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Jesus lehrt seine Jünger beten Jesus lehrt seine Jünger beten 

Unser Sonntag: Das Vaterunser

Für Pater Elias ist besonders eine der Bitten des Vaterunsers ein untrügliches Indiz für die Menschlichkeit des Evangeliums. Die Bitte um Brot. Gott erhört den, der das Vaterunser betet – denn wer so betet, gibt sich Gott ganz anheim.

Pater Elias Pfiffi, OSB

Lk 11, 1-13 Lesejahr C

Seltsam nüchtern und undramatisch, ja geradezu diesseitig klingt die Weisheit des heutigen Evangeliums: vom Weg des Glücks und der Wirkkraft des Bittens. Begegnen wir ihr doch buchstäblich Tag für Tag – immer dann nämlich, wenn wir das Vaterunser beten.

Hier zum Nachhören

Eines Tages sahen die Jünger Jesus beten. Als er geendet hatte, bittet ihn einer: Herr, lehre uns beten. Jesus folgt dieser Bitte und vertraut den Jüngern fünf Bitten an.

Das Vaterunser

Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, dein Name werde geheiligt.
Ohne Einleitung, ohne Schnörkel unterwürfiger Annäherung, ohne vorherige Entschuldigung für die Belästigung dürfen die Christen Gott als ihren „Vater“ anreden. Schon mit dem ersten Wort, mit dem Jesus die Seinen beten lehrt, nimmt er sie hinein in sein eigenes Verhältnis zu Gott – hinein in eine Vertrauensgemeinschaft. Ein Vertrauen, das durch nichts verstellt ist und allein schon durch den Herzensfrieden, den es schenkt, das ganze Glück einer Menschenseele ausmacht.

Abba ... der du mich jetzt trägst.

Abba, lieber Vater, der du mich geschaffen hast und der du mich jetzt trägst.
Und dann die erste Bitte; sie kann nur sprechen, wer mit seinem Beten keinen Zweck, keine Absicht in seinem Interesse verfolgt, sondern beglückt ist, dass Gott ihm Vater sein will: Dein Name werde geheiligt! Das meint: Dir, deinem Namen, also dem Vater-Namen werde die Ehre gegeben.
Weil du unser guter Vater bist, darum darf uns dein Lob wichtiger sein als sogar die drängendsten Anliegen. Denn wir sind gewiss, dass unsere Anliegen und unsere Bitten gut aufgehoben sind in deinem Vatersein, aufgehoben oft anders als wir uns ausdenken, aber unwiderruflich und unvergessen aufbewahrt in Deiner Sympathie für uns.

Dein Reich - für alle!

Die zweite Bitte – Dein Reich komme – ist gleichsam nur noch ein selbstverständlicher Nachtrag zur ersten.
Sie will, dass sich dieses ungestörte Vertrauensverhältnis zwischen Gott und Jesus und dann durch Jesus zwischen Gott und den Christen, die das Vaterunser beten –, dass das sich überall ausbreite in der Welt; dass jedem Menschen gegeben sei, an dem Glück dieser Geborgenheit teilzuhaben.
Wieder also die Absichtslosigkeit, weil keiner etwas für sich allein erfleht, sondern an die anderen denkt und alle die zu Gott Vater sagen können und dürfen.

„Wir haben zur Seele auch einen Leib, der sein Recht fordert und mehr braucht als Luft und Liebe sogar: nämlich Brot.“

Umso überraschender ist uns freilich nun die dritte Bitte, die Jesus uns lehrt: Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen. Mitten in den geistlichen Gedanken an Gott und sein Reich ist auf einmal vom Essen die Rede. Und das ist kein Zufall, sondern intensives, ja untrügliches Indiz für die Menschlichkeit des Evangeliums. Wir sind eben keine engelgleichen Geistwesen, die einzig von frommen Gedanken und Halleluja-Singen leben.
Wir haben zur Seele auch einen Leib, der sein Recht fordert und mehr braucht als Luft und Liebe sogar: nämlich Brot.

Die überschwängliche Fürsorge Gottes

Bis in die Höchstform des christlichen Gottesdienstes hinein findet diese Menschlichkeit des Evangeliums ja ihren Widerhall: Genau im Punkt der Vollendung des Dankgebets der Eucharistie als dem Ausdruck unserer Hingabe an Gott, da gibt es für den dankenden Menschen zu essen: Brot und Wein, damit er mit allen Sinnen die überschwängliche Fürsorge Gottes erfahre.
In der Brotbitte des Vaterunsers vertrauen die Christen also auch die Bedürfnisse ihres Leibes dem himmlischen Vater an: Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen.

Unsere Angst

Die Bitte geht wohlgemerkt auf ein Doppeltes: Gib uns das Brot, das wir brauchen – also nicht weniger, aber auch nicht mehr als uns gut tut. Der Herr weiß um unsere Angst gezeugte Versuchung, mehr Brot zu brauchen oder einfach viel mehr horten als wir wirklich brauchen.
Und dann geschieht es, dass andere weniger haben als sie eigentlich bräuchten.

Ehrlich um Vergebung bitten

Nach der Brotbitte folgt die Bitte um Vergebung der Sünden.
Wie wichtig das ist, was diese Bitte erhofft, kann freilich nur der ermessen, der selbst bereit ist, dem zu vergeben, der an ihm selbst schuldig geworden ist. Es braucht die menschliche Einübung des Verzeihens, damit einer Gott ehrlich um Vergebung bitten kann:
Erlass uns unsere Sünden, denn – denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist.

Den Schatz nicht verlieren

Das ist nun jedoch keine Bitte mehr, sondern eine konkrete Aufgabe für uns, an uns: das, was wir tun müssen, nicht Gott!
Und schließlich: Führe uns nicht in Versuchung!
Unser Leben ist manchmal so kompliziert, so undurchschaubar; es kommt uns so unbegreiflich hart vor, dass wir sogar unsern Glauben verlieren möchten – und damit den Schatz, zu Gott Vater sagen und uns mit Leib und Seele der fürsorglichen Liebe Gottes anvertraut wissen zu dürfen.
Davor bewahre uns!

„Lass uns deinen Namen Vater so ernst nehmen, dass wir uns an ihn klammern, auch dann noch, wenn wir uns im Treibsand unseres Lebens gänzlich verlassen vorkommen“

Lass uns deinen Namen Vater so ernst nehmen, dass wir uns an ihn klammern, auch dann noch, wenn wir uns im Treibsand unseres Lebens gänzlich verlassen vorkommen. Das erfleht die Bitte, vor Versuchung bewahrt zu bleiben.
Gott, der gute Vater, am Anfang wie am Ende. Sein Name ist die Seele des Vaterunsers.
Und jetzt können wir auch verstehen, woher Jesus in den beiden Gleichnissen von dem um Brot bittenden Freund und vom Vater, der seinem Sohn niemals eine Schlange statt des erbetenen Fisches geben würde –, woraus er da seine unumstößliche Gewissheit zieht, dass Gott sein und unser Gebet des Vaterunsers unverbrüchlich erhören wird.

Das Vaterunser: neu einüben

Er wird es erhören, weil wer so betet, sich selbst Gott ganz anheim gibt mit Leib und Seele. Jedes Gebet, das sich an das Grundmuster des Vaterunsers hält wird – nein: ist erhört. Darum haben wir so nötig, das Vaterunser wie hernach jeden Sonntag neu einzuüben und es jeden Tag zu beten.

 

(Radio Vatikan - Redaktion Claudia Kaminski)

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26. Juli 2025, 08:55