?Die Kultur des Schutzes muss selbstverst?ndlich werden“
Jean-Charles Putzolu und Mario Galgano - Vatikanstadt
Papst Leo XIV. hat Erzbischof Thibault Verny zum Präsidenten der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen ernannt. Das teilte an diesem Samstag das vatikanische Presseamt mit. Der französische Bischof von Chambéry sowie von Maurienne und Tarentaise folgt auf Kardinal Sean O’Malley, der mit Erreichen der Altersgrenze von 80 Jahren sein Amt niedergelegt hat. Verny bleibt zugleich in seiner diözesanen Verantwortung in Frankreich tätig.
Verny war bis Juni Vorsitzender des Rates zur Prävention und Bekämpfung von sexuellem Missbrauch bei der Französischen Bischofskonferenz. Zuvor hatte er im Erzbistum Paris sowie auf nationaler Ebene eine zentrale Rolle im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker übernommen. Dabei stand er in engem Austausch mit Betroffenen und arbeitete mit Justiz und Zivilgesellschaft zusammen, um verbindliche Protokolle für das Vorgehen in Missbrauchsfällen zu etablieren.
Demut und Schwere
?Drei Worte kamen mir in den Sinn: Demut angesichts der Bedeutung und Schwere der Aufgabe, Dankbarkeit gegenüber dem Heiligen Vater für das Vertrauen und gegenüber Kardinal O’Malley für seine Arbeit, und schließlich Entschlossenheit, diesen Weg weiterzugehen“, sagte Verny in einem Interview mit den vatikanischen Medien.
Die französische Erfahrung mit der unabhängigen Missbrauchskommission CIASE, dem daraus hervorgegangenen Bericht unter Leitung von Jean-Marc Sauvé sowie der Gründung des INIRR, einer Anlaufstelle zur Entschädigung von Betroffenen, sieht Verny als Modell, das nun auch der Weltkirche zugutekommen könne.
Vertiefung des bereits begonnenen Weges
Als Prioritäten der Kommission nennt Verny die Vertiefung des bereits begonnenen Weges: die Auswertung des jährlichen Tätigkeitsberichts, die Unterstützung bedürftiger Ortskirchen und die Weiterentwicklung der ?Memorare“-Initiative, die den Fokus auf die Begleitung von Betroffenen legt. Außerdem sei ein Leitfaden zur Begleitung und zum Schutz Minderjähriger in Arbeit. Besonders wichtig sei ihm die internationale Vernetzung: ?Zu oft arbeitet jedes Land für sich. Es ist notwendig, sich gegenseitig zu stützen und Erfahrungen zu teilen.“
Zugleich betont Verny die Rolle der lokalen Strukturen. Die Kommission verstehe sich nicht als Ersatz, sondern als Impulsgeber zur Sensibilisierung von Bischofskonferenzen und Ordensgemeinschaften weltweit. Dabei sei es entscheidend, dass auch Betroffene selbst oder deren Angehörige in der Kommissionsarbeit mitwirken: ?Ihre Erfahrung ist unersetzlich.“
Berechtige Forderung der Gesellschaft
Mit Blick auf die gesellschaftlichen Erwartungen gegenüber der Kirche spricht Verny von einer ?berechtigten Forderung nach Vorbildlichkeit“ – nicht von einer feindseligen Haltung. Es brauche die Anerkennung der Wahrheit und eine Kultur der Demut. Nur so könne das Evangelium glaubwürdig verkündet werden.
Die Frage nach der wiederhergestellten Glaubwürdigkeit der Kirche beantwortet Verny vorsichtig: ?Vertrauen lässt sich nicht verordnen. Es muss Tag für Tag neu erworben werden.“ Der Wille, zur Tagesordnung überzugehen, dürfe nicht den fortwährenden Einsatz für die Wahrheit und den Schutz der Minderjährigen verdrängen. ?Nur unter dieser Bedingung wird das Evangelium gehört und geglaubt werden.“
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