Pizzaballa: Alles tun, um diesen sinnlosen Krieg zu beenden
Antonella Palermo und Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Zum Abschluss seines Besuchs hat der ranghöchste katholische Geistliche im Heiligen Land am vergangenen Sonntag inmitten anhaltender Bombardements in der Pfarrei der Heiligen Familie eine Messe gefeiert. ?Ihr seid nicht vergessen. Ihr seid in den Herzen aller Kirchen und aller Christen auf der Welt“, versicherte der Kardinal den Gläubigen, während der Lärm der Raketen die Übersetzung aus dem Englischen ins Arabische übertönte. ?Wenn ich nach Jerusalem zurückkehre, werden wir alles tun, um diesen sinnlosen Krieg zu beenden. Wir werden daran arbeiten, und am Ende werden wir es schaffen.“
Im Vergleich zu seinen früheren Besuchen seien ihm vor allem die riesigen Zeltlager in Erinnerung geblieben, die es vorher nicht gegeben habe, ließ der Patriarch seinen Besuch im Gazastreifen Revue passieren.
?Als ich früher dort war, waren alle im Süden - der Netzarim-Korridor war gesperrt. Jetzt sind sie zurückgekommen, und es gibt mehr als eine Million Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben. Vor allem entlang der Küste gibt es riesige Zeltlager, in denen die Menschen unter extrem prekären Bedingungen leben – und das nicht nur, was die Hygiene betrifft. Und dann sind da noch die verstörenden Bilder aus den Krankenhäusern: Kinder, die durch die Bombardierungen verstümmelt wurden, ihr Augenlicht verloren haben.“
Die große Not der Bevölkerung
Obwohl die Menschen, die in der Pfarrei Zuflucht gefunden haben, im Vergleich zur übrigen Bevölkerung noch ?gut geschützt“ seien, litten auch sie Mangel und Not, gab Pizzaballa zu bedenken. Es fehle an Nahrung, seit Monaten gebe es kein Gemüse, kein Fleisch. Doch besonders bei den Kindern könne man neben der Müdigkeit auch noch Lebenskraft und den Wunsch nach Veränderung erkennen – ein Zeichen dafür, dass noch Leben in ihnen sei.
Das Leben unter den Bomben...
Die ständigen Bombardierungen machten zwar am Anfang Angst, doch dann gewöhne man sich daran, berichtete der Kardinal mit Blick auf die Messe, die er unter anhaltenden Bombardements in der katholischen Kirche in Gaza-Stadt gefeiert hat.
?Ich habe gesehen, dass niemand mehr darauf achtet. Und das ist auch uns passiert... Ich sehe, dass sich der Mensch an alles gewöhnen kann. Wenn die Einschläge in nächster Nähe erfolgen und dann das ganze Gebäude bebt, ist das natürlich erschreckend, aber auch daran gewöhnt man sich. Erschreckend ist auch, was Bilder nicht wiedergeben können: der Geruch der Explosionen, der Rauch, den sie hinterlassen.“
Obwohl Israel inzwischen die Evakuierung des Gazastreifens angeordnet hat, ist sich der Patriarch sicher, dass die erschöpfte Bevölkerung bleiben wird.
?Einige werden sicherlich weggehen, aber die Mehrheit wird bleiben. Und das schon aus dem einfachen Grund, weil sie gar nicht wissen, wohin sie gehen sollten – aber auch, weil sie gar nicht weggehen wollen, weil sie dort ihre Wurzeln, ihr Zuhause haben… Oder besser gesagt: weil sie dort ihr Zuhause hatten, und sie wollen es dort auch wieder aufbauen.“
Der Papst habe sich dazu sehr klar geäußert: es werde keine Umsiedlungen, keine Riviera in Gaza geben. Und er habe auch daran erinnert, dass das völkerrechtliche Verbot von Kollektivbestrafungen eingehalten werden müsse, so Pizzaballa weiter.
Besonders tragisch sei, dass die hungernde Bevölkerung oft gerade dann von Bombenangriffen getroffen werde, während sie sich das wenige Essen besorgt, das sie auftreiben kann, beklagt der Patriarch:
?Wir können die Gründe dafür nicht verstehen, und wie der Papst zu Recht gesagt hat – und wie wir es auch immer wieder betonen –, ist all dies nicht zu rechtfertigen. Ich möchte eines klarstellen: Wir haben nichts gegen die jüdische Welt und wollen keineswegs als Gegner der israelischen Gesellschaft und des Judentums erscheinen, aber wir haben die moralische Pflicht, die Politik dieser Regierung in Gaza ganz klar und offen zu kritisieren.“
Heiliges Land: Im Dienst aller, nicht nur der Christen
Mit Blick auf seinen Dienst im Heiligen Land, betonte der lateinische Patriarch von Jerusalem, dass man sich dort immer allen Menschen gewidmet habe, nicht nur den Christen.
?Es war unsere Pflicht als Hirten, unsere Gemeinde zu besuchen, aber von Anfang an haben wir immer ganz klar gesagt, was in ganz Gaza geschieht, und all unsere Aktivitäten - sei es in den Krankenhäusern, bei der Caritas oder anderen Hilfsdiensten - sind in erster Linie für die gesamte Gemeinde, angefangen bei unseren Nachbarn. Wir sind für alle da. Als es die Grenzen noch zuließen, hat das lateinische Patriarchat, unsere Diözese, über 40.000 Menschen betreut, die praktisch alle Muslime sind. Und wir werden unsere Arbeit bald wieder aufnehmen.“
Abschließend richtete der Patriarch noch folgende Botschaft an den neuen Kustos des Heiligen Landes, der am vergangenen Sonntag sein Amt angetreten hat:
?Wir wünschen ihm alles Gute. Es ist keine einfache Aufgabe, aber wir sind bereit zur Zusammenarbeit und sind sicher, dass wir gemeinsam viel Gutes erreichen können.“
(vaticannews – skr)
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