Syrien: ?Nein, es gibt keine Verfolgung der Christen“
Besonders der katholische Erzbischof von Homs, Jacques Mourad, kritisiert die neue Führung in Damaskus. Nach einem blutigen Attentat auf eine orthodoxe Kirche in Damaskus im Juli äußerte er, die neuen Verantwortlichen würden ihrer Pflicht, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, nicht gerecht.
Doch der Apostolische Vikar von Aleppo, Hanna Jallouf, widerspricht Mourad. Im Gespräch mit uns am Rand des Katholikentreffens im italienischen Rimini warnte der syrische Bischof vor Alarmismus.
?Leider erreichen euch oft falsche Nachrichten. Es gibt keine Verfolgung der Christen, im Gegenteil: Die neue Führung möchte, dass wir uns an der Regierung beteiligen, und hat sogar eine Christin aus unserer Gemeinschaft zur Kulturministerin ernannt. Und wie Sie vielleicht wissen, ist dieses Ministerium nach dem Verteidigungs- und dem Außenministerium das drittwichtigste Ministerium. Das bedeutet also, dass sich die Dinge zum Besseren hin entwickeln. In Syrien vollzieht sich ein allmählicher Fortschritt.“
?Die Dinge entwickeln sich langsam zum Besseren“
Das hört sich anders an als das, was man sonst aus dem langjährigen Bürgerkriegsland erfährt. Doch Bischof Jallouf insistiert, dass man die Verbesserungen auch im täglichen Leben und in der Wirtschaft Syriens feststellen könne.
?Ja, man spürt es schon! Die Dinge entwickeln sich langsam, nicht schnell; aber sie entwickeln sich zum Besseren. Man muss sich allerdings vor Augen halten, dass nicht alle im Land mit der neuen Richtung einverstanden sind, besonders die Anhänger des früheren Regimes und der Hisbollah, die Schiiten und die Anhänger des Iran. Es gibt also Gruppen, die keinen Frieden wollen, sondern einen sehr strengen islamischen Staat. Daher rühren die Schwierigkeiten. Doch ich glaube, dass die Regierung gute Absichten hat, weiterzumachen, und wir sehen diesen Fortschritt sowohl auf sozialer als auch auf wirtschaftlicher Ebene – wir sehen, dass sich bereits viele Dinge zum Besseren wenden.“
Bischof Jallouf appelliert in diesem Zug eindringlich an die jungen Christen in Syrien, der neuen Führung eine Chance zu geben und jetzt nicht das Land zu verlassen.
?Habt Vertrauen in eure Regierung, habt Vertrauen in euer Land, habt Vertrauen in eure Präsenz in Syrien“
?Zunächst einmal muss man glauben, um handeln zu können“, so der Kirchenmann. ?Glauben bedeutet auch, zu wissen, wie man etwas tut. Wir Christen sind zwar in der Minderheit, aber wir sind auch das Salz der Erde und das Licht der Welt. Und da Syrien zum Heiligen Land gehört, in dem das Christentum entstanden ist, müssen wir an diesem historischen Erbe mit unserer Präsenz festhalten.“
Aber kann man das auch einem jungen Familienvater sagen, der das Beste für seine Frau und Kinder will und im eigenen Land keine Perspektive für sich mehr sieht? Jallouf: ?Es ist nachvollziehbar, dass alle ein schönes Leben wollen und danach suchen. Aber der Herr hat nie gesagt ?Ihr werdet zur führenden Schicht gehören‘, sondern er hat gesagt ?Selig seid ihr, die ihr um meines Namens willen verfolgt werdet‘. Auch in der Verfolgung muss man also ein wenig Opfer bringen, um weiter präsent zu sein. Und jetzt haben wir diese Chance einer neuen Regierung – diese Chance sollten wir nutzen und sozusagen das Evangelium verkünden durch unser Verhalten und durch die Zusammenarbeit mit ihnen.“
Er sage den jungen Leuten in Syrien immer: ?Habt Vertrauen in eure Regierung, habt Vertrauen in euer Land, habt Vertrauen in eure christliche Präsenz in Syrien.“ Der Traum bleibe ein vereintes, ausgesöhntes Syrien, in dem die Christen ihren Platz haben. ?Ein vereintes demokratisches Land, ein zivilisiertes Land.“
(vatican news - sk)
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