Schweden: Kirche will Minderheiten sprachlich integrieren
?Wir sprechen über die Sprache des Herzens“, sagte Pfarrerin Lena Tjärnberg der Nachrichtenagentur ap. ?Es ist sehr wichtig, dass man einige Wörter in seiner eigenen Sprache hören kann.“ Die historische Holzkirche von Kiruna aus dem Jahr 1912 hat in den letzten Tagen für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt, weil sie umgezogen ist. Mit ihr wurde die ganze Ortschaft um fünf Kilometer verlegt, da die größte unterirdische Eisenerzmine der Welt zu nahe an sie herangeraten ist.
Die lutherische Gemeinde in Kiruna pflegt von jeher – anders als die lutherische Kirche Schwedens insgesamt – ein gutes Verhältnis zu den Samen. Das Kirchengebäude ist in samischem Stil erbaut, ihr Altarbild zeigt eine Naturszene, das an die samische Spiritualität erinnert. Schwedens lutherische Kirche war historisch an der rassistischen Kampagne des Landes gegen Europas einziges anerkanntes indigenes Volk beteiligt. Die Kultur, Traditionen und Sprachen der Samen wurden jahrzehntelang unterdrückt.
Das Drama der ?Nomadenschulen“
Ab 1913 betrieben Kirche und Staat sogenannte ?Nomadenschulen“, also obligatorische, nach Rassen getrennte Internate, in denen samische Kinder bis in die 1960er Jahre Rassismus, Mobbing und Missbrauch erlebten. Im Jahr 2021 sprach die lutherische Erzbischöfin die erste von zwei formellen Entschuldigungen an das Volk der Samen für die Rolle der Kirche bei ihrer Unterdrückung aus.
?Innerhalb der Schwedischen Kirche wurde die samische Spiritualität verachtet. Anstatt das Bild Gottes in unseren samischen Schwestern und Brüdern anzuerkennen, versuchten wir, sie nach dem Bild der Mehrheitskultur umzugestalten“, sagte Erzbischöfin Antje Jackelén damals. ?Wir haben Ihre offensichtliche Beziehung zum Schöpfer und zum Land nicht erkannt.“ Eine 2021 von der schwedischen Regierung eingesetzte Wahrheitskommission soll sich mit dem anhaltenden Trauma der Nomadenschulen für die Samen befassen und ihre Arbeit bis zum 1. Dezember abschließen.
An einem typischen Sonntag vor dem Umzug des Gebäudes saßen – so berichtet ap – 40 bis 50 Menschen in den Kirchenbänken von Kiruna. Anna-Kristina Simma, eine Gläubige, die dem Volk der Samen angehört, sagte, die Holzkirche sei ein zentraler Bestandteil im Leben eines jeden Menschen in diesem Teil Schwedisch-Lapplands, selbst wenn man nicht wöchentlich zum Gottesdienst gehe. ?Man beginnt als Kind, als Baby, und das ganze Leben lang, bis man alt wird“, sagte sie.
Monica Nutti Blind, eine Diakonin der Kirche, die ebenfalls dem Volk der Samen angehört, sagte, die Architektur der Kirche erinnere sie an die Jahreszeiten in der Gegend. Das dunkle Holz im Inneren sei wie die langen, dunklen Winter in Nordschweden, sagte sie, aber durch die Fenster erhelle die Mitternachtssonne des Sommers alles. ?Wenn man in der Kirche nach oben schaut, sieht man das Licht, das an den Frühling erinnert, und und die Vegetation“, sagte sie.
(ap – sk)
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