Leo feiert Gebetswache mit einer Million Jugendlichen zum Heiligen Jahr
Birgit Pottler und Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Papst Leo ermunterte die jungen Menschen zu einer tiefen Freundschaft mit Christus: ?Die Freundschaft mit Christus, die am Anfang des Glaubens steht, ist nicht nur eine Hilfe unter vielen, um die Zukunft aufzubauen, sie ist unser Leitstern“, erklärte Leo bei der Vigil auf die Frage einer jungen Mexikanerin. Er warnte vor dem Abgleiten in die Untiefen sozialer Netzwerke, die echte Freundschaften zu Gleichaltrigen eher erschwerten. Mit einem Zitat seines Vorgängers Franziskus bat er die jungen Gläubigen, auf der Hut zu sein vor bestimmten Mechanismen der Kommunikation, die nur einlullen und abhängig machen:
?Dann werden unsere Beziehungen verworren, angstbesetzt oder instabil. Wenn das Instrument den Menschen beherrscht, dann wird der Mensch zum Instrument: ja, zu einem Instrument des Marktes und damit selbst zu einer Ware. Nur aufrichtige Beziehungen und stabile Bindungen lassen gute Lebensgeschichten gedeihen.“
Mut zu Entscheidungen – auf welcher Basis?
Um Mut zu Entscheidungen ging es in der zweiten Frage, vorgetragen von einer 19 Jahre alten Studentin aus Italien. ?Die Angst vor einer unbekannten Zukunft lähmt uns“, sagte sie. Auch hier lenkte Leo den Blick auf das Fundament: die Liebe Gottes: ?Der Mut zur Entscheidung kommt aus der Liebe, die Gott uns in Christus offenbart. Er ist es, der uns mit seinem ganzen Sein geliebt hat, indem er die Welt gerettet und uns so gezeigt hat, dass das Geschenk des Lebens der Weg ist, um uns selbst zu verwirklichen.“ Leo wiederholte Worte, die der heilige Johannes Paul II. beim Jubiläum vor genau 25 Jahren am selben Ort, Tor Vergata, den Jugendlichen gesagt hatte:
?Es ist Jesus, den ihr sucht, wenn ihr vom Glück träumt; Er ist es, der auf euch wartet, wenn euch nichts von dem zufriedenstellt, was ihr vorfindet; Er ist die Schönheit, die euch so anzieht; Er ist es, der euch provoziert mit jenem Durst nach Radikalität, der euch keine Anpassung an den Kompromiss erlaubt.“
Der Papst gedachte an dieser Stelle zweier junger Frauen, die zur Heilig-Jahr-Wallfahrt nach Rom gekommen und hier unerwartet gestorben waren, der 20jährigen Maria aus Spanien und der 18jährigen Pascale aus Ägypten. ?Beten wir zusammen für sie“, sagte Leo unter Applaus. Er bat auch um Gebet für einen jungen Heilig-Jahr-Pilger aus Spanien, der ins päpstliche Kinderkrankenhaus Bambino Gesù eingeliefert wurde.
Das Gute tun – aber wie?
Wie dem Ruf zum Guten folgen? Darum ging es in der dritten Frage, die ein junger US-Amerikaner stellte. ?Denkt über eure Lebensweise nach und sucht nach Gerechtigkeit, um eine menschlichere Welt aufzubauen“, antwortete der Papst. Besonders empfahl er, den Armen zu dienen, Christus im Allerheiligsten Sakrament anzubeten und nach dem Vorbild Jesu zu lernen, zu arbeiten und zu leben. Und er riet den jungen Männern und Frauen, sich nicht von der Kirche zu entfernen. ?Papst Benedikt XVI. sagte gern, dass diejenigen, die glauben, niemals allein sind. Mit anderen Worten: Wir begegnen Christus in der Kirche, das heißt in der Gemeinschaft derer, die ihn aufrichtig suchen.“
Leo stellte den jungen Gläubigen ein eigenes Gebet vor. ?Als Antwort auf eure Fragen möchte ich jeden von euch, liebe junge Menschen, einladen, zum Herrn zu sagen: ,Danke, Jesus, dass du mich gerufen hast. Mein Wunsch ist es, einer deiner Freunde zu bleiben, damit ich, indem ich dich ganz in meinem Leben annehme, auch ein Wegbegleiter für alle sein kann, denen ich begegne. Gib, o Herr, dass diejenigen, die mir begegnen, dir begegnen, auch durch meine Grenzen und Schwächen hindurch.´“
Ein großes, zentrales Kruzifix schmückte die Rückwand der Bühne, auf der der Papst saß, und hinter der Bühne ragte ein noch größeres Kreuz in den römischen Abendhimmel. Leo kam im Hubschrauber nach Tor Vergata, eine gute halbe Stunde fuhr er im Papamobil über das einen halben Quadratkilometer große Gelände und begrüßte die Anwesenden.
Die jungen Gläubigen aus 146 Ländern waren teils schon Stunden vorher aus verschiedenen Himmelsrichtungen an den Stadtrand von Rom gepilgert. Im Vorprogramm traten mehrere Musikgruppen auf, es wurde gebetet und getanzt, junge Männer und Frauen aus verschiedenen Ländern teilten ihre Glaubens- und Lebensgeschichten. Schon die ganze Woche über strömten junge Pilger zu der ihnen gewidmeten Heilig-Jahr-Feier nach Rom. Den Abschluss des Jubiläums der Jugendlichen bildet die Heilige Messe mit Papst Leo XIV. am Sonntag am selben Ort.
Eucharistische Anbetung
Auf die Frage-Antwort-Stunde mit dem Papst folgte eine stille eucharistische Anbetung, und am Ende der Vigil spendete der Papst den jungen Menschen den eucharistischen Segen – mit einer Monstranz aus Turin, vor der bereits der Heilige Don Bosco und der Selige Pier Giorgio Frassati gebetet haben. Beide stammen aus Turin. Frassatis Heiligsprechung war ursprünglich während dieser Heilig-Jahr-Feiern mit Papst Franziskus geplant. Papst Leo wird ihn nun gemeinsam mit Carlo Acutis Anfang September heilig sprechen.
Mit dem Hubschrauber ging es für Leo XVI. nach der eucharistischen Anbetung zurück in den Vatikan. Anders die Jugendlichen: Die meisten wollten nach der Vigil auf dem Gelände in Zelten und Schlafsäcken übernachten - und so zwischen der Abendandacht und der Eucharistiefeier am Sonntag ein drittes jener Gemeinschaftserlebnisse einfügen, die für katholische Jugendevents mit den Päpsten im Lauf der Jahre typisch geworden sind.
Das Gelände war bereits im Heiligen Jahr 2000 Schauplatz eines großen Jugendtreffens. Damals feierte Papst Johannes Paul II. mit zwei Millionen jungen Gläubigen auf dem offenen Feld den Weltjugendtag. In den Jahren danach entstanden in der Gegend südöstlich außerhalb der ringförmigen Stadtautobahn eine Universität und ein Sportgelände, das nach rund 20 Jahren komplexer Baugeschichte erst in diesem Juli fertiggestellt wurde. Weithin sichtbar: ein segelförmiger Bau aus Stahlgitter und Glas des spanischen Architekten Santiago Calavatra namens ?La Vela“ - das Segel.
(vatican news – gs)
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