Erzbischof Gänswein würdigt ersten Seligen Estlands
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Diesen Samstag, den 6. September, wird in dem Land mit der kleinsten katholischen Ortskirche Europas der als Märtyrer in sowjetischer Gefangenschaft gestorbenene deutsche Jesuit Eduard Profittlich seliggesprochen. Papst Leo XIV. hatte das lang erwartete Datum am 20. Juni 2025 bestätigt.
Im Gespräch mit Radio Vatikan betont Erzbischof Gänswein, dass diese Seligsprechung eines katholischen Märtyrers in einem Land mit einer kleinen katholischen Minderheit wie Estland schon in der Vorbereitung zur Stärkung des interreligiösen Dialogs und der Ökumene beigetragen habe.
Der erste Selige Estlands: Ein Beispiel christlicher Nächstenliebe, christlichen Mutes und christlicher Verkündigung
„Nicht nur katholische, sondern auch evangelische Christen sind bereit, sich in diesen Dialog einzubringen und tatsächlich in dem Lebenszeugnis von Erzbischof Eduard Profittlich, dem neuen Seligen, ein Beispiel christlicher Nächstenliebe, christlichen Mutes, aber auch christlicher Verkündigung zu erkennen,“ so Gänswein.
Profittlich: Lebensopfer sehenden Auges und bereiten Herzens angenommen
Auch ihn persönlich habe das Lebenszeugnis Profittlichs beeindruckt: „Als ich begann, mich mit der Person von Eduard Profittlich zu beschäftigen, ist mir schnell aufgefallen, wie glaubensstark, wie mutig und auf der anderen Seite menschlich aufgeschlossen und froh dieser Mann auf seine Mitmenschen gewirkt hat,“ stellt der Erzbischof fest. „Wir dürfen nicht vergessen damals gab es kaum einen Katholiken in Tallinn, und auch nicht überall in Estland. Beeindruckend war dann sein Lebenszeugnis. Er wusste genau, dass er von den Sowjets in ein Gulag gesteckt würde und von dort nicht mehr rauskäme. Er hat das sehenden Auges und bereiten Herzens als Lebensopfer angenommen, für seine Katholiken, für seine Gemeinde, für seine Diözese in Estland. Das ist beeindruckend.“
Der langjährige Wegbegleiter von Papst Benedikt XVI. wirkt seit rund einem Jahr selbst als Botschafter in den baltischen Staaten – einer Realität, die so manche Herausforderung mit sich bringt.
„Ich bin dabei, mich einzuleben. Es sind drei unterschiedliche Staaten. Und jedem Staat gerecht zu werden, braucht seine Zeit, braucht Geduld und braucht Gebet,“ zieht er Bilanz. „Es ist eine frische Welt. Es ist eine ökonomisch und politisch sehr lebendige Welt. Und es ist kirchlich eine Welt, die sich auch mit der Säkularisierung auseinanderzusetzen hat, wie wir sie in Mitteleuropa kennen. Und ich bin dabei, diese Herausforderung mit ganzem Herzen anzunehmen und ihr gerecht zu werden.“
Eine dieser Herausforderungen ist zweifellos die Nähe zur Ukraine. …
„In der Tat, ich bin sehr nahe an der Ukraine. Das sehe ich jeden Tag, wenn ich durch die Stadt gehe. Rein optisch durch die vielen ukrainischen Flaggen, die überall da sind. Sie zeigen Solidarität, und sie zeigen Unterstützung,“ stellt Gänswein fest. „Natürlich ist die atmosphärische Situation dadurch auch geprägt, und eine gewisse Sorge, eine gewisse Angst ist da unausgesprochen, aber vorhanden. Was der Vatikan an diplomatischen Bemühungen bereits unternommen hat, kann man, was außen sichtbar ist und nach außen dringen soll, Tag für Tag sehen. Aber ich kann auch sagen, dass es mehr Bemühungen sind, als die nur von außen her gesehen werden. Das große Ziel des Vatikans, das große Ziel der vatikanischen Diplomatie und von Papst Leo ist, beizutragen, dass die Ukraine befriedet wird, dass in der Ukraine der Frieden hergestellt wird.“
Papst Leo: Ein Garant, dass die Hoffnung größer ist als die Not
Apropos Papst Leo: Dieser sei, wie Gänswein feststellt, in den baltischen Staaten von Anfang an begeistert begrüßt worden.
„Was ich sehe, was ich wahrnehme, was ich höre, ist, dass Papst Leo nicht nur in den ersten Tagen mit großer Freude willkommen geheißen wurde, sondern dass diese Freude, die auch eine Frucht der Ausstrahlung dieses Mannes ist, anhält. Und dass in dieser Freude so etwas ist wie ein Gegengift gegen die Sorgen des Alltags, vor allem im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine. Papst Leo ist ein Garant, dass die Hoffnung größer ist als die Not. Das teilen Menschen, ob sie katholisch oder nicht katholisch sind.“
(vaticannews – skr)
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