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Der Feigenbaum Der Feigenbaum 

Unser Sonntag: Verkündigung

Beim Gleichnis des Feigenbaums, so Nadja El Beheiri, geht es um die Verkündigung des Evangeliums - gelegen oder ungelegen. An den heiligen Joseph, den wir im März feiern, ist Gott jedenfalls immer in den unpassendsten Momenten herangetreten.

Prof. Dr. Nadja El Beheiri

Lukas 13,1-9

Das vorliegende Evangelium ist auf den ersten Blick nicht einfach zu verstehen.

Hier zum Nachhören

Es gehört zu jenen Abschnitten, in denen sich der Herr nicht nur als barmherzig zeigt, sondern auch auf die Gerechtigkeit hinweist. Gerechtigkeit – so definierten sie bereits die Philosophen und Juristen der Antike - besteht darin, jedem das zu geben, was ihm zusteht. Jesus nimmt eine Begebenheit zum Ausgangspunkt seiner Erzählung, die offensichtlich gerade in aller Munde war und mit der sich einige Leute auch an Jesus wandten.

Der tragische Bericht über die Galiläer

Das Evangelium präzisiert nicht, wer diese Leute waren. Im Mittelpunkt des tragischen Berichts stehen Galiläer – Landsleute im engeren Sinne sowohl des Herrn als auch des Petrus. Von Beruf waren sie oftmals Handwerker oder Fischer, ihr Dialekt des Armänischen unterschied sich von der in Jerusalem gesprochenen Art – bekannt ist ja, dass man Petrus beim Prozess Jesu an seinem Akzent erkannte. Die Galiläer standen auch im Ruf leidenschaftliche Menschen zu sein. Zur Zeit Jesu umfasste das Gebiet von Galiläa um die 200 Städte und Dörfer und hatte ungefähr 3 Millionen Einwohner. Viele Galiläer waren wohl zum Pascha-Fest nach Jerusalem gekommen und dort ereignete sich die Tragödie. Die Tatsache, dass das Massaker im Zusammenhang mit dem Opfern der Tiere geschehen ist, deutet darauf hin, dass dies vor dem Paschfest war, die einzige Zeit des Jahres, in der Nichtpriester ihre Opfer direkt darbrachten. Man liegt wohl nicht falsch, wenn man annimmt, dass das Ereignis sich genau ein Jahr vor der Leidensgeschichte des Herrn abgespielt hat.

„Pilatus wollte mit Mitteln aus dem Tempelschatz ein Aquädukt zur Wasserversorgung errichten lassen“

Der jüdische Historiker Flavius Josephus berichtet darüber, dass der Stadthalter, der damals bereits Pilatus war und schon bei anderen Gelegenheiten mit der einheimischen Bevölkerung in Konflikt geraten war, mit Mitteln aus dem Tempelschatz ein Aquädukt zur Wasserversorgung errichten lassen wollte. Es ist möglich, dass er diese Maßnahme sogar mit dem Synhedrion besprochen hatte. Das einfache Volk empörte sich jedenfalls über das Vorhaben, worauf Pilatus es mit höchster Brutalität niedermetzeln lies. Der Satz von der Vermischung des Blutes mit jenen der Opfertiere könnte allerding auch nur bildlich gemeint sein – und einfach nur für die ungerechte Tötung der Menschen stehen. Eine solche Bedeutung der Wendung findet sich in einigen Stellen des Alten Testaments.

Warum mussten die Galiläer sterben?

Es ist unklar, mit welcher Absicht die Berichterstatter Jesus aufgesucht haben. Möglich ist, dass sie eine politische Reaktion von ihm erwarteten. Ebenso denkbar ist jedoch, dass sie sich mit der tiefer gehenden Frage an ihn wandten, warum die Galiläer sterben mussten, obwohl sie doch für die Verteidigung des Tempels eingetreten sind. Aus dem Text der Heiligen Schrift sehen wir, dass sie auch der Gedanke beschäftigte, dass das Unglück, das den Galiläern geschehen ist als Strafe für ihre Sünden oder für die Sünden ihrer Vorfahren anzusehen ist.
Jesus vermeidet in seiner Antwort jeden direkten politischen Bezug und hebt die Erzählung auf eine ganz andere Ebene. Dabei erinnert er an ein vermutlich bereits länger zurückliegendes Unglück: den Einsturz eines Turmes, bei dem zahlreiche Menschen ums Leben kamen. Beide Ereignisse – der brutale Tod der Galiläer und der tragische Unfall – können als Beispiele für das Wirken einer höheren Gewalt verstanden werden.

Die Frage nach dem Leid

Es mögen uns Katastrophen der jüngeren Vergangenheit in den Sinn kommen, die auch für uns drängende Fragen aufwerfen. Warum müssen Menschen auf eine scheinbar unsinnige Weise sterben und warum hat es gerade sie getroffen? Zunächst unerwartet richtet Jesus seinen Blick auf die Einwohner Jerusalems. Von seiner Heimat im engeren Sinn lenkt er die Aufmerksamkeit auf die Heilige Stadt, einem Sinnbild für die Kirche, seinem eigentlichen Zuhause. Die Ablehnung durch Jerusalem schmerzt ihn zutiefst. Er hat sich die Bekehrung Jerusalems mit der ganzen Leidenschaft seines göttlichen Herzens gewünscht und so nimmt er die Erzählung zum Ausgangspunkt für eine allzeit gültige Ermahnung an die Menschheit.

Das Evangelium verkünden - gelegen oder ungelegen

Er veranschaulicht seinen Appell mit dem Gleichnis vom Feigenbaum. In Palästina trugen Feigenbäume zwei Mal im Jahr Früchte, zunächst im Juni und dann erneut im August. Die Zeit um das Paschafest war daher keine Saison für reife Feigen. Dennoch reagiert der Gärtner erzürnt und zeigt sich entschlossen, den Baum auszureißen. Die Begründung, die er gibt lautet – warum soll er dem Boden weiter seine Kraft nehmen. Die Kraft des Bodens symbolisiert die Lehre Christi. Wenn die Menschen diese empfangen, sie jedoch nicht in reife Frucht verwandeln, entziehen sie der Erde ihre Kraft. Dies gilt zur Zeit aber auch zur Unzeit. Paulus wird im Zweiten Brief an Timotheus sagen, dass es gilt das Evangelium zu verkünden – gelegen und auch ungelegen.

„Gott ist an Josef – rein menschlich betrachtet – eigentlich immer in den unpassendsten Momenten herangetreten“

Am 19. März hat die Kirche das Fest des Heilige Joseph gefeiert. In Joseph entdecken wir auch einen Heiligen, der es verstanden hat, dem Wort Gottes Folge zu leisten, auch wenn dies zu einem ungelegenen Zeitpunkt gekommen ist. Gott ist an Josef – rein menschlich betrachtet – eigentlich immer in den unpassendsten Momenten herangetreten. Unmittelbar bevor er seine Verlobte in sein Haus aufgenommen hat, musste er feststellen, dass sie ein Kind erwartet. Später musste er mit Maria kurz vor der Geburt ihres Sohnes zu einer Volkszählung nach Bethlehem reisen und nach der Geburt Jesu musste das junge Paar Hals über Kopf fliehen. Trotz allem erwiesen sich die Zeiten Gottes als Geschenk der Vorsehung. Was wäre etwa gewesen, wenn Maria noch nicht mit Joseph verlobt gewesen wäre. Der Mensch Jesus wäre ohne seinen Ziehvater geblieben. Durch die Geburt in Bethlehem erfüllte sich die Schrift und die Flucht rettete dem Gottmenschen das Leben.

„Papst Franziskus: Das geistliche Leben, das Josef uns zeigt, ist nicht ein Weg, der erklärt, sondern ein Weg, der annimmt“

Papst Franziskus sagt in dem Apostolischen Schreiben anlässlich des 150. Jahrestages der Erhebung des Heiligen Joseph zum Schutzpatron der ganzen Kirche: Das geistliche Leben, das Josef uns zeigt, ist nicht ein Weg, der erklärt, sondern ein Weg, der annimmt. Nur von dieser Annahme her, von dieser Versöhnung her können wir auch eine größere Geschichte, einen tieferen Sinn erahnen. Das Annehmen des Willens Gottes kann auch für uns immer wieder ein Weg sein, um den tieferen Sinn von Ereignissen zu erkennen, die zunächst allem menschlichen Verstehen zu widersprechen scheinen.
Auch im heutigen Evangelium gibt es einen Arbeiter, der den Herrn überzeugt, den Feigenbaum noch nicht auszureissen. Vielleicht trägt er in Zukunft Frucht. Gott verliert sein Vertrauen in den Menschen nicht. Er gibt ihm immer wieder eine Möglichkeit zur Umkehr. Ein sicherer Fürsprecher auf diesem Weg ist der Heilige Joseph.

(Radio Vatikan - Redaktion Claudia Kaminski)
 

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22. März 2025, 09:26