Großbritannien: Abtreibungsvotum beunruhigt Kirche „zutiefst”
Dabei handele es sich um die größte Änderung der Abtreibungsgesetze seit fast 60 Jahren, meldete die BBC nach der Abstimmung in London am Dienstagabend. Bisher drohten Frauen strafrechtliche Folgen, wenn sie ihr Kind nach der 24. Schwangerschaftswoche abtrieben. Die Labour-Abgeordnete Tonia Antoniazzi hatte den Änderungsantrag im Parlament eingebracht.
Ärzte, die bei einer Frau nach der gesetzlich vorgeschriebenen Frist, also nach der 24. Woche, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen, können weiterhin strafrechtlich belangt werden. Auch bleiben geltende Beratungsregeln und -fristen bestehen. Über einen zweiten Änderungsantrag, in dem gefordert worden war, alle Klauseln zum Thema Abtreibung aus dem Gesetz zu streichen und zugleich Schwangerschaftsabbrüche als Menschenrecht zu verankern, wurde nach Beschluss des ersten nicht mehr abgestimmt.
Der Änderungsantrag für den vor allem Abgeordnete der regierenden Labour-Partei und der Liberaldemokraten stimmten, ist Teil eines größeren Gesetzentwurfs der britischen Regierung zur Strafjustiz. Die neuen Regeln für Schwangerschaftsabbrüche treten nur in Kraft, wenn der Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit verabschiedet wird. Die Beratungen dazu gingen am Mittwoch weiter.
Massive Kritik aus Kirche und Pro-Life-Organisationen
Lebensschutzorganisationen und die katholische Bischofskonferenz von England und Wales reagierten mit massiver Kritik. Der neue Paragraf „hebt jegliche strafrechtliche Haftung für Frauen auf, die aus irgendeinem Grund zu irgendeinem Zeitpunkt, einschließlich bis zur Geburt und während der Geburt, eine Abtreibung vornehmen lassen“, erklärte „Lebensschutzbischof“ John Sherrington. Man sei „zutiefst beunruhigt“.
Die Entscheidung schränke den Schutz ungeborenen Lebens erheblich ein, so der Erzbischof von Liverpool, der auch vor schwerwiegenden Folgen für schwangere Frauen warnte. „Frauen werden noch anfälliger für Manipulationen, Zwangsabtreibungen und erzwungene Abtreibungen sein. Diese Gesetzesänderung wird auch von ärztlichen Konsultationen abhalten und die Verwendung von Abtreibungspillen für gefährliche Spätabtreibungen zu Hause wahrscheinlicher machen“, so der Bischof.
Auch die „Society for the Protection of Unborn Children“ kritisierte die Gesetzesänderung scharf. Damit würde eine Frau, selbst wenn sie kurz vor der Geburt ihr Kind abtreiben würde, keine Straftat mehr begehen, sagte Sprecherin Alithea Williams laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA). „Jetzt wird sogar der sehr begrenzte Schutz, den das Gesetz bietet, weggenommen.“
„Einstellung der Gesellschaft"
Unterstützt wurde der Antrag laut BBC von allen großen Abtreibungsanbietern und 50 Organisationen, etwa der Fachgesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe Royal College of Obstetricians and Gynaecologists (RCOG). Deren Präsidentin, Ranee Thakar, begrüßte die Entscheidung des Parlaments. Die Entscheidung spiegle die Einstellung der Gesellschaft wider, die mit großer Mehrheit das Recht der Frauen unterstütze, vertraulich und ohne Angst vor Verfolgung Zugang zu Abtreibungsverfolgung zu erhalten.
Grundsätzlich gilt eine Abtreibung in England und Wales weiter als illegal. Bislang blieb sie aber für Frauen bis zur 24. Woche straffrei, nach dem neuen Gesetz nun auch darüber hinaus. Eine ähnliche Regelung gilt auch in Österreich: Auch hier sind Schwangerschaftsabbrüche verboten, unter bestimmten Bedingungen jedoch innerhalb der ersten drei Monate straffrei, bei Gefahr für das Leben der Mutter auch darüber hinaus. In England und Wales kann eine Abtreibung auch zu Hause durch die Einnahme entsprechender Medikamente durchgeführt werden, jedoch nur bis zur 10. Schwangerschaftswoche.
(kap – pr)
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