Parolin zur Aufgabe der Nuntien: „Frieden säen mit der Diplomatie des Evangeliums“
Die Audienz der Nuntien bei Papst Leo XIV. ist für diesen Dienstag angesetzt, am Montag konnten die Nuntien auch am Jubiläum des Heiligen Stuhls teilnehmen.
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Eminenz, das Jubiläum des Heiligen Stuhls bietet eine Gelegenheit zur Begegnung und einen Raum zum Nachdenken darüber, wie die Kirche mit der Welt in Beziehung steht. Welche Bedeutung hat es für das Diplomatische Personal des Heiligen Stuhls und insbesondere für die Apostolischen Nuntien?
Kardinal Pietro Parolin: „Das Jubiläum des Heiligen Stuhls bietet auch den päpstlichen Vertretern die Gelegenheit, einen Moment der Einheit zu erleben. Das Leben jedes einzelnen von ihnen ist eine ständige ,Pilgerreise`, ohne die Möglichkeit, sich dauerhaft in einer Realität zu verwurzeln. Es ist ein Leben unterwegs, ja, aber kein einsames. Und so erinnert mich dieses Jubiläum an das Bild einer Familie, die zwar über die ganze Welt verstreut, aber dennoch vereint ist und sich in Rom versammelt, um sich um den Papst zu scharen. In diesem Zusammenkommen wird die Verbindung zwischen der besonderen und der universellen Dimension der Kirche deutlich: Der päpstliche Vertreter ist in erster Linie eine Brücke zwischen dem Stellvertreter Christi und den Gemeinschaften, zu denen er gesandt wurde, und gleichzeitig hält er die Verbindung der Ortskirchen zum Apostolischen Stuhl aufrecht. Als Garant für diese Einheit übernimmt das Staatssekretariat seine Koordinierungsrolle und unterstützt die Mission der päpstlichen Vertreter in Rom und in der Welt.“
Wie Sie gesagt haben, vertreten die Apostolischen Nuntien den Heiligen Vater bei den Ortskirchen und den zivilen Behörden. Was ist das Besondere an ihrem Dienst und wie verbinden sie die pastorale mit der diplomatischen Dimension?
Kardinal Pietro Parolin: „Die Apostolischen Nuntien sind sicherlich die Vertreter des Papstes bei den nationalen Regierungen und den supranationalen Institutionen. In dieser Hinsicht ist ihre Aufgabe rein diplomatischer Natur: Sie stehen im Dialog mit den zivilen Behörden, bemühen sich um die Überwindung von Spaltungen, fördern Frieden, Gerechtigkeit und Religionsfreiheit. Dabei verfolgen sie keine parteiischen Interessen, sondern sind beseelt von einer Sicht auf die Welt und die internationalen Beziehungen gemäß dem Evangelium.
Ihr Dienst kann naturgemäß nicht auf eine kalte institutionelle Funktion reduziert werden, sondern muss durch eine authentische pastorale Präsenz unterstützt werden. Der Apostolische Nuntius ist in erster Linie ein Mann der Kirche, er ist selbst Hirte und muss sich das Beispiel Christi, des Guten Hirten, zu eigen machen! Hirte zu sein bedeutet, den Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Gemeinschaften, denen man zu dienen berufen ist, nahe zu sein und dabei stets einen kirchlichen Blick zu haben, das heißt den Blick eines Priesters, der sich für andere verantwortlich fühlt. So wird der Apostolische Nuntius zu einer Brücke zwischen dem Nachfolger Petri und den Ortskirchen, zwischen der Kirche und den Staaten, zwischen den Wunden der Welt und der Hoffnung des Evangeliums.“
Welche Eigenschaften halten Sie für einen päpstlichen Vertreter für grundlegend, insbesondere in dieser komplexen historischen Zeit?
Kardinal Pietro Parolin: „Ich würde drei hervorheben. Zuallererst die Demut als Haltung des Herzens. Sie ermöglicht es, „klein zu werden” und fest im Vertrauen darauf zu bleiben, dass der Herr durch uns große Dinge vollbringen kann. Angesichts des in der Welt grassierenden Hasses und der Gewalt könnte man dazu neigen, einem gewissen Pessimismus zu verfallen. Angesichts komplexer und unerwarteter Aufgaben vertrauen wir gelassen auf die Gnade, die die Mission begleitet und unterstützt.
Neben der Demut ist es der eifrige Einsatz für das Evangelium. Der päpstliche Vertreter ist Träger der Diplomatie des Evangeliums und hat die Aufgabe, das Licht Christi bis in die entlegensten Winkel der Erde zu tragen.
Und schließlich muss er ein Mann der Versöhnung sein. Die Aufgabe der päpstlichen Diplomatie besteht darin, die Bemühungen des Heiligen Vaters um die Verwirklichung einer Welt zu unterstützen, die immer mehr von Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden geprägt ist. In der heutigen Welt ist es die Pflicht des päpstlichen Vertreters, sich für Vermittlung und Dialog einzusetzen, denn nur so kann das Geflecht der internationalen Zusammenarbeit geknüpft und auch der schwächste und versteckteste Wille der Parteien zur Befriedung aufgegriffen werden. Nehmen wir den Aufruf des Heiligen Vaters an, Friedensstifter zu werden, denn der andere – insbesondere in der Diplomatie – ist nicht in erster Linie ein Feind, sondern ein Mensch, mit dem man sprechen kann.“
Wie kann die diplomatische Ausbildung junger Priester in einer sich ständig verändernden Welt mit den aktuellen Herausforderungen Schritt halten?
Kardinal Pietro Parolin: „Die Päpstliche Akademie für Diplomaten bildet seit dreihundert Jahren junge Priester aus, die sich auf den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls vorbereiten. Die kürzlich eingeführte Reform der Akademie hat sich zum Ziel gesetzt, die Ausbildung zu aktualisieren und zu verstärken, damit sie den Komplexitäten der heutigen Welt immer besser gerecht wird. Das Ziel dieser neuen Phase der vatikanischen Diplomatie ist es, Diplomaten in die Welt zu entsenden, die fachlich kompetent und tief vom Geist des Evangeliums beseelt sind, sich bewusst sind, dass sie das Petrusamt als Werkzeuge der Gemeinschaft, als Friedensstifter und als Erbauer solidarischer und friedlicher Beziehungen zwischen den Völkern voranbringen.“
(vatican news)
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