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Requiem für die Todesopfer des Angriffs, am Donnerstag in einer Kirche in Gaza-Stadt Requiem für die Todesopfer des Angriffs, am Donnerstag in einer Kirche in Gaza-Stadt 

Gaza: Die Nacht nach dem Schock

Noch am Donnerstag sind in Gaza-Stadt die Todesopfer des israelischen Angriffs auf die katholische Kirche der Stadt beigesetzt worden. Drei Menschen haben bei der Attacke ihr Leben verloren, viele weitere wurden verletzt.

Marie Duhamel und Stefan v. Kempis – Vatikanstadt

„Die Beerdigung muss vor Einbruch der Nacht stattfinden, da es keine Kühlschränke gibt“, erklärt der jordanische Geistliche William Shomali; er ist als Weihbischof des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem zuständig für die römischen Katholiken in Palästina. Und damit auch für Gazas einzige katholische Pfarrei, „Heilige Familie“, in die am Donnerstagmorgen auf einmal Tod und Zerstörung eingezogen sind.

Gegen 10:20 Uhr wurde das Kirchengelände im Stadtteil Zeitoun in Gaza-Stadt von der israelischen Armee angegriffen. Bilanz: drei Tote und zehn Verletzte, davon einige schwerverletzt.

Die Kirche wurde beschädigt, aber das Schulgebäude nicht

„Die Verletzten wurden ins anglikanische Krankenhaus von Gaza gebracht, das sich im Norden, nicht weit von der Kirche entfernt, befindet. Dort haben sie allerdings nur rudimentäre Mittel – es reicht gerade für die Erste Hilfe, das ist alles. Auch Pater Gabriel wurde im anglikanischen Krankenhaus erstversorgt. Aber sie haben nicht die Mittel eines normalen Krankenhauses in Paris oder London.“ Pater Gabriel, das ist der aus Argentinien stammende Pfarrer von Gaza, Gabriel Romanelli; er wurde am Bein verwundet.

Weihbischof Shomali hat, von Jerusalem aus, nur bruchstückhafte Informationen aus Gaza; die Kommunikation mit dem Gazastreifen, in dem seit anderthalb Jahren der Krieg tobt, ist schwierig. Was er weiß, ist, dass bei dem Drama vom Donnerstag „nur“ die Kirche beschädigt wurde. Die etwa 500 Menschen, die derzeit auf dem „Compound“ Zuflucht gesucht haben und unter denen viele Kinder sind, sind also durch die israelische Militäraktion nicht obdachlos geworden. „Die Flüchtlinge befinden sich in der Schule; sie wohnen in den Klassenzimmern, und diese Klassenzimmer sind nicht betroffen. Diese Familien können also weiterhin im Komplex der Gemeinde leben. Die Kirche wurde getroffen, aber nicht die Schule, in der die Menschen wohnen.“

Radio Vatikan: Interview mit Weihbischof Shomali zum Angriff auf die Kirche von Gaza

Israelische Armee will Vorfall untersuchen

Die schockierten Menschen hatten also in der vergangenen Nacht wenigstens ein Dach über dem Kopf. Sie halten sich auf dem Gelände der Pfarrei auf „in der Hoffnung, dass die Schrecken des Krieges zumindest ihr Leben verschonen würden, da ihnen bereits ihre Häuser, ihr Besitz und ihre Würde genommen worden sind“, heißt es pointiert in einer Erklärung des Lateinischen Patriarchats.

Die Kanzlei des Patriarchats hat nach dem Angriff Kontakt zur israelischen Armee aufgenommen. „Sie sagen, sie seien sich bewusst, was passiert ist, und dass sie nun eine Untersuchung durchführen werden, um herauszufinden, wer, wie und wann den Befehl gegeben hat. Aber auf unsere Frage nach dem Motiv dieses Angriffs haben wir bisher keine Antwort erhalten.“

Bohrende Fragen nach dem Motiv des Angriffs

Weihbischof Shomali ist selbst Palästinenser – und stellt sich jetzt von Jerusalem aus bohrende Fragen. „Immer wieder hat die israelische Armee unseren Gläubigen befohlen, den Komplex der Kirche der ‚Heiligen Familie‘ zu verlassen. Der gleiche Befehl wurde den Flüchtlingen erteilt, die im Komplex der orthodoxen Kirche ‚Heiliger Porphyrius‘ leben. Der Befehl lautete, sich in Richtung Süden zu begeben, denn sie wollen den gesamten Norden der Enklave räumen.“

Diesen Aufforderungen durch das israelische Militär hätten die Christen von Gaza allerdings nicht Folge geleistet. Sie hatten, wie Shomali erläutert, Angst davor, in den Süden zu ziehen. „Dort gibt es weder Nahrung noch Wasser oder Medikamente. Sie würden dort unter Zehntausenden hungernden Menschen ohne Überlebensmöglichkeiten in der Anonymität verschwinden. Ich frage mich jetzt, ob es einen Zusammenhang zwischen der Nichtbefolgung des Befehls und dem Angriff geben könnte. Ist das ein Signal, dass man gehen sollte, weil sonst das Schlimmste passieren wird? Wir wissen es nicht, aber ein Zusammenhang ist möglich.“

Pfarrer Romanelli
Pfarrer Romanelli

Gemischte Gefühle im Patriarchat

Die israelische Regierung hat durch ihren Außenminister „tiefe Trauer“ zum Ausdruck gebracht und versichert, dass Israel „niemals Kirchen oder religiöse Stätten“ ins Visier nehme und „jeden Schaden an einer religiösen Stätte oder an unbeteiligten Zivilisten“ bedauere. Schon im Dezember 2023 hatte die katholische Gemeinde in Gaza-Stadt bei einer israelischen Militäraktion zwei Todesopfer zu beklagen; in der orthodoxen Gemeinde verloren im Oktober desselben Jahres sogar 17 Menschen bei einem Angriff das Leben.

Wir fragten Weihbischof Shomali in unserem Interview am Donnerstagabend nach der Stimmung im Lateinischen Patriarchat von Jerusalem. „Unsere Gefühle sind im Moment gemischt. Einerseits sind wir sehr traurig, weil unsere Gemeinschaft gerade diese Toten begräbt und die Verletzten versorgt; das macht uns traurig und besorgt. Andererseits erhalten wir viele Botschaften der Unterstützung und Solidarität von Politikern oder auch von Freunden innerhalb und außerhalb des Landes, und diese Botschaften trösten uns wirklich, denn wir leiden nicht allein, unser Leid wird geteilt. Und das gibt uns wirklich viel Kraft.“

  (AFP or licensors)

Ein Anruf aus Paris

Shomali freut sich darüber, dass Papst Leo schon kurz nach dem Angriff auf die Pfarrei von Gaza ein Beileidstelegramm geschickt hat. Auch die Aufmerksamkeit in internationalen Medien vermerkt er positiv. Und er berichtet von der Solidarität des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

„Präsident Macron hat zehn Minuten lang mit unserem Patriarchen telefoniert, und ich habe an dem Gespräch teilgenommen. Er hat große Solidarität gezeigt und hat versprochen, etwas zu tun, um den Leidenden in Gaza zu helfen, vor allem in Bezug auf Lebensmittel.“ Auch Patriarch Pierbattista Pizzaballa hat am Donnerstag bekräftigt, er werde die bedrängte Gemeinschaft in Gaza nicht im Stich lassen.

(vatican news)

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18. Juli 2025, 10:00