Krautwaschl: Leo XIV. ist Nachfolger Petri und nicht von Franziskus
Krautwaschl betonte, dass jeder Papst eine eigene Mentalität, einen eigenen Charakter und theologische Besonderheiten mitbringe. Dies sei „auch gut so“, denn der neue Papst sei „nicht Nachfolger des Franziskus, sondern er ist Nachfolger des Petrus“. Es wäre deshalb „ein schlechter Rat“, wenn Leo XIV. sich einfach an seinem Vorgänger orientieren würde.
Persönliche Begegnung mit Leo XIV. als Kardinal
Krautwaschl berichtete über seine „berührende Begegnung“ mit dem damaligen Kurienkardinal Robert Francis Prevost, als dieser noch Leiter des Dikasteriums für die Bischöfe war. Bei ihrem Treffen, das die Ernennung eines Weihbischofs für die Diözese Graz-Seckau betraf, habe Prevost sich äußerst persönlich und aufmerksam gezeigt.
„Innerhalb von Sekunden habe ich das Gefühl gehabt, er ist wirklich ganz da und ganz bei mir“, erinnerte sich Krautwaschl. Prevost habe großes Interesse an der Lage der Kirche in Österreich gezeigt und sei „beglückt weggegangen“, weil er das Gefühl gehabt habe, in seinen Fragen wirklich gehört worden zu sein.
Politische Positionierung – Zeichen setzen ohne Worte
Moderator Wolfgang Geier fragte, ob sich Leo XIV. als Papst weiterhin kritische Äußerungen zur US-Politik leisten könne, wie er es zuvor als Kardinal tat. Krautwaschl antwortete, dass Leo „sicher Zeichen setzen“ werde, oft auch ohne Worte.
Er erinnerte an die erste Reise von Papst Franziskus nach Lampedusa, die eine klare Botschaft für Flüchtlinge und gegen Abschottungspolitik war. Gerade für Leo XIV., der aus dem Bettelorden der Augustiner stammt, sei eine „gestaffelte Nächstenliebe“ unvorstellbar.
Vielfalt in der Kirche als Stärke
In Bezug auf kirchliche Reformen verwies Krautwaschl auf die Praxis der verheirateten griechisch-katholischen Priester. Sie seien ein Beispiel für die Vielfalt der Kirche, die „nebeneinander gelebt wird und nicht zur Spaltung führt“. Dennoch sei die Kirche an einem Punkt, an dem es Fingerspitzengefühl brauche, um Veränderungen zu gestalten.
Die Weltsynode habe Arbeitsgruppen eingesetzt, die sich parallel zu ihrem Abschlussdokument mit umstrittenen Themen wie dem Diakonissinnenamt beschäftigen. Krautwaschl ist überzeugt, dass sich hier einiges bewegen wird.
Ein Papst als Brückenbauer
Krautwaschl, Theologin Regina Polak und Vatikan-Experte Heiner Boberski sind sich einig, dass Leo XIV. keine zusätzlichen Spannungen innerhalb der Kirche schaffen, sondern als integrativer Papst wirken werde.
Polak vermutet, dass Leo die von Franziskus begonnenen Reformen „rechtlich in trockene Tücher bringen“ wird. Er könne sich als Reformer verstehen, indem er den synodalen Prozess stärkt und den Raum des Zuhörens zwischen verschiedenen Gruppen erweitert.
Boberski zeigte sich überrascht über die Wahl eines US-Amerikaners. Die Kardinäle hätten sich über das ungeschriebene Gesetz hinweggesetzt, keinen Vertreter aus dem weltpolitisch mächtigsten Land zu wählen. Dennoch sei Leo XIV. eine Persönlichkeit, die nicht unbedingt mit Donald Trump im Einklang stehe. Die Wahl sei eher von der Person als von der Nationalität beeinflusst worden.
Polak betonte abschließend, dass die große Herausforderung für den neuen Papst nun darin liege, keine zusätzliche Polarisierung in den USA zu provozieren – denn „das wäre nämlich nicht gut“.
(kap - mg)
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