Buchtipp: Europa zur Zeit Albrecht Dürers
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Und tatsächlich taugt das Malergenie aus Nürnberg, wie dieses Buch beweist, in vielerlei Hinsicht als Cicerone durch seine Ära zwischen Spätmittelalter und Neuzeit: Dürer war ein wacher Beobachter und Protagonist seiner Zeit, der auch zahlreiche Aufzeichnungen, darunter Gedichte, hinterlassen hat. Schmitz-Esser, ein wacher Kulturhistoriker aus Heidelberg, der zuvor u.a. in Venedig und Graz gearbeitet hat, hat mit Dürer einen Schlüssel gefunden, um uns ganz neue Zugänge ins frühe 16. Jahrhundert aufzuschließen.
Dürer als Schlüssel für eine ganze Epoche
Die Methode ist eher angelsächsisch, sie erinnert an Neil MacGregors „Geschichte der Welt in 100 Objekten“. Schmitz-Esser greift sich aus Dürers gesamtem Schaffen fünfzig ganz unterschiedliche Werke heraus, vom meisterhaften Kupferstich über Kritzeleien am Rand eines Briefes bis hin zu einem Aquarell („Traumgesicht“), das fast schon den Surrealismus vorwegnimmt. Diese fünfzig Werke nimmt der Autor nun genau unter die Lupe und zeichnet von ihnen ausgehend ein genaues Bild der Epoche. Was man damals gegessen, wie man geliebt und geträumt hat, wie man sich kleidete oder wusch, wie man feierte und reiste. Verblüffend, wie die Details in Dürers Zeichnungen, Gemälden oder Stichen auf einmal zu reden anfangen!
Man muss es Schmitz-Esser hoch anrechnen, dass er sich bei aller Gelehrsamkeit darum bemüht hat, auch Leser ohne viel Vorwissen anzusprechen. Eine atemberaubende, so originelle wie geglückte Einführung in eine „Welt in Bewegung“, die in vielem der unseren ähnelt.
Romedio Schmitz-Esser: Um 1500 – Europa zur Zeit Albrecht Dürers. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, ca. 44 Euro.
(vatican news)
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