Angola: Nach der Gewalt
Vier NGOs, darunter eine kirchliche, machen den Sicherheitskräften schwere Vorwürfe. Beim gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten sei es zu summarischen Hinrichtungen gekommen. Mindestens 22 Menschen kamen bei den Protesten ums Leben; Dutzende von Lagerhäusern und Geschäften in der Hauptstadt Luanda wurden geplündert.
Protest gegen steigende Preise
Ausgangspunkt der Unruhe war ein dreitägiger Streik der Taxifahrer gegen die Erhöhung der Benzinpreise. ?Diese Paralyse von Taxis und öffentlichen Verkehrsmitteln haben junge Leute genutzt, um zu randalieren, zu stehlen, Dinge anzuzünden: Supermärkte, Tankstellen, Krankenhäuser.“
Das sagt der Jesuitenpater Celestino Epalanga im Interview mit uns. Er ist Generalsekretär der bischöflichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden sowie Bischofsvikar für die Seelsorge im Bistum Luanda. ?Nach Angaben der Polizei sind 22 Menschen ums Leben gekommen und mehr als tausend weitere verletzt worden; ungefähr 140 Verletzte wurden in Krankenhäuser eingeliefert.“
Die Ruhe ist fragil
Mittlerweile sei wieder eine fragile Ruhe eingekehrt: ?Wir haben unsere Arbeit und unser normales Leben wieder aufgenommen. Aber tatsächlich befinden wir uns seit 2014, also schon seit zehn Jahren, in einer sozioökonomischen und finanziellen Krise. Über die Hälfte der Bevölkerung lebt in extremer Armut; und die Regierung hat nach der Pandemie beschlossen, die Kraftstoffpreise zu erhöhen. Hinzu kommt der Anstieg der Preise für Lebensmittel, Waren und Dienstleistungen.“
Zwar verfügt Angola über viele natürliche Ressourcen, darunter vor allem Erdöl im Norden und vor der Küste. Das Öl ist das wichtigste Exportprodukt des Landes, und Angola profitiert dabei von der Tatsache, dass der Ukrainekrieg den Erdölpreis in die Höhe getrieben hat. Doch dem gegenüber stehen drückende Auslandsschulden: Vor allem gegenüber China steht Angola in der Kreide.
Drückende Auslandsschulden
?Man kann zwar sagen, dass Angola reich ist, aber die Menschen sind wirklich arm; und es stimmt, dass wir Öl haben, und es gibt noch andere Reichtümer. Aber die Korruption ist wie ein Krebsgeschwür, sie zerfrisst die Oberschicht der Gesellschaft. Deshalb demonstrieren die Menschen! Nicht weil sie gerne auf die Straße gehen. Normalerweise haben wir in Angola nicht diese Kultur, Dinge zu zerstören, sondern demonstrieren friedlich. Die meisten Demonstranten kommen aus armen Vierteln, und vor allem junge Leute haben zur Gewalt gegriffen.“
Der Jesuit ist tief erschrocken über das vergiftete Klima im Land, über die Gewalt und über die von NGOs angeprangerten Tötungen. ?Wir haben das verurteilt; die Kirche fordert vor allem, dass die Regierung ihre Haltung zu den Preiserhöhungen überdenkt, die für eine Mehrheit der Bevölkerung nicht akzeptabel sind.“
Bange Erinnerungen an Bürgerkrieg
Angola feiert gerade fünfzig Jahre Unabhängigkeit – und hat fast dreißig Jahre Bürgerkrieg hinter sich. Dabei kam bis zum Jahr 2002 ungefähr eine halbe Million Menschen ums Leben; 2,5 Millionen Menschen wurden vertrieben.
?Die Kirche hat immer nach Frieden gestrebt, und natürlich erwartet die Bevölkerung von der Kirche, dass sie mit der Regierung spricht und sie dazu bringt, diese Maßnahmen zu überdenken und vor allem die hohen Lebenshaltungskosten zu senken. Damit die Menschen leben können! Derzeit ist es die Kirche, die Brücken zwischen der Regierung und der Bevölkerung schlägt.“
Das Interview mit Pater Epalange führte Augustine Asta vom französischen Service von Radio Vatikan.
(vatican news – sk)
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