Priester in Nigeria: „Angriffe machen uns stärker“
Jean-Benoît Harel und Mario Galgano - Vatikanstadt
In einem der gefährlichsten Länder der Welt für Christen weigert sich der spiritanische Priester Clément Chimaobi Emefu, der Angst nachzugeben. Als Professor für Kirchenrecht an der Spiritan International School of Theology (SIST) in der Stadt Attakwu im Bundesstaat Enugu im Südosten Nigerias will er seinen Studenten ein Vorbild sein – und ein „Zeichen der Hoffnung“, denn „was verwundbar macht, stärkt den Glauben“.
Im Gegensatz zum Norden Nigerias ist der Bundesstaat Enugu mehrheitlich christlich geprägt. Dennoch, so Emefu, breiten sich die Übergriffe gegen Christen im ganzen Land aus, obwohl der Fokus bisher oft auf den dokumentierten Dschihadistenangriffen im Norden liegt. Er spricht von einem „Islamisierungsprojekt Nigerias“, einem laufenden Prozess, der nicht nur die Gewalt gegen Christen erkläre, sondern auch das Nichthandeln oder gar die Feindseligkeit der Behörden.
Zahlreiche Entführungen
Entführungen sind die sichtbarste Bedrohung in dieser Region. In den letzten zehn Jahren wurden über 200 Priester und Ordensleute im Land verschleppt. Allein Anfang 2025 gab es rund ein Dutzend Fälle – zwei endeten tödlich.
Aufgrund ihrer pastoralen Einsätze in Schulen, Krankenhäusern oder abgelegenen Dörfern sind Geistliche besonders gefährdet. Pater Clément selbst, Kirchenrechtler der spiritanischen Provinz Südost, fährt regelmäßig allein rund 100 Kilometer auf gefährlichen Straßen zum Provinzsitz in Onitsha.
Das Thema Lösegeld
Ein besonders tragischer Fall ist die Entführung des Spiritanerpriesters Gerald Ohaeri am 30. November 2024 durch Fulani-Nomaden – eine muslimische Volksgruppe. Die Kirche erklärt zwar, niemals Lösegeld zu zahlen, doch „in der Realität ist das schwer, wenn dein Bruder in Lebensgefahr ist“, sagt Pater Clément, der in engem Kontakt mit denjenigen stand, die Verhandlungen für eine Befreiung des Priesters führten.
Er warnt davor, sich vorschnell auf Zahlungen einzulassen: „Wenn wir Lösegeld zahlen, wird die Zahl der Entführungen exponentiell steigen.“ Gleichzeitig mache der Druck von Familien, die hingegen bereit sind zu zahlen, Verhandlungen schwierig.
Verdrängung der Bevölkerung
Die muslimischen Nomaden sind laut Emefu im Südosten allgegenwärtig: „Sogar auf dem Weg von meiner Schule in die Stadt Enugu begegne ich ihnen.“ Sie dringen in Wälder und Felder ein, bedrohen christliche Landbesitzer und zwingen sie zur Flucht. Auch wenn es sich nicht um Terrorakte wie im Norden handelt, ist die gewaltsame Vertreibung von Christen nicht weniger dramatisch – und sie nimmt zu.
Institutionalisierte Verfolgung
Kritik an diesen Zuständen wird von den Behörden nicht gern gesehen. Jüngstes Beispiel: Der Bischof von Makurdi, Wilfried Anagbe CMF, erfuhr, dass ihm nach seiner Aussage vor einem US-Kongressausschuss bei der Rückkehr eine mögliche Verhaftung drohe. Die Priester seines Bistums sicherten ihm ihre Unterstützung zu und verurteilten den Einschüchterungsversuch.
Auch Pater Clément weiß, dass sein öffentliches Auftreten riskant ist – genauso wie seine Reisen in abgelegene Gegenden. Doch er bekräftigt: „Diejenigen, die uns bedrohen, uns terrorisieren und verwundbar machen – sie sind die Quelle der Stärkung unseres Glaubens.“ Mit dieser Überzeugung will er seinen rund 200 Seminaristen und Laienstudenten ein Beispiel der Standhaftigkeit geben.
(vatican news)
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