Lutherischer Weltbund: ?Franziskus war ein Brückenbauer“
?Sein Vermächtnis wird vielen in Erinnerung bleiben, auch in Bezug auf die Art und Weise, wie er Frauen gestärkt hat und wie er sie wirklich in Entscheidungsprozesse einbezogen hat.“ Das sagt uns die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB), Anne Burghardt. ?Das war für viele sehr inspirierend, nicht nur für römische Katholiken, sondern auch für viele andere Christen.“
Die lutherische Pfarrerin aus Estland ist, seit November 2021, die erste Frau und überhaupt die erste Person aus Mittel- und Osteuropa, die an der Spitze des LWB steht. ?Ich habe ihn immer als sehr zugänglich, sehr aufmerksam und sehr aufgeschlossen erlebt“, sagt sie in unserem Interview über den verstorbenen Papst. ?Es war für viele sehr inspirierend, zu sehen, wie die Synode geführt wurde und wie Frauen nicht nur das Wort ergreifen durften, sondern auch Stimmrecht erhielten.“
Was die ökumenischen Bemühungen des verstorbenen Papstes betrifft, speziell seine Betonung des ?gemeinsamen Weges“ als Grundlage für die Einheit der Christen, verweist Burghardt auf die laufenden theologischen Gespräche zwischen Lutheranern und Katholiken. ?Ich bin sehr froh, dass wir nun Anfang nächsten Jahres die sechste Phase unseres Dialogs beginnen können. Meine Hoffnung ist, dass wir genau diesen ?gemeinsamen Weg‘, wie ihn Papst Franziskus so oft beschrieben hat, weitergehen können.“
Der Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes hat es gefallen, dass Franziskus dem laufenden Heiligen Jahr das Motto ?Pilger der Hoffnung“ gegeben hat. Diese Botschaft sei zentral für den Auftrag ihres Verbands – auch für das bevorstehende Gedenken an den 500. Jahrestag des Augsburger Bekenntnisses im Jahr 2030.
Ökumene ?ist fast wichtiger denn je“
Zum Vermächtnis des verstorbenen Papstes sagt uns Anne Burghardt: ?Eines seiner stärksten Vermächtnisse ist sicherlich sein Aufruf zur Einheit - nicht nur zur Einheit der Christen, sondern dazu, in jedem Menschen, dem wir begegnen, ein Geschwister zu erkennen. Ich denke, dass sein Wille, Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten zusammenzubringen, in einer Zeit, in der die Polarisierung in fast allen Gesellschaften überhand zu nehmen scheint, ein extrem starkes Vermächtnis ist, und ich hoffe, dass wir in diesem Geist weitergehen können.“
In einer zunehmend gespaltenen Welt komme es immer stärker auf die Ökumene an. ?Sie ist fast wichtiger denn je! Die Entscheidung des verstorbenen Papstes, sich selbst in erster Linie als ?Bischof von Rom‘ zu bezeichnen, hat es für viele andere Christen leichter gemacht, sich um seine Rolle herum zusammenzufinden. Ich hoffe, dass dieser Aspekt auch weiterhin betont wird.“
Vieles von dem, was Papst Franziskus getan habe, entspreche der ?Stimme des Evangeliums“: die Aufmerksamkeit für die Unterdrückten vor allem, für die Menschen am Rand. Auf diesem Weg gelte es weiterzugehen.
Der Papstbesuch in Schweden - ein Meilenstein
Gern erinnert sich die Pfarrerin an den historischen Besuch von Franziskus in den schwedischen Städten Lund und Malmö im Jahr 2016; der Papst nahm dort als erster Pontifex in der Geschichte an einem Reformationsgedenken teil. ?Das war ein Meilenstein. Die Fähigkeit, zusammenzukommen und gemeinsam eine Geschichte zu erzählen, die so oft mit widersprüchlichen Narrativen erzählt worden war – das war ein starkes Zeichen der Versöhnung.“
Fragt man sie zu ihrer Hoffnung für die Zukunft der katholisch-lutherischen Ökumene, sagt die LWB-Generalsekretärin: ?Meine Hoffnung wäre, dass wir weiterhin auf dem Weg der Annäherung gehen, indem wir den einen Heiligen Geist anerkennen, der der Kirche geschenkt wurde. Ich hoffe außerdem, dass wir künftig auch schwierige Themen diskutieren, wenn es nötig ist, und Räume schaffen, in denen unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen können - immer unter dem Gesichtspunkt der Einheit und nicht dessen, was uns trennt.“
Das Interview mit Anne Burghardt führte Linda Bordoni von Radio Vatikan.
(vatican news – sk)
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