Parolin: Israels Verantwortung, bei Beschuss keine ?Fehler“ zu machen
Laut der Untersuchung nach dem Vorfall auf dem Gelände der katholischen Gemeinde von Gaza, in dessen Folge drei Menschen ums Leben gekommen waren, habe es sich um einen ?Fehler“ der israelischen Armee gehandelt. Man habe keine Gelegenheit gehabt, eigene unabhängige Untersuchungen durchzuführen, so dass man diese Bewertung durch die israelische Regierung und Armee ?als gegeben“ hinnehmen müsse, so Kardinal Parolin gegenüber Journalisten.
?Wir bestehen jedoch darauf, dass man aufmerksam sein muss, denn der Eindruck ist, dass solche Fehler sich oft wiederholen. Daher muss besonders darauf geachtet werden, dass Kultstätten und humanitäre Einrichtungen nicht erneut von Gewalt getroffen werden“, betonte der Kardinal am Rand eines Heilig-Jahr-Treffens für katholische Influencer in Vatikannähe am Montag.
?Es ist Israels Verantwortung, Wege zu finden, um sicherzustellen, dass solche Fehler nicht noch einmal passieren. Ich glaube, wenn man will, kann man einen Weg finden.“
Auf Emmanuel Macrons Vorschlag zur Anerkennung Palästinas als Staat angesprochen, erklärte der Chefdiplomat des Papstes: ?Für uns ist das die Lösung. Die Anerkennung zweier Staaten, die Seite an Seite leben – eigenständig, aber auch in Zusammenarbeit und Sicherheit.“
Dies sei für die Vatikandiplomatie stets die bestmögliche ?Formel“ gewesen, so Parolin weiter. Der Heilige Stuhl hat Palästina bereits im Jahr 2015 offiziell als Staat anerkannt. Er glaube, dass auch andere G7-Länder und die EU diesen Weg gehen sollten, denn zwar möge es andere Vorschläge geben, doch seien diese nicht immer umsetzbar, gab der Kardinal zu bedenken. Eine Anerkennung sei jedenfalls keineswegs ?verfrüht“, wie mancher Kritiker der Lösung behaupte:
?Unserer Ansicht nach führt der Weg über einen direkten Dialog zwischen den beiden Parteien hin zur Gründung zweier eigenständiger Staaten. Natürlich wird es immer schwieriger, vor allem angesichts der aktuellen und sich weiter verschärfenden Situation im Westjordanland. Auch in den vergangenen Monaten, mit den israelischen Siedlungen und weiteren Vorfällen – das trägt ganz sicher nicht dazu bei, die Schaffung eines palästinensischen Staates praktisch zu ermöglichen.“
Hoffnung lege er in diesem Zusammenhang auch auf die am Montag startende mehrtägige Konferenz in New York, die von Frankreich und Saudi-Arabien organisiert wurde, um praktische Wege zur Umsetzung einer solchen Lösung zu finden: ?Hoffen wir, dass sie Früchte trägt“, so Parolin.
Enge Zusammenarbeit mit dem Patriarchat
Er stehe jedenfalls in ständigem Kontakt mit dem lateinischen Patriarchen in Jerusalem, der ihn über alle Schritte informiere, die er unternehme, und mit dem eine enge Zusammenarbeit bestehe. Was die jüngsten Hilfslieferungen in Gaza betreffe, so könne er nicht sagen, ob die humanitäre Hilfe insgesamt jetzt zugelassen sei:
?Ich weiß nur, was in den Zeitungen steht. Ich hoffe es – ich hoffe wirklich, dass es so ist, denn die Situation in Gaza ist untragbar. Wie viele internationale Organisationen anprangern, ist dort jetzt eine neue Waffe im Einsatz: Hunger, also Hungersnot und Lebensmittelmangel.“
Vatikan kein neutraler Ort für Friedensgespräche?
Bei dem kurzen Austausch mit Journalisten kommentierte der Staatssekretär auch die russische Einschätzung, der Vatikan sei kein neutraler Ort für Verhandlungen, um den Krieg gegen die Ukraine friedlich zu beenden:
?Ich verstehe, dass das für sie ein Problem sein könnte – sie erklärten ja auch, dass es sich um zwei orthodoxe Länder handelt. Dass diese dann einzig im Rahmen einer katholischen Institution zueinanderfinden sollen, kann gewisse Schwierigkeiten bereiten. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass man dem Vatikan vorwerfen kann, nicht neutral zu sein. Wir haben stets versucht – auch wenn wir die Dinge beim Namen genannt haben – beiden Seiten beizustehen und vor allem zu helfen, einen Weg zur Lösung des Konflikts zu finden.“
Was das Treffen vom Außenbeauftragten der russischen Orthodoxie, Metropolit Antonij, mit Papst Leo am Samstag angehe, so habe er keine Informationen darüber, wie dieses konkret gelaufen sei: ?Ich denke aber, dass das Treffen an sich positiv ist, denn es ist wichtig, miteinander zu sprechen und den Kontakt aufrechtzuerhalten. Das kann helfen, die Beziehungen zum Moskauer Patriarchat nach und nach wieder herzlicher und konstruktiver zu gestalten.“ Vor dem Treffen hatte sich Antonij skeptisch über einen neutralen Vermittlungsort Vatikan gezeigt.
Angriff in der DR Kongo besorgt
Auch der islamistisch motivierte Angriff auf die christliche Kirche in der Demokratischen Republik Kongo am vergangenen Sonntag war Thema bei dem kurzen Austausch mit Journalisten. Diese Attacke sei ein ?gefährliches Signal“ bis hin nach Syrien, zeigte sich Kardinal Parolin besorgt. Bei den Tätern handele es sich um eine Gruppierung, die ?im Grunde ein Ausdruck des islamischen Dschihad“ sei, welcher sich ?mit Gewalt und Zwang“ durchsetze: ?Das ist also ein weiteres Problem in einer Region, die ohnehin schon von vielen Konflikten ethnischer, kultureller und sozio-politischer Natur betroffen ist. Wenn sich dann auch noch ein religiöser Aspekt hinzugesellt, verschärft das die Lage zusätzlich.“
Bei dem Angriff auf die im Osten Kongos gelegene Stadt Komanda kamen über 40 Menschen ums Leben, viele von ihnen Christen, die sich zu einer Gebetswache versammelt hatten. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist in Folge des Angriffs mittlerweile aus der Stadt geflohen, berichten Medien.
(vatican news - cs)
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