Brasilien: 38 Jahre nach Jesuiten-Mord ist Urteil rechtskr?ftig
Ein Urteil gegen den ehemaligen Polizisten Ronaldo Osmar, der bereits 2017 für schuldig befunden worden war, ist rechtskräftig geworden. Gegen Osmar wurde ein Haftbefehl erlassen, wie das spanischsprachige Portal infocatolica.com am Sonntag (Ortszeit) berichtete. Allerdings hängt der Vollzug der Strafe von seinem gesundheitlichen Zustand ab, da Osmar mittlerweile angeschlagen ist.
Vicente Cañas, 1939 im spanischen Alborea (Albacete) geboren, widmete sein Leben den indigenen Völkern Brasiliens. Mit 22 Jahren trat er ins Jesuiten-Noviziat ein und kam 1966 als Missionar nach Brasilien. Zwei Jahre später erreichte er den Bundesstaat Mato Grosso. Dort nahm er 1974 erstmals Kontakt zu den bis dahin isoliert lebenden Enawenê-Nawê auf. Er verbrachte zehn Jahre unter ihnen, lernte ihre Sprache, übernahm ihre Lebensweise und wurde von ihnen als einer der ihren angenommen – als ?einer, der Enawenê-Nawê wurde“. Vor Ort war er unter dem Namen ?Kiwxi“ bekannt.
Unermüdlicher Einsatz
Cañas' unermüdlicher Einsatz galt der offiziellen Anerkennung des angestammten Landes der Enawenê-Nawê. Dieser Kampf brachte ihn in direkten Konflikt mit den mächtigen Interessen großer Rinderzüchter und Holzfirmen, die das indigene Gebiet wirtschaftlich ausbeuten wollten. Nach zahlreichen Drohungen wurde Vicente Cañas im April 1987 in seiner Hütte, rund 60 Kilometer vom Dorf entfernt, ermordet – vermutlich am 6. oder 7. April. Sein Leichnam wurde erst nach über einem Monat entdeckt und wies Spuren schwerer Folter auf.
Die Aufklärung des Falls war über Jahre hinweg von erheblichen Verzögerungen geprägt. Eine entscheidende Rolle bei der Verschleppung spielte ausgerechnet der nun verurteilte Ronaldo Osmar, der zunächst selbst als ermittelnder Polizeibeamter eingesetzt war. Erst durch die Übertragung des Falls an die Bundesjustiz konnte eine Verurteilung erreicht werden. Ausschlaggebend für den Prozess waren die Aussagen von Angehörigen der Rikbaktsa, eines benachbarten indigenen Volkes. Die Enawenê-Nawê selbst konnten aufgrund eines kulturellen Tabus, das das Sprechen über Verstorbene verbietet, nicht vor Gericht aussagen.
Für viele in der Amazonas-Kirche gilt Vicente Cañas heute als Märtyrer. Sein Schicksal wird oft mit dem der US-Ordensfrau Sr. Dorothy Stang (1931-2005), einer engen Mitarbeiterin von Amazonas-Bischof Erwin Kräutler, oder P. Josimo Tavares (1953-1986) verglichen. Sebastião Carlos Moreira vom Indigenenmissionsrat CIMI würdigte Cañas als ?einen Menschen mit Rückgrat, einfach, herzlich und kompromisslos im Glauben“. Er sei ?aus Liebe zum Evangelium und zu seinen indigenen Brüdern“ gestorben. Das rechtskräftige Urteil, fast vier Jahrzehnte nach dem Verbrechen, stellt einen wichtigen, wenn auch späten, Schritt zur Gerechtigkeit für Vicente Cañas und die indigenen Völker dar, für die er sein Leben gab.
(kap/kna - mg)
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