Buchtipp: Geheimnisse des Orients
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Diese jahrtausendealte Geschichte erzählt der Orientalist Daniel Gerlach in seinem Buch ?Die Geheimnisse des Orients“ auf ebenso kundige wie packende Weise. Für ihn ist das eine ?Entdeckungsreise zu den Wurzeln unserer Kultur“, und er übernimmt den Part des Reiseführers. Schon der erste Schauplatz ist atemberaubend: ein Flecken in der tunesischen Wüste, in dem noch Ruinen von ?Star Wars“-Dreharbeiten aus den siebziger Jahren herumstehen. Wir erfahren, dass hier für die Römer die Provinz ?Africa“ endete – aber auch, dass der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz hier aufgewachsen ist. Nachdem er diese beiden Pflöcke eingeschlagen hat, knüpft Gerlach einen Teppich aus christlicher Gnosis und islamischer Mystik, die sich mit diesem Ort verbinden lässt.
Schon im darauffolgenden Kapitel führt er uns auf die ägyptische Insel Philae und in das dortige Isis-Heiligtum, das, wie die Geschichtsschreibung lange behauptete, vom Christentum völlig zerstört und in eine Kirche umgewandelt wurde. Was aber, wie Gerlach überraschend darlegt, gar nicht stimmt – stattdessen sei Philae einige Jahrzehnte lang parallel eine Isis- und eine christliche Kultstätte gewesen; die Götterbilder seien ?gar nicht so systematisch verschandelt worden, wie man es erwarten könnte“.
Isis und Jesus im selben Tempel
Wir lernen in diesem Buch nicht nur die touristisch gut erschlossenen Orte wie Petra oder Ephesus kennen, sondern auch unbekannte oder versteckte, etwa das syrische Sumatar, wo der Autor der Spur einer mysteriösen Religionsgemeinschaft, der Sabier, folgt. Besonders interessant ist Gerlachs bei einer Führung durch das antike Antiochien ausgefaltete These, dass das Christentum eigentlich im Plural entstanden ist, als ein Bündel verschiedener Christentümer – das jüdisch-hellenistische, das mesopotamische, das ägyptische.
Ein atemberaubendes Buch, das man gar nicht mehr aus der Hand legen kann und das einem die Augen öffnet darüber, wer wir sind und woher wir kommen.
Daniel Gerlach: Die letzten Geheimnisse des Orients. Bertelsmann Verlag, ca. 24 Euro.
(vatican news)
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