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Jesus unterrichtet seine Jünger Jesus unterrichtet seine Jünger  (https://christian.net/wp-content/uploads/2024/02/when-were-the-apostles-empowered-to-begin-the-mission-of-jesus-1708180246.jpg)

Unser Sonntag: Die Kirche w?chst anderswo

Auch wenn es in Frankreich einen Taufboom gab - die Kirchenb?nke in Europa werden leerer, so Stefan von Kempis in dieser Betrachtung. Er ruft zum Wachen auf, zur Abkehr vom Durchschlafchristen und hin zum Beten - auch auf der Bettkante.

Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. Ich finde das einen tollen Anfang für ein Evangelium, dieses Wort von der kleinen Herde.

Hier zum Nachhören

Das steht nur bei Lukas, nur hier. Und es ist etwas, das nicht nur für die Zeit Jesu gilt. Klar: Damals stand das Reich Gottes, damals stand die Jüngergemeinde an ihrem Anfang. Da war das wirklich noch eine kleine Herde, die Zwölf, der Kreis der Jünger drumherum die Menge, die Jesus folgte. Das gilt aber auch heute. Wir sind mittlerweile auch wieder diese kleine Herde!

Wo sind die Jungen? 

Wir sind geschrumpft, jedenfalls in Europa. Wir werden kleiner. Unsere Kirchentüren fallen zu. Unsere Kirchenbänke werden immer leerer. Die Menschen, die bei uns in den Bänken sitzen, am Sonntag bei der Messe, sind immer älter. Man sieht fast nur noch die Grauhaarigen und seufzt: Wo sind die Jungen? Klar gibt es dann immer wieder mal tolle Nachrichten - von einem Taufboom in Frankreich zum Beispiel, von jungen Leuten, die sich ganz neu religiös aufgeschlossen zeigen, Umfragen und so fort. Aber wir dürfen uns da auch keinen Illusionen hingeben. Die Zeit der Volkskirche, die ich noch erlebt habe, die ist eigentlich vorbei. So wie es einmal war, wird es nicht mehr - jedenfalls hier in Europa.

Die Kirche wächst anderswo

Die Kirche wächst jetzt anderswo, das weiß man gerade hier in Rom sehr genau. In Asien, in Afrika, in Lateinamerika, auch teilweise in den Vereinigten Staaten. Das sind die Orte, wo das kirchliche Leben jetzt brummt und boomt. Und wir in Europa werden jetzt immer mehr diese kleine Herde, von der Jesus hier in unserem Evangelium spricht. 

?Ja, fürchte dich nicht, du kleine Herde. Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.“

Da ist es doch ganz beruhigend zu hören: Fürchte dich nicht, du kleine Herde. Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. Das heißt, Gott ist nicht das Statistische Bundesamt. Gott sei Dank, kann man da sagen! Es geht ihm nicht um die Zahlen. Es geht ihm nicht um die Statistik. Jesus konnte ja auch an anderer Stelle einmal seufzen: Wird der Menschensohn überhaupt noch Glauben vorfinden auf der Erde, wenn er zurückkommt? Darum geht es nicht. Das merkt man hier. So klein die Herde auch ist, uns ist das Reich Gottes versprochen!

?Wir kommen nicht vom Fernsehsessel in das Reich Gottes“

Das ist schon mal ein schöner Start. Aber wie häufig beim Evangelium kommt dann auch ein Aber. Man darf da nicht einfach sitzen und abwarten, bis uns dieses Reich übereignet wird. In politischer Hinsicht sagt man immer, man kommt nicht im Schlafwagen ins Kanzleramt. Und wir kommen auch nicht aus dem Fernsehsessel direkt ins Reich Gottes, sondern man muss etwas dafür tun. Warten auf den Zurückkommenden, den Herrn, auf den Anbruch, den vollen Anbruch des Reiches Gottes.

Ordensleute machen es vor

Um dieses Warten geht es. Warten ist bei Jesus ein Tätigkeitsverb, etwas Aktives. Das merkt man an den Worten 'Die Lampe brennen lassen, die Hüften gegürtet'. Dieses Warten machen auf exemplarische Weise Ordensleute vor. Viele Ordensleute, Männer wie Frauen, stehen ja sogar nachts auf und halten irgendwann zu nachtschlafender Zeit das Stundengebet, weil auch mitten in der Nacht der Herr des Hauses zurückkommen könnte. Und die wollen bereit sein - die machen das auch zeitlich durch ihren Tages- und Nachtablauf vor, dass man keine Nacht durchschläft. Ich finde das wirklich bewundernswert und erstaunlich. Keine Nacht durchschlafen, sondern immer bereit sein, auf die Wiederkunft des Herrn; diesen Gebetserwartungsfaden nicht dünner werden und nicht abreißen lassen, sondern immer, immer weiter spinnen.

Sind wir Durchschlafchristen?

Auch stellvertretend für uns Durchschlafchristen, die das Warten auf den Anbruch des Reiches Gottes eher auf die Tages- denn auf die Nachtzeit verschieben, wenn ich das mal so sagen darf. Wir alle können den Ordensleuten etwas nachtun, in dem auch wir uns einlassen auf diesen Warterhythmus. Auch wir können als Nicht- Ordensleute zum Beispiel eintreten ins Stundengebet, also bestimmte Momente des Tages markieren durch einen Psalm, durch eine Lesung aus den Evangelien, durch ein Gebet und das Vaterunser, das Magnificat. Es gibt dazu auch Hilfen, zum Beispiel Te Deum von der Benediktinerabtei Maria, der ich selber spirituell sehr verbunden bin, oder die Gebetszeitschrift Magnificat. Es gibt eine Stundengebetsapp, die man sich kostenlos aufs Handy herunterladen kann.

Beten auf der Bettkante!

Es gibt viele Angebote, auch als Laie morgens und abends auf der Bettkante in diesen Warte-Rhythmus, diesen Wachtrhythmus auf das Reich Gottes hin einzutreten. Das Reich Gottes wird dadurch sozusagen herbeigezogen. Es kommt ja nicht auf einmal aus heiterem Himmel und keiner hat damit gerechnet, sondern wir haben es ein Stück weit auch damit überhaupt erst realisiert oder vorweggenommen. Wie auch schon Jesu Kommen auf die Erde eine Vorwegnahme des anbrechenden Reiches Gottes ist.

Ora et labora - Ärmel hochkrempeln

Beim Stundengebet kann es aber nicht bleiben. Wir haben eben gesagt, es geht um eine Tätigkeit, es geht um aktives Warten. Es geht also nicht nur um Gebet. Sie kennen das benediktinische - Ora et labora - Bete und arbeite, tue also etwas. Die Hüften gegürtet. Das heißt in der Antike das Kleid, das Obergewand hochgebunden bis zum Gürtel, weil man irgendwas macht. Wir würden heutzutage sagen: die Ärmel hochgekrempelt. Aktiv warten, aktiv für den Anbruch des Reiches Gottes arbeiten.

Jeder wo er steht

Wie geht das? Das geht ganz unterschiedlich. Jeder und jeder an dem Platz, wo wir im Leben stehen. Ich als Journalist bei mir in der Redaktion, Sie an Ihrem Arbeitsplatz, in der Schule, in der Uni, zu Hause, im Haushalt, in der Familie, im Umgang mit alten Leuten mit den alten Eltern, wo wir gerade sind. Arbeiten auf das Reich Gottes, auf den Anbruch des Reiches Gottes hin. Wir kleine Herde, wir kleiner Sauerteig, der aber trotzdem dafür sorgt, dass alles durchsäuert wird, dass alles einen ganz anderen Geschmack bekommt.

Ein Reich, Gottes Geschmack. Augustinus, der große Inspirateur unseres jetzigen heiligen Vaters, Leo des XIV., hat geschrieben In seinen Confessiones, seinen Bekenntnissen Das war die erste Autobiographie der Geschichte, wenn man so will. "Du hast uns, Herr, auf dich hin geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir." Das sind vielleicht die berühmtesten Worte aus den Confessiones des Augustinus immer wieder zitiert" Unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir."

Und um diese Unruhe, dieses Nicht Einschlafen geht es: sich nicht zufrieden geben, sondern immer sagen. So, wie ich es jetzt mache, das reicht noch nicht. Das kann doch nicht alles sein. Da muss ich noch weiter gehen. Wie denn? Sich immer wieder diese Frage stellen? Nicht angekommen sein. Nicht im Ordensleben und nicht im herrlichen Laienstand, wie man ihn so nennt, sondern immer diese Spinata, sagt man auf Italienisch. Diesen Stachel im Fleisch behalten, diese Unruhe des Spirituellen. Denn der Glaube ist nichts, was wir aus der Tasche ziehen und auf den Tisch legen können.

Das hat Joseph Ratzinger, später Benedikt, der XVI. genial in seiner Einführung in das Christentum vorgeführt. Schon auf den ersten Seiten. Der Glaube ist Geschwisterkind des Zweifels und macht uns in unserer Unruhe zu Geschwistern all der anderen, die auf der Suche sind, die nicht glauben können oder nicht glauben wollen, die aber doch die Wahrheit suchen und wissen wollen, worum es im Leben eigentlich geht.

Die Zweifel

Joseph Ratzinger nennt da ein sehr eindrückliches Bild. Das hat er aus der Eingangsszene des Theaterstücks "Der seidene Schuh" des französischen Dichters und Schriftstellers Paul Claudel. Da erleidet ein Jesuit Schiffbruch und klammert sich noch an so einen Schiffsrumpf, der im Meer dahintreibt, und hält dann einen langen Monolog. Und Ratzinger, der spätere Benedikt, schreibt dazu: Das ist unsere Situation, unsere Situation als Glaubende.Wir klammern uns an die Planke des Glaubens, sind aber hin und hergeworfen im unruhigen Meer. Und ununterbrochen wird uns das Salzwasser des Zweifels in den Mund gespült.

Salzwasser des Zweifels

Ich finde das ein tolles Bild mit diesem Salzwasser des Zweifels. Aber darum geht's. Wir haben in unserer Unruhe des Glaubenden, eigentlich der Unruhe, des Zweifelnden nichts voraus. Wir können aber auch in diesen Bruder, diese Schwester stützen, ihnen helfen in ihrer Suche, in ihrer Unruhe, in dem auch wir uns zu unserer tätigen Erwartungsunruhe immer geistlich verstanden bekennen.

Unsere Unruhe teilen...

Ist das nicht ein schönes Bild und eine schöne Aufgabe für diese kleine Herde, die wir sind innerhalb der großen Herde, Dass wir unsere Unruhe trotz aller Heilszusage und Heilshoffnung doch teilen mit den vielen, vielen Menschen um uns herum. In den Einsetzungsworten der Eucharistie heißt es im Griechischen in der deutschen Übersetzung: "Das ist mein Leib, der für euch und für die vielen hingegeben wird." Und das wird immer wieder übersetzt mit für euch und für alle hingegeben wird. Denn dieses die Vielen ist im griechischen Originaltext offen für alle. Und dieses Schillernde sollte uns auch zu denken geben Wir sind die kleine Herde, aber wir haben das Potenzial für alle, dass alle mitkommen, dass wir kleine Herde alle mitziehen in unserer innerlichen Unruhe, in unserer Ausgespannt heit auf das Reich Gottes hin. Diese produktive geistliche innere Unruhe, aber gleichzeitig auch diese Zusage an die kleine Herde, dass uns einmal das Reich Gottes bevorsteht.

Das wünsche ich Ihnen, mir, uns allen.

(Radio Vatikan - Redaktion Claudia Kaminski)

 

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09. August 2025, 07:59