

Vatican News: Missio ist ja vor Ort, um auch bei der Generalversammlung die Anliegen von afrikanischen Ordensfrauen einzubringen.

Bingener: Ja, zunächst einmal ist missio hier, damit die Ordensfrauen ihre Anliegen einbringen können und wir sie ein wenig unterstützen. Wir haben zusammen mit der SECAM im vergangenen Jahr einen großen Kongress veranstaltet in Togo. Dort waren 120 Ordensfrauen aus 30 afrikanischen Ländern und da ist eben über das Thema Empowerment von Frauen gesprochen worden. In diesem Kontext ist natürlich ein wichtiges Thema auch das Thema Missbrauch - spiritueller Missbrauch, Machtmissbrauch, auch sexueller Missbrauch, unter dem die Ordensfrauen sehr leiden. Und auf Initiative der Bischöfe - die damals anwesend waren, und Kardinal Ambongo hat auch nochmal dazu eingeladen - sind jetzt aktuell in Kigali drei Ordensschwestern dabei. Ich habe mich gestern Abend nochmal mit ihnen zusammengesetzt. Sie sind sehr selbstbewusst und wollen diese Fragestellung sehr offen ansprechen, allerdings nicht im öffentlichen Teil der Konferenz, sondern indem die Bischöfe zuhören und Fragen stellen können - der erste Schritt ist das Hören.

Vatican News: Dass Ordensfrauen in diesem Rahmen den Bischöfen referieren, ist eine Neuheit. Was bedeutet das? Was sagen die Bischöfe?

Bingener: Dass die Ordensfrauen hier jetzt vor allen besonders wichtigen Bischöfen von Afrika und Madagaskar sprechen können, werte ich zunächst einmal als bedeutenden Schritt. Die Ordensschwestern spüren die Verantwortung, dieses Thema auch auf dieser relativ hohen Ebene zu platzieren. Insofern bin ich ganz froh als Präsident von missio, dass das gelungen ist. Aber wie gesagt, die Akteurinnen sind die Schwestern.

Es gibt Bischöfe in Afrika, die das Thema Missbrauch von Ordensfrauen noch als Einzelfälle betrachten. Aber wir wissen natürlich, dass es keine Einzelfälle sind, sondern dass es schon systemische Ursachen hat und auch das ganze System ergreift. Und das wissen auch viele andere Bischöfe. Das heißt, es gibt Bischöfe, die das Thema aktiv angehen und andere, die noch zu zögerlich sind. Da braucht es eben einen langen Atem. Das Thema versandet leicht wieder, weil niemand gerne über dieses Thema spricht, es ist tabuisiert. Deswegen braucht es immer solche Anlässe wie diese SECAM-Konferenz.

„Dass die Ordensfrauen hier jetzt vor allen besonders wichtigen Bischöfen von Afrika und Madagaskar sprechen können, werte ich zunächst einmal als bedeutenden Schritt.“

Missbrauch von Ordensfrauen - keine Einzelfälle

Vatican News: missio hatte ja 2019 eine Umfrage gestartet zum Thema Missbrauch von Ordensfrauen in Afrika. Was hat sich seitdem getan bei dem Thema in Afrika speziell?

Bingener: Es hat sich im Grunde genommen bestätigt, dass es kein Randthema und auch kein Einzelthema ist, sondern wir stoßen überall da, wo wir das Thema ansprechen, auf Menschen, die sprechen wollen. Das fängt an in den jeweiligen Ordensgemeinschaften, dass es für Projekte natürlich Safeguarding-Policies braucht und dass man die Ordensfrauen natürlich auch mit einbeziehen muss. Es gibt eine Reihe von Kongressen dazu. Und wir haben unsere Projektarbeit umgestellt und geschaut, wo gibt es denn eigentlich Mechanismen, die anfällig sind für Machtmissbrauch.

Vatican News: Zum Beispiel?

Bingener: Die Ordensschwestern brauchen etwa keine Bischofsempfehlung mehr, sondern können jetzt zum Beispiel ihre Ordensoberinnen um eine Empfehlung bitten. Auch etwa die Frage, wie baut man heute einen Konvent? Gibt es Einzelzimmer? Gibt es Empfangszimmer? Haben die Schwestern eine Privatsphäre? Oder die Frage: Steht einer Schwester selbst ein Auto zur Verfügung oder muss sie immer einen Priester fragen? Also es gibt ganz, ganz viele Punkte, an denen wir Stellschrauben gedreht haben, um im Grunde genommen Ordensschwestern unabhängiger zu machen und damit weniger anfällig für Machtmissbrauch. Und dann gibt es natürlich auch das Fallmanagement, weil wir ja konsequent die Dinge, die uns zu Ohren kommen, weitermelden und dann auch dranbleiben. Und auch da machen wir die Erfahrung, dass die Fragestellungen ernster verfolgt werden. Ansonsten schreiben wir weiter Briefe und klettern die Hierarchie-Ebenen dann auch nach oben, bis es Untersuchungen gibt.

Mehr Sensibilisierung und bessere Ausbildung

Vatican News: Afrikanische Bischofskonferenzen haben ja in den letzten Jahren in punkto Sensibilisierung, Ausbildung auch von Priestern einiges auch eingeleitet.

Bingener: Ich habe jetzt ja einige Dinge schon aufgezählt. Dass in der Kirche flächendeckend, oder zumindest bei den Projekten, die wir jetzt kennen, Schulungen durchgeführt werden, dass es Safeguarding-Policies gibt, dass das Thema in den Seminaren thematisiert wird und natürlich auch in den Konventen - das sind meiner Meinung nach schon große oder wichtige, notwendige Erfolge!

Bei der SECAM-Konferenz (von links): missio-Auslandschef Frank Kraus, Pfarrer Dirk Bingener, Bischof Steven Mamza aus Nigeria und Guy Adjadji, missio-Referent. - Pfarrer Bingener und Bischof Mamza bauten in Nigeria ein Dorf für christliche und muslimische Flüchtlinge. (Foto: missio)
Bei der SECAM-Konferenz (von links): missio-Auslandschef Frank Kraus, Pfarrer Dirk Bingener, Bischof Steven Mamza aus Nigeria und Guy Adjadji, missio-Referent. - Pfarrer Bingener und Bischof Mamza bauten in Nigeria ein Dorf für christliche und muslimische Flüchtlinge. (Foto: missio)   (Foto: missio)
Kardinal Ambongo Besungo (Archivbild)
Kardinal Ambongo Besungo (Archivbild)

Konferenz-Auftakt: Aufruf zu kirchlicher Erneuerung

am Donnerstag zur kirchlichen Erneuerung und zur Heilung der afrikanischen Gemeinschaften auf. Eingebettet in das laufende Heilige Jahr und den synodalen Weltprozess sei die SECAM-Konferenz ein „historischer Meilenstein“ im Leben der afrikanischen Kirche. Ruanda stünde für die „Wunden der Geschichte und die Kraft der Wiedergeburt“, formulierte er vor Hintergrund der Aufarbeitung des Genozids, die bis heute in der Region weitergeht. Afrika brauche eine prophetische und inklusive Kirche, die sich für Gerechtigkeit einsetze und durch eine Sorge für die Ärmsten, die Vertriebenen, die Ausgestoßenen und die Jugend auszeichne, so der Kardinal.

An der SECAM-Konferenz nehmen vom 30. Juli bis 4. August Bischöfe, Ordensleute und kirchliche Laien aus dem ganzen Kontinent teil. Am Ende wird eine Abschlusserklärung erwartet. Das 20. Treffen steht unter dem Titel â€žChristus, Quelle der Hoffnung, der Versöhnung und des Friedens“.

Bei der SECAM-Konferenz
Bei der SECAM-Konferenz
Gottesdienst während der SECAM-Konferenz in Kigali
Gottesdienst während der SECAM-Konferenz in Kigali   (Foto: missio)

(vatican news/missio/secam - pr)

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01. August 2025, 15:19