D: Studie zu Missbrauch im Erzbistum Paderborn verzögert sich
Die Verzögerung sei auf mehrere Faktoren zurückzuführen: Zum einen dauere die Sichtung und Verarbeitung des Materials länger als erwartet, zum anderen habe sich herausgestellt, dass es mehr Quellen gibt als zunächst angenommen. Zudem seien rechtliche Prüfungen notwendig, die den Zeitplan zusätzlich beeinflussen.
Nicole Priesching, Theologin und Kirchenhistorikerin, die das Projekt gemeinsam mit der Historikerin Christine Hartig leitet, erklärte, dass die zusätzlichen Quellen eine vertiefte Analyse ermöglichen. „Das Handeln des Paderborner Leitungspersonals und die Situation von Betroffenen können vor dem Hintergrund gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen betrachtet werden, was auch diözesanübergreifend von Relevanz ist“, so Priesching.
Zwischenbericht
Bereits der erste Zwischenbericht der seit 2020 laufenden unabhängigen Studie, die vom Erzbistum Paderborn gefördert wird, hatte im Dezember 2021 für Empörung gesorgt. Darin wurde den früheren Erzbischöfen Lorenz Jaeger (1941–1973) und Johannes Joachim Degenhardt (1974–2002) gravierendes Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchstätern attestiert. Sie hätten beschuldigte Geistliche geschützt, ihnen teils schriftlich Mitgefühl bekundet und keine Fürsorge für die Betroffenen gezeigt. Täter seien wiederholt versetzt worden, wodurch man „in Kauf genommen habe, dass sich Dinge wiederholen“, erklärte Priesching damals. In einigen Fällen seien auf Bewährung verurteilte Täter entgegen Vereinbarungen mit Staatsanwaltschaften erneut in Gemeinden eingesetzt worden.
Auch Gesellschaft schaute weg
Die Forscherinnen betonten, dass nicht nur die Kirche, sondern auch die Gesellschaft systematisch weggeschaut habe. Weder kirchliche noch staatliche Institutionen hätten erkannt, dass Kinder auch von Taten unterhalb der Vergewaltigung Schaden nehmen. Eltern hätten ihren missbrauchten Kindern oft nicht geglaubt, und Strafanzeigen seien häufig von Ermittlungsbehörden abgewiesen worden, die den Kindern sogar gedroht hätten. Gemeindemitglieder hätten sich zudem oft für beschuldigte Geistliche eingesetzt.
Ein weiteres Forschungsprojekt unter der Leitung von Priesching untersucht seit 2023 die Amtszeit von Erzbischof Hans-Josef Becker (2002–2022). Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden erst zu einem späteren Zeitpunkt erwartet.
(pm/kna - mg)
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