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Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Rom Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Rom 

Caritas Ukraine: „Alle müssen sich an den Verhandlungstisch setzen“

Papst Leo XIV. hat bei einem Treffen mit Wolodymyr Selenskyj in Castel Gandolfo erneut den Vatikan als Ort für Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine angeboten. Während sich die Weltpolitik zur Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Rom versammelt, mahnt die Caritas Ukraine eindringlich: Die humanitäre Lage spitzt sich dramatisch zu – und zivile Akteure müssen gehört werden.

Mario Galgano - Vatikanstadt

Kurz vor Beginn der Ukraine Recovery Conference 2025 in Rom hat Papst Leo XIV. den Vatikan erneut als neutralen Ort für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ins Spiel gebracht. Wie der Heilige Stuhl mitteilte, habe der Papst am Mittwoch in Castel Gandolfo den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj empfangen. Bei dem Gespräch sei die „dringende Notwendigkeit eines gerechten und dauerhaften Friedens“ im Mittelpunkt gestanden.

Zum Nachhören - die Lage in der Ukraine

Selenskyj äußerte sich nach dem Treffen „dankbar für das sehr inhaltsreiche Gespräch“. In einem Beitrag auf der Plattform X erklärte er, der Vorschlag eines Treffens im Vatikan bestehe weiter: „Es ist durchaus möglich. Derzeit lehnt nur Moskau diese Idee ab – wie es auch alle anderen Friedensinitiativen abgelehnt hat.“ Er dankte dem Vatikan außerdem für dessen Engagement bei der Rückführung verschleppter ukrainischer Kinder und lud Papst Leo XIV. zu einem Besuch in die Ukraine ein.

Humanitäre Notlage

Parallel dazu warnt die Caritas Ukraine eindringlich vor der eskalierenden humanitären Notlage im Land. Tetiana Stawnychy, Präsidentin der Organisation, berichtet: „Die Zahl der Drohnenangriffe in einem Monat ist von 400 im letzten Jahr auf etwa 4.000 gestiegen – Raketen nicht mitgerechnet.“ Die Lage sei seit dem Herbst 2024 zunehmend dramatischer geworden. Besonders betroffen seien ältere Menschen, die aus den Frontgebieten evakuiert würden: „Sie sind sehr verletzlich und benötigen besondere Hilfe, weil sie nicht mehr in der Lage waren, ihre Region rechtzeitig zu verlassen.“

Anlässlich der Wiederaufbaukonferenz ruft Caritas Ukraine gemeinsam mit über 110 zivilgesellschaftlichen Organisationen die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Rolle der Zivilgesellschaft im humanitären Einsatz wie auch im Wiederaufbau stärker zu berücksichtigen. „Die Krise in unserem Land ist so ernst, dass sich alle an den Verhandlungstisch setzen müssen“, so Stawnychy. „Jeder hat eine Rolle zu spielen.“ Es gehe nicht nur um diplomatische oder wirtschaftliche Prozesse, sondern auch um die Menschen, die vor Ort überleben und helfen.

Rolle der Frauen

Diese Perspektive teilt auch die internationale Hilfsorganisation CARE. Michael McGrath, Länderdirektor von CARE Ukraine, kritisierte im Vorfeld der Konferenz, dass Frauen weiterhin aus wichtigen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen seien. „Es ist zutiefst frustrierend, wie vorrangig Männer über die Zukunft der Ukraine debattieren – während Frauen und ihre Themen fast vollständig unter den Tisch fallen.“

McGrath verweist auf lokale Fraueninitiativen nahe der Frontlinie: „Sie stellen sichere Unterkünfte für vertriebene Frauen bereit und machen das Leben für Überlebende von Krieg und Gewalt mit Traumaberatung wieder ein bisschen erträglicher.“ Diese Stimmen müssten gehört werden – „nicht nur als Fußnote, sondern als Mitgestalterinnen ihrer Zukunft.“

Doch die Realität sehe anders aus: Viele Frauenrechtsorganisationen seien unterfinanziert, einige hätten ihre Arbeit bereits einstellen müssen. Dabei seien es oft gerade diese Initiativen, die sozialen Zusammenhalt fördern und den Wiederaufbau vor Ort maßgeblich mittragen. McGrath betont: „Wiederaufbau bedeutet nicht nur, Mauern neu zu errichten. Es geht darum, Vertrauen, Würde und Chancen wiederherzustellen – und niemand versteht das besser als die Frauen, die ihre Gemeinschaften zusammengehalten haben, als alles andere zerbrach.“

Während in Rom internationale Entscheidungsträger zusammenkommen – darunter EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident António Costa –, bleibt aus Sicht von Caritas Ukraine klar: Ohne die aktive Einbindung der Zivilgesellschaft und ohne konkrete humanitäre Entlastung wird der Wiederaufbau keine tragfähige Zukunft schaffen. „Wir sind eine vereinte Front“, sagt Stawnychy. „Und wir fordern, dass unsere Stimme gehört wird.“

(vatican news/care)

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10. Juli 2025, 10:41