Madonna von St. Onofrio: Nur private Verehrung erlaubt
Die spirituelle Erfahrung, die mit den angeblichen übernatürlichen Phänomenen in Verbindung steht – insbesondere auf dem Monte Sant’Onofrio in Agnone, Molise –, wurde vom Dikasterium für die Glaubenslehre mit der Entscheidung ?prae oculis habeatur“ bewertet. Dies teilt der Präfekt des Dikasteriums, Kardinal Víctor Manuel Fernández, in einem Schreiben an den Bischof von Trivento, Camillo Cibotti, mit und bestätigt damit die vom Diözesanbischof vorgeschlagene Einschätzung.
Das bedeutet – so erklärt der Kardinal –, dass, ?obwohl bedeutende positive Zeichen anerkannt werden, zugleich gewisse verwirrende Elemente oder mögliche Risiken wahrgenommen werden, die eine sorgfältige Unterscheidung und einen Dialog mit den Empfängern der betreffenden spirituellen Erfahrung durch den Diözesanbischof erfordern. Sollten Schriften oder Botschaften vorhanden sein, könnte eine lehrmäßige Klärung notwendig sein“ (Normen für das Vorgehen bei der Unterscheidung angeblicher übernatürlicher Phänomene, Nr. 18).
Der Fall betrifft angebliche Erscheinungen der Jungfrau Maria, die seit 2010 rund um den Monte Sant’Onofrio auftreten.
?Aus der Durchsicht des umfangreichen Materials“, das dem Dikasterium vorliege, so Kardinal Fernández, ?können wir schließen, dass in dieser spirituellen Erfahrung verschiedene positive Aspekte und Zeichen des Wirkens des Heiligen Geistes vorhanden sind.“
In den angeblichen Botschaften der Gottesmutter werde durchgehend an die grundlegenden Mittel der Heiligung erinnert – das Wort Gottes, die Eucharistie, die Versöhnung – zusammen mit der Einladung zur Solidarität mit der Welt, in der wir leben: Die Jungfrau fordert auf, mit Gott zum Wohl der Menschheit zusammenzuarbeiten und konkrete Akte der Nächstenliebe gegenüber den Leidenden zu vollbringen. ?Wichtig ist“, so der Kardinalpräfekt, ?dass Maria uns immer auf Jesus Christus hin ausrichtet“. In den Botschaften finde sich zudem häufig ein Aufruf an den Heiligen Geist.
Zwei bedenkenswerte Aspekte
Jedoch – so fügt der Kardinal hinzu – ?gibt es zwei Aspekte, die mit besonderer Sorgfalt betrachtet werden müssen“:
Der erste sei, dass der frühere Bischof von Trivento, Claudio Palumbo, auf eine ?Nichtbeachtung der vom Ortsordinarius erlassenen Vorschriften hinsichtlich des Verbots jeglicher Form öffentlichen oder privaten Kultes“ hingewiesen hatte. Diese Feststellung bezog sich jedoch nicht direkt auf das Verhalten des angeblichen Sehers, sondern auf ?einige Kleriker“, die diese Missachtung fördern wollten ?unabhängig vom Urteil der Kirche“, was faktisch ?ein paralleles Lehramt“ bilde und somit ?eine Wunde in der kirchlichen Gemeinschaft verursache, die sicherlich kein positives Zeichen ist“. Andererseits – merkt Fernández an – enthielten dieselben angeblichen Botschaften auch einen Aufruf zum Gehorsam.
Der zweite zu beachtende Aspekt sei, dass in einem Schreiben mit der Einschätzung des früheren Bischofs von Trivento zu den angeblichen Phänomenen auch auf eine mögliche Verwirrung ?über die Natur der Beziehungen zwischen den Seelen der Verstorbenen“ und der in der Geschichte lebenden Kirche hingewiesen wurde. Auch wenn diese ?Verwirrung“ nicht aus ausdrücklichen Aussagen oder Praktiken des angeblichen Sehers hervorgehe, gebe es dennoch ?mögliche Risiken“, die – zusammen mit der Bewertung der positiven Zeichen – die Notwendigkeit einer Zeit der Wachsamkeit rechtfertigen.
Unterschied öffentlicher und privater Kult
Kardinal Fernández erläutert anschließend, worin die Entscheidung ?prae oculis habeatur“ besteht. Vor allem wird dabei der öffentliche Kult zunächst nicht zugelassen, wobei unter ?öffentlichem Kult“ jene liturgischen Handlungen verstanden werden, die ?im Namen der Kirche von rechtmäßig Beauftragten und durch von der kirchlichen Autorität genehmigte Akte vollzogen werden“ (Codex des kanonischen Rechts, can. 834 §2).
Daraus ergibt sich der Ausschluss folgender Elemente: Die Feier liturgischer Riten an Orten, die mit dem Phänomen verbunden sind, ohne ausdrückliche Genehmigung der zuständigen kirchlichen Autorität; Wallfahrten oder andere pastorale Veranstaltungen von öffentlichem Interesse durch Pfarreien oder andere kirchliche Einrichtungen; die Verbreitung des Phänomens und seiner angeblichen Botschaften ohne Genehmigung der kirchlichen Autorität; die Aufnahme von Personen zur gemeinsamen Erfahrung dieses Phänomens.
Jedoch – präzisiert der Präfekt – ?da keine schwerwiegenden Bedenken bestehen, die weitere Maßnahmen erfordern, ist der private Kult erlaubt: der persönliche Besuch, zu zweit oder in sehr kleinen Gruppen, etwa des Ortes mit dem errichteten Kreuz auf dem Monte S. Onofrio (aus einer Zeit vor den angeblichen Phänomenen) oder entlang des Kreuzwegs, der eingerichtet wurde, um den Aufstieg zum Berg im Gebet zu begleiten.
Dies setzt ein demütiges Verhalten der mit dem Phänomen verbundenen Personen voraus sowie eine Offenheit für den Dialog mit der kirchlichen Autorität, die dazu aufgerufen ist, die Entwicklung der Erfahrung zu bewerten und etwaige verwirrende Aspekte zu korrigieren.“
Beziehung zwischen Verstorbenen und pilgernder Kirche
Im zweiten Teil des Schreibens gibt Kardinal Fernández eine kurze Katechese über das Thema der Beziehungen zwischen Verstorbenen und der pilgernden Kirche. Er erinnert an den Unterschied zwischen dem Gebet für die Verstorbenen – Ausdruck des Mysteriums der Gemeinschaft der Heiligen – und der Beschwörung der Toten durch spiritistische Praktiken, die von der Kirche verurteilt wird.
In diesem Fall ist das besondere Merkmal, dass sich einige Seelen Verstorbener dem angeblichen Seher durch das Wirken des Schutzengels offenbaren würden. ?Es ist klar“, so der Präfekt, ?dass – durch die Betonung der Vermittlung der Engel (die in verschiedenen Schriftstellen vorhanden ist, z.?B.: Gen 16,7–11; 21,17–18; Ex 23,20–21; 1Kön 19,5–7; Tob 5,4; Dan 3,49; 6,23; Mt 1,20–24; 2,13; Lk 1,19.26; 2,9–10) – einerseits jegliches ,mediale' oder ,kontaktbezogene' Phänomen bei der Offenbarung dieser Seelen ausgeschlossen werden soll und diese Ereignisse vielmehr der barmherzigen Initiative Gottes zugeschrieben werden; andererseits, dass ein ausdrücklicher Ausschluss jeglicher Technik der Beschwörung sowie jeder indiskreten Neugier über das Jenseits gegeben ist. Vielmehr wird jede Beziehung zu Verstorbenen auf das Fürbittgebet zurückgeführt“, gemäß der Praxis der Kirche.
Daher lädt Kardinal Fernández, ?angesichts der Tatsache, dass die Grenze zwischen erlaubten und riskanten Praktiken sehr schmal ist“, den Bischof von Trivento ein, ?zu bestätigen, dass innerhalb der Gruppe, die die spirituelle Erfahrung der angeblichen Erscheinungen unterstützt, keine Zweifel an diesem Punkt bestehen“. Und er schließt:
?Die Reifung in Bezug auf die beiden oben genannten kritischen Aspekte – nämlich die Wiederherstellung des kirchlichen Friedens und die Klärung lehrmäßiger Unklarheiten in den Botschaften – könnte uns vielleicht in Zukunft erlauben, ein ,Nihil obstat’ zu gewähren, wenn und wann Sie es für angebracht halten.“
(vatican news)
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