Kambodscha: Bischof warnt vor Eskalation im Grenzkonflikt
Der Konflikt an der kambodschanisch-thailändischen Grenze ist alt, aber in diesen Wochen neu aufgeflammt. Im Zentrum steht der Tempel Prasat Preah Vihear, er gehört zum UNESCO-Welterbe und wird von beiden Ländern beansprucht. Bischof Schmitthaeusler sagte, seit am 28. Mai ein kambodschanischer Soldat im Grenzgebiet getötet wurde, hätten die Gefechte an der von Wald umgebenen Tempelanlage begonnen: „Wir sehen derzeit eine Gewalt, die selten ist und die Menschen wirklich in Verzweiflung bringt.“ Der Bischof berichtet von einem 24stündigen Gefecht an der Grenze und Truppenbewegungen, ein thailändisches Kampfflugzeug habe auf den Tempel geschossen, der ein symbolischer Ort für Kambodscha sei.
Laut Schmitthaeusler sind die beiden Nachbarländer eng miteinander verflochten. „Kambodscha und Thailand sind Geschwister. Heute arbeiten fast zwei Millionen kambodschanische Arbeitskräfte in Thailand, und die beiden Wirtschaftsgebiete sind eng miteinander verschränkt.“
Deshalb hätten die jüngsten Grenzschließungen und Unterbrechungen der Infrastruktur schwere negative Folgen. Stromlieferungen und Internetverbindungen aus Thailand nach Kambodscha wurden gekappt, auch der Handel mit Obst und Gemüse stockt. Viele kambodschanische Arbeitskräfte kehren aus Thailand zurück – oft ohne Wohnung oder Arbeit. Der Bischof beschreibt die Folgen so: „Die Wirtschaft hat sich seit Ende Mai spürbar verschlechtert, Touristen meiden die Region, und viele Grenzbewohner verlieren ihre Existenzgrundlage.“
Hinzu kommt eine Welle von Falschmeldungen in sozialen Netzwerken, die die Lage weiter anheizen. „Der Krieg findet auch in den sozialen Medien statt, wo jeder seine Meinung kundtut“, warnt Schmitthaeusler. „Da wird gesagt, Thailand habe zuerst geschossen, Kambodscha habe zuerst geschossen, Thailand leiste Widerstand, jede Information wird ständig interpretiert und neu interpretiert.“
Obwohl die Gefechte im Westen des Landes stattfinden, spürt ganz Kambodscha die Auswirkungen. Schmitthaeusler betont, dass alle mit Sorge auf die Entwicklungen schauen: „Das betrifft jeden Kambodschaner, ob Buddhist, Christ oder Muslim.“
Trotz der Eskalation sieht der Bischof Chancen auf eine diplomatische Lösung. In Thailand ist die politische Lage angespannt: Nach dem Sturz der Premierministerin Paetongtarn Shinawatra - übrigens wegen eines geleakten Telefonats mit dem früheren kambodschanischen Premier Hun Sen - ist ein Übergangsregierungschef im Amt, während das Militär starken Einfluss ausübt. Gerade vor diesem Hintergrund betont Schmitthaeusler: „Die Lösung kann nur diplomatisch sein. Krieg ist keine Lösung, weder für die Menschen noch für die Wirtschaft.“
An diesem Freitag soll der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu einer Dringlichkeitssitzung zusammentreten. Auch die ASEAN-Staatengemeinschaft bemüht sich um Vermittlung. Malaysia, derzeitige Vorsitznation, hat bereits Gespräche eingeleitet, um beide Seiten an den Verhandlungstisch zu bringen.
Der Bischof hofft auf schnelle Fortschritte in den kommenden Tagen. „Wir können nur wünschen, dass beide Regierungen so bald wie möglich zu ausgewogenen diplomatischen Beziehungen zurückkfinden, damit so schnell wie möglich wieder Frieden da ist. Das ist im Interesse aller. Krieg ist niemals und für niemanden gut. Aber in der derzeitigen Weltlage, mit einer fragilen Wirtschaft und einer destabiliserten Welt noch einen weiteren Krieg zwischen unseren zwei kleinen Ländern in Südostasien: Das wäre undenkbar.“
Das Interview mit Bischof Schmidthäusler führte Jean-Charles Putzolu.
(vatican news – gs)
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