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Jordi Bartomeu liest die Botschaft von Papst Leo XIV. vor Jordi Bartomeu liest die Botschaft von Papst Leo XIV. vor 

Papst: Kultur gegen Missbrauch in Kirche verankern – Dank an mutige Journalisten

Ein energischer Appell gegen jede Form von Missbrauch, sei dieser sexueller Art oder Missbrauch von Macht oder des Gewissens, kommt von Leo XIV. in einem Beitrag, den er anlässlich des Theaterstücks „Proyecto Ugaz“ in Peru beigesteuert hat. Gewidmet ist das Stück Paola Ugaz, einer Journalistin, die für ihre investigative Arbeit über die inzwischen aufgelöste Bewegung Sodalicio bekannt wurde und deswegen auch Verfolgung erlitten hat.

„Wo immer ein Journalist zum Schweigen gebracht wird, wird die demokratische Seele eines Landes geschwächt“: diese Mahnung kommt von Papst Leo XIV. in ungewöhnlicher Form, nämlich in einer persönlichen Botschaft, die zum Ende eines Theaterstücks in Lima verlesen wurde. Dabei hallt vor allem ein Appell nach, nämlich „in der ganzen Kirche eine Kultur der Prävention (zu) verwurzeln, die keinerlei Form von Missbrauch duldet: weder Machtmissbrauch oder Autoritätsmissbrauch, noch Missbrauch des Gewissens oder der Spiritualität, noch sexuellen Missbrauch.“

Realität und Fiktion verschränken sich in dem Theaterstück Proyecto Ugaz, übersetzt etwa: Ugaz-Projekt, das im Theater Plaza in Lima vom 3. bis zum 29. Juni aufgeführt wird. Auch Papst Leo hat das Stück, das durch das Leben und Wirken einer investigativen Journalistin inspiriert ist, wahrgenommen. Und er entschied, eine Botschaft zu senden, um die Bedeutung der beiden tragenden Themen des ganzen Stücks zu bekräftigen: den Kampf gegen Missbrauch und die Bedeutung journalistischer Arbeit in Wahrheit und Freiheit. Vielleicht war seine Botschaft die „Überraschung“ für Peru, von der er bei einer seiner ersten Audienzen gesprochen hat.

Die Hintergründe im Kollegengespräch (A. Preckel, L. Vazgec - Vatican News)

Proyecto Ugaz ist Paola Ugaz gewidmet, bekannt in dem südamerikanischen Land für ihre Recherchen gegen eine der früher mächtigsten Bewegungen in ganz Lateinamerika, das Sodalitium Vitae Christianae, besser bekannt als „Sodalicio“. Diese Bewegung wurde von Papst Franziskus am vergangenen 14. April aufgelöst, in einer seiner letzten Verfügungen, wegen Fällen von verschiedenartigem Missbrauch und Korruption in ihrem Inneren – beginnend bei der Führungsspitze und dem Gründer Luis Figari –, was nach gründlicher Untersuchung durch den Heiligen Stuhl für eine „Abwesenheit von Gründungscharisma“ sprach.

Eine Szene aus dem Theaterstück
Eine Szene aus dem Theaterstück

Eine mutige Journalistin

Paola Ugaz war eine der Ersten, die 2015 mit ihrem Kollegen Pedro Salinas ein Buch veröffentlichte, das die Zeugnisse der Opfer dieser mächtigen Gemeinschaft sammelte. Darauf bezogen sich dann mehrere Maßnahmen der peruanischen Staatsanwaltschaft und interne Ermittlungen im Sodalicio selbst, bis hin zum Eingreifen von Papst Franziskus, der dem Fall stets große Aufmerksamkeit schenkte. Ihre Recherchen kosteten die Frau jedoch Jahre an Anzeigen, Verfolgungen, Angriffen im Privat- und Berufsleben, insbesondere über soziale Medien. Im November 2022 bat Ugaz Papst Franziskus um Hilfe und Schutz für sich und drei weitere Journalisten. Dieser empfing alle Anfang Dezember desselben Jahres und ermutigte sie auch in ihrer Arbeit.

Eine Unterstützung, die nun unter Papst Leo XIV. noch stärker wird. Schließlich kennt er die peruanische Realität und den Fall Sodalicio besonders gut – ebenso wie die Arbeit von Paola Ugaz, die er im Mai bei der ersten Audienz mit Medienvertretern umarmte. Das ikonische Foto, wie sie dem Papst eine chalina, einen handgewebten Schal aus den peruanischen Anden, überreicht, bleibt unvergessen. Genau auf diese Audienz, die vier Tage nach seiner Wahl in der Audienzhalle Paulus VI. stattfand, bezieht sich der Papst in der Botschaft, die im Theater Plaza in Lima von Monsignore Jordi Bertomeu verlesen wurde. Der Mitarbeiter des Glaubensdikasteriums ist schon lange als „Missbrauchsermittler“ an der Seite von Erzbischof Scicluna unterwegs und in Peru auch apostolischer Kommissar für die Sodalicio-Affäre. Im Publikum: weitere Journalisten und Opfer der Bewegung.

Papst Leo und die Journalistin Paola Ugaz
Papst Leo und die Journalistin Paola Ugaz   (@Vatican Media)

Dank des Papstes

Zuvor aber möchte der Papst dreimal Danke sagen. Zuerst denjenigen, die Proyecto Ugaz geschaffen und umgesetzt haben, das nicht nur Theater ist, sondern „Erinnerung, Anklage und vor allem ein Akt der Gerechtigkeit“, dem „Schmerz, der zu lange zum Schweigen gebracht wurde, eine Stimme und ein Gesicht verleihend“.

Durch dieses Projekt „bringen die Opfer der aufgelösten geistlichen Familie des Sodalitiums und die Journalisten, die sie begleitet haben – mit Mut, Geduld und Treue zur Wahrheit – das verletzte, aber hoffnungsvolle Gesicht der Kirche zum Leuchten“, schreibt der Papst. „Euer Kampf für Gerechtigkeit ist auch der Kampf der Kirche“, fügt er hinzu, denn „ein Glaube, der die Wunden des Leibes und der Seele des Menschen nicht berührt, ist ein Glaube, der das Evangelium noch nicht kennengelernt hat.“

„Heute erkennen wir diese Wunde in vielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die dort verraten wurden, wo sie Trost suchten; und auch in denen, die ihre Freiheit und ihren Namen riskierten, damit die Wahrheit nicht begraben wird“

Das zweite Dankeschön richtet Papst Leo an jene, „die in dieser Sache ausgeharrt haben, auch als sie ignoriert, diskreditiert oder sogar strafrechtlich verfolgt wurden.“ Er zitiert dabei den Brief an das Volk Gottes vom August 2018, verfasst von Papst Franziskus nach seiner schwierigen Reise nach Chile und dem Treffen mit Missbrauchsopfern: „Der Schmerz der Opfer und ihrer Familien ist auch unser Schmerz, und deshalb ist es dringend nötig, unser Engagement zu bekräftigen, Minderjährige und schutzbedürftige Erwachsene zu schützen.“

Eine Szene aus dem Theaterstück
Eine Szene aus dem Theaterstück

Leo übernimmt den Appell seines Vorgängers, der in demselben Schreiben – in dem er über den Unterschied zwischen „Kriminalität und Korruption“ spricht – alle einlädt zu einer „tiefen kirchlichen Umkehr“. Diese sei „keine Rhetorik, sondern ein konkreter Weg der Demut, der Wahrheit und der Wiedergutmachung“, unterstreicht der Papst. „Prävention und Fürsorge sind keine pastorale Strategie: Sie sind das Herz des Evangeliums.“

Schließlich richtet der Papst seinen am tiefsten empfundenen Dank an Paola selbst, „für den Mut, Papst Franziskus am 10. November 2022 um Schutz zu bitten gegen die ungerechten Angriffe, die sie und drei weitere Journalisten – Pedro Salinas, Daniel Yovera und Patricia Lachira – erlitten haben, weil sie die Missbräuche durch eine kirchliche Gruppe mit Sitz in verschiedenen Ländern, aber mit Ursprung in Peru, angeprangert haben.“

„Unter den zahlreichen Missbrauchsopfern gab es auch Opfer von wirtschaftlichem Missbrauch, nämlich Mitglieder der Gemeinden Catacaos und Castilla, was das Berichtete noch unerträglicher machte“

Leo erinnert somit an seine eigenen Worte, die er am 12. Mai an die Medienvertreter gerichtet hat – kein „formaler Gruß“, wie der Papst selbst schreibt, sondern „eine Bekräftigung der heiligen Aufgabe derer, die durch ihren journalistischen Beruf Brücken schlagen zwischen den Fakten und dem Gewissen der Menschen – auch angesichts großer Schwierigkeiten.“

„Die Wahrheit gehört niemandem, aber es ist die Verantwortung aller, sie zu suchen, zu bewahren und ihr zu dienen.“

Jordi Bertomeu und Paola Ugaz
Jordi Bertomeu und Paola Ugaz

Durch einen Text, der im Theater verlesen wurde, lässt Papst Leo also seine Stimme erklingen, durchdrungen von „Sorge und Hoffnung“ für das peruanische Volk. „In dieser Zeit tiefer institutioneller und gesellschaftlicher Spannungen ist die Verteidigung eines freien und ethischen Journalismus nicht nur ein Akt der Gerechtigkeit, sondern eine Pflicht all jener, die eine starke und partizipative Demokratie anstreben.“

„Die Kultur der Begegnung entsteht nicht aus leeren Reden oder manipulierten Geschichten, sondern aus Fakten, erzählt mit Objektivität, Strenge, Respekt und Mut“

Der Papst richtet sich an die peruanischen Behörden, an die Zivilgesellschaft und an jeden einzelnen Bürger, damit sie jene schützen, „die – von Gemeinderadios bis zu traditionellen Medien, vom ländlichen Raum bis zur Hauptstadt – die Realität mit Integrität und Mut erzählen": „Wo immer ein Journalist zum Schweigen gebracht wird, wird die demokratische Seele eines Landes geschwächt.“

Für Pressefreiheit: Habt keine Angst

„Pressefreiheit ist ein unveräußerliches Gemeingut. Wer diese Berufung gewissenhaft ausübt, darf nicht zum Schweigen gebracht werden – weder durch niedere Interessen noch durch die Angst vor der Wahrheit“

Abschließend lässt der Papst eine Botschaft voller „pastoraler Zuneigung“ an alle peruanischen Medienarbeiter zurück:

„Habt keine Angst“, schreibt er, „durch eure Arbeit könnt ihr zu Friedensstiftern, Einheitsbringern und gesellschaftlichen Brückenbauern werden. Seid Lichtstreuer inmitten der Schatten.“

„Möge sie Herzen aufwecken, Gewissen bewegen und uns helfen, eine Kirche zu bauen, in der niemand mehr im Schweigen leiden muss – und in der die Wahrheit nicht als Bedrohung, sondern als Weg zur Befreiung verstanden wird.“

(vatican news)

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21. Juni 2025, 08:40