Rom: Deutscher Kanoniker leitete Exerzitien des Circolo San Pietro
Mario Galgano - Vatikanstadt
„Jesus Christus möchte uns in der Liturgie begegnen“, so hat Michael Kahle seine erste Betrachtung zur Vorbereitung auf das Osterfest eröffnet. In den vom Circolo San Pietro organisierten Exerzitien hat der Theologe in drei Meditationen über die zentralen Riten der Karwoche gesprochen: die Fußwaschung am Gründonnerstag, die Kreuzverehrung am Karfreitag und das Osterlicht der Vigilfeier. Dabei rief er zur inneren Umkehr und zur persönlichen Begegnung mit dem Gekreuzigten und Auferstandenen auf.
Wer bin ich vor meinem Herrn?
Am Palmsonntag, so Kahle, beginne der Weg in das Heilige Triduum mit einer entscheidenden Frage: „Wer bin ich vor Jesus, der feierlich in Jerusalem einzieht?“ In Anlehnung an Papst Franziskus (Predigt vom 13. April 2024) lade diese Frage zur Selbsterkenntnis und zur Öffnung des Herzens ein. Die feierliche Prozession und der Jubel dürften nicht überdecken, dass es um eine tiefe spirituelle Erfahrung gehe. „Jesus Christus wird uns am Palmsonntag als Leidender und Triumphierender begegnen“, betonte Kahle.
Kreuzverehrung: Begegnung mit dem Schmerz Christi
In seiner zweiten Meditation lenkte Monsignore Kahle den Blick auf den Karfreitag. „Wir alle sind durch unsere Sünden zu Mitschuldigen an seinem Tod geworden“, sagte er. Die Verehrung des Kreuzes sei kein bloßes Ritual, sondern eine direkte Auseinandersetzung mit der Frage: „Was habe ich dir Böses getan?“ Besonders eindrücklich war sein Hinweis auf den Hymnus Crux fidelis, dessen Worte von der „Süße des Holzes“ sprechen – eine Ausdrucksweise, die heutigen Ohren fremd erscheinen mag, aber eine tiefe theologische Wahrheit berührt: Das Kreuz, Symbol des Leidens, wird zum Baum des Lebens.
Osternacht: Das Licht, das Hoffnung schenkt
Die dritte Betrachtung führte zur Nacht der Nächte, zur Ostervigil. Für Monsignore Kahle ist die Feier der Auferstehung kein bloßes Gedenken: „Es ist der einzigartige Augenblick, dem Sohn Gottes entgegenzugehen, der wiederkommen und jedem von uns persönlich begegnen wird.“ Der feierliche Ritus der Osterkerze symbolisiere genau das – das Licht Christi, das alle Dunkelheit vertreibt. Kahle zitierte Papst Franziskus: „In das Geheimnis eintreten bedeutet die Fähigkeit des Staunens, der Kontemplation.“ Der auferstandene Christus rufe jede und jeden mit Namen. Wer sich auf dieses Geheimnis einlässt, finde Hoffnung – selbst mitten im Leid.
Der Dienst an den Armen – gelebte Liturgie
Organisiert wurden die Exerzitien vom Circolo San Pietro, einer römischen Brüdergemeinschaft, die seit über 150 Jahren im Geiste der Nächstenliebe den Armen dient. Ihre Aufgabe, einst vom seligen Papst Pius IX. anvertraut, ist heute aktueller denn je. In Rom kennt man sie als Träger der „Suppe des Papstes“. Unter dem Leitwort „Gebet, Tat, Opfer“ verbindet der Circolo liturgische Tiefe mit tätiger Liebe – genau das, worauf auch Monsignore Kahle immer wieder verwies.
Die drei Betrachtungen Kahles haben den Teilnehmern der Exerzitien eine tiefere Sicht auf das österliche Geheimnis eröffnet. Es geht nicht um bloßes Gedenken, sondern um eine lebendige Beziehung zu Christus – dem Gekreuzigten, der uns liebt, und dem Auferstandenen, der uns begegnet. In einer Welt voller Unruhe sei Ostern die Einladung, neu auf das Licht zu schauen, das den Tod überwunden hat.
(pm)
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