Frankreich: ?Man muss weiterhin darüber sprechen“
Laut der nationalen unabhängigen Instanz für Anerkennung und Entschädigung, kurz INIRR, haben sich innerhalb der vergangenen drei Jahre 1580 Personen bei der unabhängigen Stelle, die mit Wiedergutmachung und Entschädigung für Missbrauchsbetroffene beauftragt ist, gemeldet (Stand: 24. März). 1235 Personen würden begleitet, darunter mit 66 Prozent überwiegend Männer mit einem Durchschnittsalter von 61 Jahren, hieß es.
Die INIRR war von den französischen Bischöfen Ende 2021 als unabhängige Stelle in Auftrag gegeben worden, um Betroffenen, die als Minderjährige zu Opfern wurden, beizustehen. Mit ihrer Einrichtung wird eine der Empfehlungen der CIASE-Kommission umgesetzt, die sich in Frankreich seit 2019 unabhängig um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen im kirchlichen Bereich kümmert.
Mehr Anfragen
Bereits 2022 seien die Anfragen nach Anerkennung und Entschädigung durch Überlebende mit 1136 zahlreich gewesen, sagte die INIRR-Vorsitzende Marie Derain de Vaucresson am Dienstag bei einer Pressekonferenz, bei der der Bericht der Anerkennungsstelle vorgestellt wurde. In den vergangenen Monaten seien die Gesuche allerdings noch einmal angestiegen. Das sei auf das Medienecho in Frankreich auf die Gewalt an der katholischen Internatsschule Notre-Dame de Bétharram, aber auch auf Enthüllungen über den Emmaüs-Gründer Abbé Pierre zurückzuführen.
Im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen, die sich an der bekannten Internatsschule Notre-Dame de Bétharram zwischen 1957 und 2004 ereignet haben sollen, wurden im Februar in Frankreich drei Männer festgenommen. Dem bereits verstorbenen Armen-Priester Abbé Pierre, der als Ikone des sozialen Engagements in Frankreich galt, wird Missbrauch im Zeitraum 1970 und 2005 vorgeworfen. Die Fälle schlagen in Frankreich hohe Wellen.
Verschiedene Maßnahmen
Neben finanzieller Entschädigung, die bis zu 60.000 Euro betragen kann, hat die INIRR weitere Maßnahmen entwickelt. Dazu gehört zum Beispiel die Wiederherstellung von Dialog, etwa zwischen Betroffenen und kirchlichen Stellen. Im Jahr 2024 seien solche nicht-finanziellen Maßnahmen zweihundertmal durchgeführt worden, hieß es.
INIRR-Vorsitzende Marie Derain de Vaucresson betonte bei der Pressekonferenz, dass die Arbeit ihrer 40 Mitarbeiter sehr arbeitsaufwendig, aber unerlässlich sei, um Betroffenen Unterstützung zukommen zu lassen. ?Man muss weiterhin darüber sprechen“, betonte die Beauftragte. ?Auch wenn die Anfragen versiegen, kommen immer noch neue hinzu und werden immer neue hinzukommen.“ Bei der Anerkennung des Leids habe es zahlreiche Fortschritte gegeben, zugleich gebe es noch mehr zu tun: ?Man sieht sehr engagierte Bischöfe“, so Marie Derain de Vaucresson, ?aber ich kann nicht sagen, dass es die Gesamtheit der Bischöfe oder gar die Gesamtheit der Kirche ist“, bedauerte sie.
Das ursprüngliche Mandat der Anerkennungsstelle INIRR war auf drei Jahre angelegt und ist bis zunächst Juni 2026 verlängert worden.
(vatican news – pr/mit Infos von Jean-Benoît Harel, Vatican News)
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