Nahost: Schutz für Christen in Taibeh gefordert
Die Zusammenkunft in Taibeh diente dazu, Einheit zu demonstrieren, gemeinsam zu beten und die Weltöffentlichkeit zur Intervention aufzufordern. Die anwesenden Kirchenführer, darunter der Lateinische Patriarch Kardinal Pierbattista Pizzaballa und der griechisch-orthodoxe Patriarch Theophilos III., sowie armenische, melkitische und lutherische Bischöfe, Vertreter der Anglikaner und der Kustodie des Franziskanerordens, wollten sich vor Ort ein Bild von der Lage machen. Ihr Appell: ?Selbst in Kriegszeiten müssen Heilige Stätten geschützt werden!“
Taibeh ist allein in der vergangenen Woche zweimal angegriffen worden. Radikale Siedler hatten in der Nähe von Wohnhäusern, des Friedhofs und der historischen Georgskirche Felder in Brand gesetzt. Die Brände konnten gelöscht werden, bevor größerer Schaden entstand. Die Menschen vor Ort äußerten jedoch ihre Befürchtung, dass die zunehmende Gewalt die christliche Präsenz im Heiligen Land weiter untergraben könnte. Baschar Fawadleh, der lateinische Pfarrer des 1.300-Einwohner-Dorfes, bezeichnete Taibeh vor den Besuchern als ?die letzte Verteidigungslinie für eine lebendige christliche Präsenz im Land Jesu“ – eine Präsenz, die durch direkte Verfolgung und ?einen stillen Aderlass“ gleich doppelt gefährdet sei.
Noch etwa 50.000 Christen in Palästina
Patriarch Pizzaballa erklärte, dass es in Palästina noch etwa 50.000 Christen gebe. Er sehe die ?Versuchung auszuwandern […] angesichts der Lage groß“, auch weil ein Ende der aktuellen Konflikte im Vergleich zu früheren nicht absehbar sei. Dies gelte nicht nur für Taibeh: Allein aus dem christlichen Dreieck Bethlehem, Beit Dschallah und Beit Sahur hätten in den vergangenen zwei Jahren 100 Familien die Region verlassen, so der aus Italien stammende Ordensmann.
Pfarrer Fawadleh betonte die Entschlossenheit der Dorfbewohner, in Taibeh zu bleiben, denn sie verständen sich selbst als ?das Volk, das Olivenbäume in Gebete, das Land in einen Altar und Standhaftigkeit in ein Evangelium verwandelt hat“. Er warnte jedoch, dass das Dorf, falls Sicherheit verwehrt, Heilige Stätten verbrannt und durch Arbeits- und Perspektivlosigkeit die Hoffnung auf ein würdiges Leben genommen würden, ?zu einem steinernen Zeugen einer Präsenz werden“ könnte, ?die einmal war – nicht eines Lebens, das noch ist“.
Die Kirchenoberhäupter Jerusalems solidarisierten sich mit den Dorfbewohnern und erklärten, es sei ?der größte Akt der Tapferkeit“, Taibeh weiter als Heimat zu bezeichnen, nachdem ?die systematischen und gezielten Angriffe“ gegen Christen zugenommen hätten. Sie äußerten, Israels Regierung und die Sicherheitsbehörden trügen eine Mitschuld an der Eskalation, da sie ?diesen Radikalen“ ihr Tun in Taibeh ?erleichtern und ermöglichen“, während Notrufe der Gemeinde unbeantwortet blieben.
Systematische Auslöschung
In Taibeh wird von einer ?systematischen Auslöschung der christlichen Präsenz an ihrer Wiege“ gesprochen. Die Bürger würden ?nachts terrorisiert und tagsüber belagert“, sagte Pfarrer Fawadleh. Er fügte hinzu, dass das Dorf damit Teil eines Musters sei, dem palästinensische Orte im gesamten Westjordanland ausgesetzt seien: Belagerung, Abriegelung, Landnahme, Hauszerstörung und Gewalt. Ende Juni wurden drei Palästinenser in Kufr Malik getötet, mutmaßlich durch jüdische Siedler. Am Samstag ereignete sich ein ähnlicher Vorfall in Al-Mazraa al-Scharkija, wo zwei junge Männer, darunter ein palästinensisch-US-amerikanischer Doppelbürger, ums Leben kamen. Beide Orte liegen Luftlinie keine vier Kilometer von Taibeh entfernt.
König Abdallah II. forderte in seiner von Patriarch Theophilos III. verlesenen Botschaft eine sofortige und entschlossene internationale Haltung angesichts der Gewalt und der systematischen Angriffe auf Dörfer, Städte und Lager in den besetzten Gebieten. Er forderte ein Ende der Gewalt und des ?anhaltenden Völkermords“ im Gazastreifen.
Die Forderungen in Taibeh und für die christliche Minderheit im Land seien keine Privilegien, wurde bei dem Solidaritätstreffen wiederholt betont. Pfarrer Fawadleh sprach von der Notwendigkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit durchzusetzen. Patriarch Pizzaballa forderte eine Rückkehr zum Recht und dessen Umsetzung. Die konkreten Forderungen umfassen ein Ende der Angriffe, die Strafverfolgung der Täter, den Rückbau illegaler Siedlungsposten auf palästinensischem Land, garantierten Zugang zu den Ländereien der Dorfbewohner und Schutz der Bauern bei ihrer Arbeit. Pfarrer Fawadleh appellierte zudem an die Schutzmächte des Heiligen Landes, das Dorf Taibeh aufgrund seines einzigartigen Charakters in internationale Schutzprogramme für religiöses und lokales Kulturerbe aufzunehmen und seine Bewohner durch direkte und nachhaltige humanitäre Hilfe sowie Entwicklungshilfe in ihrer Widerstandsfähigkeit zu stärken.
(kap - mg)
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