MAP

Castel Gandolfo: Die päpstliche Sommerresidenz über dem Albaner See Castel Gandolfo: Die päpstliche Sommerresidenz über dem Albaner See

Castel Gandolfo und die Päpste: Eine bewegte Geschichte

Seit dem 17. Jahrhundert nutzen die Päpste das malerische Städtchen in den Albaner Bergen als Sommerresidenz: ein Ort der Erholung, aber auch der historischen Entscheidungen. Vom Bau der päpstlichen Villen über die dramatischen Kriegsjahre bis zum Rücktritt Benedikts XVI. war Castel Gandolfo oft Schauplatz historischer Momente in der Geschichte des Papsttums. Mit dem Aufenthalt von Papst Leo XIV. beginnt nun ein neues Kapitel in dieser traditionsreichen Beziehung.

Silvia Kritzenberger und Paolo Ondarza - Vatikanstadt

Man schrieb den 10. Mai 1626, als mit Urban VIII. (Maffeo Vincenzo Barberini) zum ersten Mal ein Papst beschloss, die heißen Sommermonate in Castel Gandolfo zu verbringen. Seitdem hat es die Päpste immer wieder in den malerischen Ort vor den Toren Roms gezogen.

Die Päpstlichen Villen von Castel Gandolfo erheben sich auf den Überresten der prachtvollen römischen Villa Kaiser Domitians (81–96 n. Chr.), dem Albanum Domitiani, die sich über eine Fläche von 14 Quadratkilometern bis zum Albaner See erstreckte. Auf diesen Ruinen errichtete die genuesische Familie Gandolfi im Mittelalter eine Burg, die später in den Besitz der Familie Savelli überging. Nachdem diese 1596 zahlungsunfähig geworden war, wurde das Anwesen von der Apostolischen Kammer konfiziert; im Jahr 1604 ging Castel Gandolfo in den Besitz des Heiligen Stuhls über.

Der Park der Päpstlichen Villen von Castel Gandolfo
Der Park der Päpstlichen Villen von Castel Gandolfo


Die Geschichte der päpstlichen Sommerresidenz

Auf Wunsch von Papst Urban VIII. wurde die ehemalige Festung in eine Sommerresidenz umgewandelt. Im Laufe der Jahrhunderte erweiterten und verschönerten die Päpste die Residenz: Alexander VII. nahm den bekannten Bildhauer Gian Lorenzo Bernini in seinen Dienst, der auch für den berühmten Vierströmebrunnen auf der Piazza Navona in Rom verantwortlich zeichnete; Clemens XIV. erwarb die benachbarte Villa Cybo, und Paul V. ließ die antiken Aquädukte restaurieren. Doch nach dem Ende des Kirchenstaates im Jahr 1870 begann eine rund 60 Jahre dauernde Phase des Verfalls: eine Zeit, in der die Villa weitgehend in Vergessenheit geriet...

Der Konsistoriensaal im Apostolischen Palast in Castel Gandolfo
Der Konsistoriensaal im Apostolischen Palast in Castel Gandolfo



Die Gärten und die vatikanische Sternwarte

Dank der Lateranverträge konnte Castel Gandolfo nach 1929 wieder seiner ursprünglichen Bestimmung als Sommerresidenz der Päpste zugeführt werden. Man ließ aufwändige Restaurierungsarbeiten durchführen und die drei Parkanlagen – den Mohrengarten, Villa Cybo und Villa Barberini – miteinander verbinden. 1934 ordnete Pius XI. an, die den Jesuiten anvertraute vatikanische Sternwarte - eines der ältesten aktiven astronomischen Observatorien der Welt - in seine Sommerresidenz in Castel Gandolfo zu verlegen. Der Himmel über Rom war durch die zunehmende elektrische Beleuchtung der ständig wachsenden Ewigen Stadt so hell geworden, dass die Astronomen nicht mehr in der Lage waren, schwächer leuchtende Sterne zu beobachten.

Die vatikanische Sternwarte
Die vatikanische Sternwarte

 

Eine alte Tradition wird wieder aufgenommen

Zum letzten Mal hat Castel Gandolfo 2013 einen Papst beherbergt: Benedikt XVI. wohnte vor seinem Umzug in seinen Altersruhesitz, das Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan, noch einmal ein paar Wochen in der päpstlichen Sommerresidenz.

28. Februar 2013: Mit einem letzten Segen vom Balkon der Sommerresidenz in Castel Gandolfo geht das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. zu Ende
28. Februar 2013: Mit einem letzten Segen vom Balkon der Sommerresidenz in Castel Gandolfo geht das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. zu Ende


Und nun freuen sich die Einwohner von Castel Gandolfo, die seit Jahrhunderten eng mit dem Nachfolger Petri verbunden sind, auf Leo XIV., der vom 6. bis 20. Juli und vom 15. bis 17. August dort zu Gast sein wird. Seit seiner Wahl hat Papst Leo Castel Gandolfo bereits zweimal besucht: am 29. Mai, um sich über das von seinem Vorgänger initiierte Projekt „Borgo Laudato sì“ zu informieren – und am 3. Juli, um die Arbeiten an der „Villa Barberini“ in Augenschein zu nehmen, die während seines Aufenthalts mit ihren Nebengebäuden und Gärten ausschließlich ihm zur Verfügung stehen wird.

Blick in den Apostolischen Palast
Blick in den Apostolischen Palast

 

Zweiter Weltkrieg: Als das päpstliche Schlafzimmer zur Entbindungsstation wurde…

Der Museumspol bietet auch Zugang zu den historischen Sammlungen und den neuen Ausstellungsbereichen, die im Februar 2024 eröffnet wurden. Derzeit sind drei Ausstellungen im Eintrittspreis enthalten: „Bellini und Sodoma – Die Passion Christi”; die Ausstellung zum Wandteppich von Raffaels „Steinigung des heiligen Stephanus”; und „Castel Gandolfo 1944”.

In den Wirren des Zweiten Weltkriegs ließ Papst Pius XII. seine Sommerresidenz für Menschen in Not öffnen
In den Wirren des Zweiten Weltkriegs ließ Papst Pius XII. seine Sommerresidenz für Menschen in Not öffnen

Letztere erinnert an die Monate, in denen die Residenz dank ihres exterritorialen Status auf Wunsch von Papst Pius XII. zu einem sicheren Zufluchtsort für über 12.000 Vertriebene aus der Region wurde, die vor den Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs flohen. Ein historisches Kapitel mit dramatischen Ereignissen wie dem Bombenangriff vom 10. Februar, bei dem über 500 Menschen ums Leben kamen – aber auch bewegenden, hoffnungsvollen Momenten. So wurden im päpstlichen Schlafzimmer rund 40 Kinder geboren. Darunter auch Zwillinge, denen man die Namen Eugenio Pio und Pio Eugenio gab: zu Ehren von Papst Pius XII. - Eugenio Pacelli -, der seine Sommerresidenz in dramatischen Zeiten für Menschen in Not öffnen ließ.

Castel Gandolfo: Auch weiter für Besucher geöffnet

Neben dem Mohrengarten und dem Geheimen Garten wird Besuchern ein besonderer Rundgang angeboten, der Einblicke in normalerweise nicht zugängliche Bereiche gewährt: darunter die kleine Kapelle von Urban VIII., das Billardzimmer und der Musiksaal.

2016 ließ Papst Franziskus den Apostolischen Palast in ein Museum umwandeln
2016 ließ Papst Franziskus den Apostolischen Palast in ein Museum umwandeln

Die Vatikanische Sternwarte bleibt während der gesamten Aufenthaltsdauer des Papstes in Castel Gandolfo für Besucher geschlossen. Ebenfalls geschlossen bleibt das Antiquarium im Erdgeschoss der Villa Barberini. Dort werden  wertvolle archäologische Funde aufbewahrt, die zwischen 1841 und 1931 in der Umgebung entdeckt wurden und bislang Teil des musealen Angebots waren, das 2016 unter Papst Franziskus eingeführt worden war.

6. Juli 2025: Papst Leo grüßt die Menge bei seiner Ankunft in Castel Gandolfo
6. Juli 2025: Papst Leo grüßt die Menge bei seiner Ankunft in Castel Gandolfo   (ANSA)


Villa Barberini: Die Residenz von Leo XIV.

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern wird Papst Leo nicht im Apostolischen Palast, sondern in der Villa Barberini wohnen, die mit ihrer weitläufigen Fläche bisher als Park diente. Ursprünglich handelte es sich um ein kleines Landhaus, das Scipione Visconti im 17. Jahrhundert errichten ließ. 1630 wurde es von Taddeo Barberini, dem Neffen Urbans VIII., erworben, der das Gebäude erweiterte und den Garten neu gestaltete: er ließ Olivenhaine, Obstgärten, Hecken und einen „Spazierweg“ anlegen, der über dem Kryptoportikus der antiken Villa von Kaiser Domitian verläuft.

Villa Barberini
Villa Barberini

Nach dem Tod Papst Urbans VIII. im Jahr 1644 wurden die Arbeiten an der Villa vorerst eingestellt. Wiederaufnehmen sollte sie sein Neffe Francesco Barberini. Der Kardinalnepot ließ 1706 ein neues Tor für die Durchfahrt von Kutschen errichten – ein Zeichen für das wachsende Repräsentationsbedürfnis der Familie. Die Villa ging schließlich in den Besitz von Cornelia Costanza Barberini über, die Giulio Cesare Sacchetti heiratete. Ihr wird die Auftragsvergabe für das Fresko von Giovan Francesco Buonamici zugeschrieben, das im Hauptgeschoss der Villa zu sehen ist. Es zeigt die Szene der „Übergabe der Schlüssel der Stadt Palestrina an Taddeo Barberini“: Ein symbolisches Bild, das die politische Macht der Familie Barberini eindrucksvoll in Szene setzt.


(vaticannews – skr)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

07. Juli 2025, 10:26