Srebrenica: Renovabis-Chef Thomas Schwartz ruft zu gemeinsamer Verantwortung
Mario Galgano - Vatikanstadt
?Srebrenica ist nicht nur eine Schuld der serbischen Armee, sondern auch ein Versagen der Völkergemeinschaft“, sagte Pfarrer Thomas Schwartz am Rande der zentralen Gedenkfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Massakers von Srebrenica gegenüber Radio Vatikan. Schwartz vertrat als einziger Repräsentant eines deutschen kirchlichen Hilfswerks die katholische Solidaritätsaktion Renovabis bei der Gedenkveranstaltung. Die Einladung der bosnischen Regierung sei für ihn auch eine Anerkennung des langjährigen Engagements von Renovabis im Westbalkan.
Seit 1994 unterstütze Renovabis in Bosnien und Herzegowina Projekte, die dem Dialog, dem Miteinander und der Versöhnung dienen sollen. Dazu gehörten etwa die ?14 Schulen für Europa“, Gesprächsformate zur Aufarbeitung der Gewaltgeschichte sowie zahlreiche Initiativen für multiethnische Zusammenarbeit. ?Renovabis hat immer wieder selbst die Initiative ergriffen“, so Schwartz. Ziel sei es, ?eine Zukunft friedlichen Zusammenlebens zu ermöglichen“.
Bewegende Rede
Besonders bewegend sei für ihn die Rede einer Mutter von Srebrenica gewesen. Die Frau habe Mann und Sohn im Völkermord verloren. ?Sie hat uns allen ins Gewissen geredet“, so Schwartz, ?dass Nationalismus, Faschismus, Menschenverachtung und Gewalt nicht das letzte Wort haben dürfen.“ Stattdessen müsse die Würde eines jeden Menschen im Zentrum der Gesellschaft stehen. Die Rede sei mit stehenden Ovationen gewürdigt worden – auch wenn viele ihre Worte nicht vollständig verstanden hätten.
Tiefe Betroffenheit äußerte Schwartz auch angesichts der Bestattung von sieben neu identifizierten Opfern, die nach 30 Jahren endlich ein Grab mit Namen erhalten hätten. ?Ihnen ist damit ein Stück Würde zurückgegeben worden – die Würde, nicht namenlos vergessen zu werden“, sagte Schwartz.
Kritik und Zeichen der Hoffnung
Kritisch äußerte sich der Renovabis-Chef zur Rede des türkischen Parlamentspräsidenten, der in seiner Ansprache israelfeindliche Parolen verbreitet habe. ?Das hatte nichts mit stillem Gedenken oder Würde zu tun“, so Schwartz. Besonders irritierend sei dies vor dem Hintergrund gewesen, dass die Türkei den Völkermord an den Armeniern bis heute leugne.
Trotz aller Spannungen habe es auch Zeichen der Hoffnung gegeben. Schwartz berichtete von der Begegnung mit einem hochbetagten serbisch-orthodoxen Metropoliten, der spontan die Delegation zum Gräberfeld begleitet habe. ?In seinem Gesicht habe ich gesehen, dass ihn das unendlich berührt hat, was geschehen ist“, sagte Schwartz. ?Ein einzelner Mann, der wie Salz in der Erde Hoffnung gibt, dass er nicht allein bleibt.“
Der Kampf um Würde, so Schwartz, sei nicht auf Srebrenica beschränkt. Die Mutter, die gesprochen habe, habe auch die Ukraine und das Heilige Land namentlich genannt. Überall dort, wo Menschen um ihr Überleben kämpfen müssten, sei Solidarität gefragt. ?Wir Christen dürfen nicht aufhören, die Stimme zu erheben – ob gelegen oder ungelegen.“ Renovabis werde sich auch in Zukunft für Versöhnung und Menschenwürde in Mittel-, Ost- und Südosteuropa einsetzen.
(vatican news)
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