Mertes: Bistümer sollen Orden bei Missbrauchszahlungen helfen
Nach Angaben des Jesuiten Klaus Mertes, der als Rektor des Canisius-Kollegs in Berlin den Missbrauchsskandal in Deutschland ins Rollen brachte, haben viele Orden keine großen Vermögen, was sie vor finanzielle Herausforderungen bei Entschädigungszahlungen stellt. „Die schrecken vor Summen von mehreren Hunderttausend Euro zurück, die einige Diözesen in Einzelfällen inzwischen an Missbrauchsbetroffene zahlen", sagte Mertes der „Süddeutschen Zeitung“. Er forderte mehr Solidarität, „gerade auch seitens der Diözesen und Orden, die in der Vergangenheit zum Beispiel von den Schwesternorden sehr profitiert haben“.
Mertes hatte nach eigenen Angaben frühzeitig einen gemeinsamen Fonds für die Opfer angeregt. Er erklärte, dass die Bedingungen der Finanzdirektoren der Diözesen, sich an den Zahlungen zu beteiligen, dazu geführt hätten, dass die Orden ihre „Handlungsfreiheit“ verloren hätten. „Das konnten die Orden nicht akzeptieren“, sagte Mertes.
Zahlungen müssen leistbar sein
Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), die seit 2020 in der Kirche tätig ist, entscheide zu Recht nicht nach der Kassenlage der Orden oder der ärmeren Diözesen, aber die Zahlungen müssten auch leistbar sein, so Mertes. Er wies darauf hin, dass andere Diözesen bei hohen Beträgen „finanziell andere Möglichkeiten“ hätten.
Mertes bezeichnete es als „bittere Erfahrung“, dass einige Bischöfe den Eindruck erweckt hätten, sexualisierte Gewalt sei allein ein Problem der Orden. „Manche Bischöfe haben die Gelegenheit genutzt, um sich gegenüber Ordensgemeinschaften als Oberaufklärer aufzuspielen.“ Mertes betonte, die Aufklärung müsse jedoch unabhängig von der Kirche erfolgen.
Der Jesuit berichtete auch, dass es Orden gebe, die sich einer Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch „einfach nur verweigern“. In anderen Fällen seien sie mit der Aufarbeitung überfordert, etwa wenn die verbliebenen Mitglieder einen Altersdurchschnitt um die 80 Jahre hätten. Zudem seien Orden internationale Organisationen. Mertes merkte an: „Wenn sie zum Beispiel in Deutschland mit der Aufarbeitung begonnen haben, bedeutet das noch nicht, dass sie in anderen Ländern auch schon angefangen haben oder die Zentralen in Rom mitmachen.“
Trotz aller Bemühungen sei Missbrauch nach Einschätzung von Mertes „nie ganz zu verhindern“. Er rechne damit, dass sich weiterhin Betroffene melden werden, die nach 2010 zunächst abgewartet hätten.
(kna - mg)
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