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Das Oberhaupt der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche, Gro?erzbischof Swjatoslaw Schewtschuk (Archivbild, 2024) Das Oberhaupt der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche, Gro?erzbischof Swjatoslaw Schewtschuk (Archivbild, 2024) 

Schewtschuk: ?Hoffnung, dass Krieg in der Ukraine endet"

Das Oberhaupt der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche, Gro?erzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, berichtet zum Unabh?ngigkeitstag der Ukraine diesen Sonntag im Interview mit den vatikanischen Medien von Leid und Hoffnung des ukrainischen Volkes.

Svitlana Dukhovych – Vatikanstadt

Diesen Sonntag jährt sich zum 34. Mal der Tag der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine von der damaligen Sowjetunion: Am 24. August 1991 wurde dies durch einen Beschluss des ukrainischen Parlaments verkündet und am 1. Dezember desselben Jahres durch ein Referendum mit mehr als 90 Prozent Ja-Stimmen bestätigt. Es war ein Wendepunkt, der auch die Rolle der griechisch-katholischen Kirche im Land veränderte, die bis 1989 im Untergrund tätig gewesen war. Dies bestätigt der Erzbischof von Kyiv-Haly?, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk im Interview mit den vatikanischen Medien.

Wie hat sich die Rolle der griechisch-katholischen Kirche mit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991 verändert?

Schewtschuk: Nicht nur in Zeiten der Illegalität während der Sowjetunion, sondern auch zuvor, als es noch keinen richtigen Staat gab, war die Kirche für das ukrainische Volk die einzige soziale Struktur, die es repräsentierte. So war es während der polnisch-litauischen Konföderation, dann während des österreichischen Kaiserreichs, des russischen Reichs und schließlich während der Zweiten Polnischen Republik. Oft war die Kirche die einzige Stimme, die das ukrainische Volk verteidigte: Sie wurde aufgefordert, eine Rolle zu übernehmen, die normalerweise dem Staat zukommt, wenn es um die Rechte der Bürger geht.

?Die griechisch-katholische Kirche hat immer den Wunsch des Volkes unterstützt, einen eigenen Staat zu gründen“

Die griechisch-katholische Kirche hat immer den Wunsch des Volkes unterstützt, einen eigenen Staat zu gründen, auch und vor allem, um die zivilen Aufgaben, die sie immer übernommen hatte, einer echten Regierung zu übertragen. Die Kirche spielte eine sehr wichtige Rolle in der Geschichte, insbesondere zu Beginn des Zerfalls der Sowjetunion und in den Anfängen des unabhängigen ukrainischen Staates. Die Kirche verkörperte weiterhin die Grundlagen der Soziallehre der Kirche, wonach es auch in der neuen Realität eines unabhängigen Staates von grundlegender Bedeutung blieb, die Würde jedes Menschen zu verteidigen, das Verantwortungsbewusstsein, das Gemeinwohl und die eigene Identität zu fördern. In den 1990er Jahren spielte die ukrainische Kirche eine grundlegende Rolle bei der Transformation der postsowjetischen Gesellschaft, d. h. von einer postkolonialen zu einer demokratischen Gesellschaft. Sie hat wirklich die Rolle der Mater et magistra, der Mutter und Erzieherin ihres Volks, übernommen.

Am 24. August 2025, wenn in der Ukraine der Unabhängigkeitstag gefeiert wird, sind dreieinhalb Jahre seit Beginn der russischen Invasion vergangen. In dieser dramatischen Zeit stand die Kirche in der Ukraine dem Volk stets zur Seite und leistete humanitäre Hilfe und auch geistlichen Beistand. Was hat die Kirche Ihrer Meinung nach aus dieser Erfahrung gelernt?

Schewtschuk: Wir haben viele Lektionen gelernt, aber vielleicht brauchen wir noch etwas Zeit, um die Ereignisse zu verstehen, die seit Beginn des Krieges jeden ukrainischen Bürger erschüttert haben. Man kann jedoch von einigen sehr wichtigen Phänomenen sprechen. Zunächst einmal haben wir die Entstehung einer neuen zivilen und politischen Gesellschaft miterlebt. Mein Vorgänger Lubomyr Husar sagte, dass die Spaltungen in der Ukraine nicht auf sprachliche, ethnische oder konfessionelle Zugehörigkeit zurückzuführen sind, sondern dass die Spaltungen zwischen denen bestehen, die die Ukraine lieben, und denen, die sie hassen. Das ist seit Beginn dieses Krieges offensichtlich geworden. Deshalb hat diese Invasion die Identität unseres Volkes gezeigt. Es gibt noch ein weiteres sehr interessantes Phänomen: Diese neue Identität ist inklusiv. Das heißt, heute fühlen sich nicht nur diejenigen als Ukrainer, die der ukrainischen Nation in Bezug auf Ethnie, Kultur und Sprache angehören, sondern auch alle, die die unabhängige Ukraine verteidigen: Juden, Muslime verschiedener Nationalitäten, Ukrainer, Russen, Polen, Ungarn, Griechen – jeder, der heute in der Ukraine lebt, verteidigt sein Heimatland und bildet auf inklusive Weise eine ukrainische Identität. Niemals wurde und wird jemals gesagt werden: Die Ukraine für die Ukrainer. Niemand braucht jemanden, der die Rechte ethnischer oder religiöser Minderheiten in der Ukraine verteidigt. Diese inklusive Identität wirkt sich auch auf die Arbeit und das Funktionieren der christlichen Kirchen in der Ukraine aus. Zum Beispiel im Falle der humanitären Hilfe oder des sozialen Dienstes der Kirche, die wir zum Wohl aller leisten. 

?Dieser Krieg ist eine gemeinsame Erfahrung, denn die russischen Raketen machen keinen Unterschied zwischen Orthodoxen und Katholiken, zwischen Christen, Muslimen oder Juden“

In einer griechisch-katholischen Gemeinde fragt man niemals, wenn jemand um Hilfe bittet: ?Zu welcher Kirche gehörst du? Welche Nationalität hast du?“ Diese Solidarität, die seit jeher auf der christlichen Identität basiert, ist heute ein Phänomen, das alle umfasst und wahrhaftig das Geheimnis der ukrainischen Widerstandsfähigkeit und unserer Fähigkeit ist, diesen sehr starken Angriffen von außen standzuhalten. In der Geschichte kommt es immer wieder vor, dass sich ein Volk durch eine gemeinsame Erfahrung stärker verbunden fühlt. Dieser Krieg ist eine gemeinsame Erfahrung, denn die russischen Raketen machen keinen Unterschied zwischen Orthodoxen und Katholiken, zwischen Christen, Muslimen oder Juden. Wir alle sind gleichermaßen vom Krieg betroffen. Und wir alle brauchen Heilung für diese Wunden. Diese gemeinsame Erfahrung – auch wenn sie tragisch ist – hat der ukrainischen Nation die Möglichkeit gegeben, in Einheit zu wachsen. Der Unabhängigkeitstag wird heute in der Ukraine als Tag der nationalen Einheit empfunden, der zur Entstehung eines gemeinsamen sozialen Projekts für die Entwicklung der Ukraine nach dem Krieg führt, für eine Ukraine, die sicherlich stärker sein wird, mit einer klareren Identität, die durch diese Tragödie bekräftigt wird: einer wahrhaft europäischen Identität.

Wie denken Sie über die jüngsten internationalen Bemühungen, den Krieg in der Ukraine zu beenden?

Schewtschuk: Ich weiß, dass ich die Meinung des Volkes wiedergebe: Es besteht große Hoffnung, dass diese internationalen Bemühungen, auch auf höchster Ebene der Weltpolitik, diesen blinden und absurden Krieg endlich beenden können. Wenn man sagt, dass der Krieg ?sinnlos” ist, dann ist das genau richtig. Für das ukrainische Volk ist die Verteidigung heute wirklich eine Frage von Leben und Tod. Aber wenn zur rein militärischen Verteidigung noch andere Bemühungen hinzukommen, wie diplomatische, aber auch wirtschaftliche, wird man immer widerstandsfähiger und kann sich besser verteidigen. Außerdem haben die einfachen Menschen den Eindruck, dass wir in den letzten Jahren, vor allem seit Beginn des Krieges, noch nie einen so starken internationalen Druck auf Russland gesehen haben, damit es aufhört, Ukrainer zu töten.

?Es besteht große Hoffnung, dass diese internationalen Bemühungen, auch auf höchster Ebene der Weltpolitik, diesen blinden und absurden Krieg endlich beenden können“

In der vorigen Woche haben wir gesehen, wie sich alle Staats- und Regierungschefs der europäischen Länder unserem Präsidenten angeschlossen und sich in Washington versammelt haben, um die Sicherheitsgarantien für den ukrainischen Staat zu unterstützen. Das macht uns klar, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs die Ukraine in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht als Teil des Kontinents betrachten. Die Ukraine würde dann in Zukunft die Sicherheit der Grenzen der europäischen Länder gewährleisten. Die Ukraine ist bereits Teil des europäischen Phänomens, und jetzt entscheidet sich in der Ukraine die Zukunft des vereinten Europas.

Die katholische Kirche begeht 2025 ein heiliges Jahr, der Hoffnung gewidmet ist. Wir wissen, dass es sich dabei nicht um bloßen Optimismus handelt. Was ist die Grundlage der Hoffnung, die die Kirche der ukrainischen Gesellschaft in dieser dramatischen Phase ihrer Geschichte bieten soll?

Schewtschuk: Zu all diesen menschlichen Bemühungen, einschließlich derjenigen auf hoher internationaler Ebene, fügen wir Christen immer das hinzu, was Teil unserer christlichen Identität ist: Gebet und Glaube an Gott. Wir vertrauen nicht nur auf menschliche Fähigkeiten und Kräfte, sondern wir erleben, dass der Herr, die göttliche Kraft, sich heute in diesem verwundeten Volk offenbart, was auch die Grundlage und der Gegenstand der christlichen Hoffnung ist. Wir hoffen auf Gott, und wer auf Gott hofft, wird niemals enttäuscht werden. Diese christliche Hoffnung ist viel sicherer als menschliche Verträge oder Vereinbarungen. Deshalb betet die Ukraine.

?Wir hoffen auf Gott, und wer auf Gott hofft, wird niemals enttäuscht werden. Diese christliche Hoffnung ist viel sicherer als menschliche Verträge oder Vereinbarungen. Deshalb betet die Ukraine“

Der Glaube an Gott lässt uns unsere menschlichen Fähigkeiten erneuern, vor allem die Fähigkeit, Gutes zu tun. Ich möchte noch einmal an die Worte meines Vorgängers Lubomyr Husar erinnern, der sagte, dass wir sehr stark sind, wenn wir Gutes tun. Wer heute seine Fähigkeit, stark zu sein, erfahren möchte, kann dies erreichen, indem er denen Gutes tut, die es brauchen, seinem Volk, seinem Staat. Gutes zu tun bedeutet auch, die Müdigkeit zu überwinden, es bedeutet, die menschlichen und christlichen Kräfte wiederzufinden, die wir in uns tragen. Deshalb fügt das ukrainische Volk diesen rein menschlichen Anstrengungen die christliche Hoffnung hinzu, die nicht enttäuscht.

Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

Schewtschuk: Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um zunächst einmal den europäischen Völkern zu danken, die immer mehr verstehen, dass alles, was heute in der Ukraine geschieht, auch ihre Gesellschaften, ihre Kirchen und ihre Pläne für ein sicheres Europa, ein Europa des Friedens, ein Europa der Kultur und der Entwicklung für die Zukunft betrifft. Ich möchte auch den Christen in Europa und auf der ganzen Welt danken, denn wir spüren die große Solidarität der Ortskirchen weltweit.

?Wir sind allen für ihre Gebete dankbar, denn wir wissen, dass das Gebet wirklich eine unglaubliche Kraft ist, die uns am Leben hält und uns hilft, unter diesen dramatischen Bedingungen zu leben“

Kürzlich haben wir einen Brief von der brasilianischen Bischofskonferenz und auch von nicht-katholischen Kirchen, insbesondere orthodoxen und protestantischen Kirchen, erhalten. Deshalb danke ich allen Christen auf der Welt, allen Männern und Frauen guten Willens, die uns ihre Wertschätzung und ihre Solidarität auch auf sehr konkrete und greifbare Weise zeigen, indem sie sich an verschiedenen humanitären Projekten zur Unterstützung der Ukraine beteiligen, auch für den zukünftigen Wiederaufbau unseres Landes. Wir sind allen für ihre Gebete dankbar, denn wir wissen, dass das Gebet wirklich eine unglaubliche Kraft ist, die uns am Leben hält und uns hilft, unter diesen dramatischen Bedingungen zu leben.

(vatican news - sst)

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24. August 2025, 15:10