Im Vatikan: Das Dikasterium für Gesetzestexte
Amedeo Lomonaco – Vatikanstadt
Wie ein juristisches Prinzip besagt, muss das Recht der Lebenswirklichkeit folgen. Das Dikasterium für Gesetzestexte fördert und verbreitet insbesondere die Kenntnis und Annahme des kanonischen Rechts der lateinischen Kirche und der Ostkirchen innerhalb der Kirche und unterstützt seine korrekte Anwendung. , Sekretär ist Juan Ignacio Arrieta Ochoa de Chinchetru – als Untersekretär fungiert der deutsche Salesianer Markus Graulich.
Zuständigkeiten
Das Dikasterium für Gesetzestexte erfüllt seine Aufgaben in erster Linie im Dienst des Papstes, des ?obersten Gesetzgebers“. Laut der Apostolischen Konstitution ist es Aufgabe dieses Dikasteriums, die authentische Interpretation der kirchlichen Gesetze zu liefern. Diese wird in spezifischer Form vom Papst genehmigt, nachdem in besonders wichtigen Fragen zuvor die kurialen Institutionen und die zuständigen Stellen der Römischen Kurie angehört wurden.
Das Dikasterium untersucht das geltende Recht der lateinischen Kirche und der Ostkirchen und prüft auf der Grundlage praktischer Erfahrungen mögliche Gesetzeslücken (lacunae legis). Daraufhin unterbreitet es dem Papst geeignete Vorschläge zu deren Behebung.
Dabei steht es im Kontakt mit verschiedenen kirchlichen Instanzen, insbesondere mit den anderen Dikasterien der Römischen Kurie und den Bischofskonferenzen weltweit, um den Bedarf möglicher Gesetzesänderungen zu erkennen oder Anregungen aufzunehmen. Besonderes Augenmerk gilt der korrekten kanonischen Praxis, damit das kirchliche Recht angemessen verstanden und richtig angewandt wird.
Geschichtlicher Überblick
Das Dikasterium für Gesetzestexte entstand im Zusammenhang mit der Kodifizierung des kanonischen Rechts im Jahr 1917. In diesem Jahr führte Benedikt XV. mit dem pstliche Kommission für die authentische Interpretation des Kodex des kanonischen Rechts ein:
?Nach dem Beispiel unserer Vorgänger, die die Interpretation der Dekrete des Konzils von Trient einem speziellen Gremium von Kardinälen anvertraut haben – so heißt es in diesem Dokument –, errichten wir einen Rat oder eine Kommission, der das ausschließliche Recht zusteht, sich zur authentischen Auslegung der Kanones des Kodex zu äußern.“
Papst Johannes XXIII. gründete 1963 die Päpstliche Kommission zur Überarbeitung des Kodex des kanonischen Rechts, um in Übereinstimmung mit den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils die Reform des von Benedikt XV. promulgierten Kodex' vorzubereiten.
1967 errichtete Paul VI. die Päpstliche Kommission für die Interpretation der Dekrete des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Johannes Paul II. schuf mit dem Motu Proprio vom 2. Januar 1984 die Päpstliche Kommission für die authentische Interpretation des Kodex des kanonischen Rechts.
Mit der Apostolischen Konstitution wurde die Kommission in den Päpstlichen Rat für Gesetzestexte mit erweiterten Kompetenzen umgewandelt.
Mit der Apostolischen Konstitution Praedicate Evangelium, die Pastor Bonus ablöste und am 5. Juni 2022 promulgiert wurde, wurde aus dem Päpstlichen Rat für Gesetzestexte das Dikasterium für Gesetzestexte.
Recht, Barmherzigkeit und Nächstenliebe
Für die Mitarbeit im Dikasterium sind juristische Kompetenzen unabdingbar. Ein akademischer Grad im kanonischen Recht ist Voraussetzung, ebenso wie die Kenntnis verschiedener moderner Sprachen zusätzlich zum Lateinischen, um Anfragen aus verschiedenen Ländern bearbeiten zu können. In der Regel verfügen die Beamten, die im Dikasterium arbeiten, bereits über Erfahrungen im kirchlichen Rechtsbereich, etwa durch Tätigkeiten in Diözesen oder in religiösen Instituten, die ein Wissen über das Kirchenrecht voraussetzen.
Zu den fachlichen Kompetenzen kommt ein spezifischer Blick hinzu: Die Förderung der Kenntnis des kanonischen Rechts bedeutet vor allem, zu verstehen, dass dieses Recht sich von anderen Rechtssystemen unterscheidet. Es gründet auf dem Naturrecht und dem göttlichen Gesetz, die letztlich als die Maßstäbe der Gerechtigkeit gelten, denen die kirchliche Autorität zu folgen hat. Deshalb stattet das kanonische Recht die Autorität mit allen notwendigen Mitteln aus, um die Strenge und die Anforderungen des Gesetzes im konkreten Fall der Gerechtigkeit anzupassen.
Vor allem aber ist das kanonische Recht von einem ständigen Aufruf durchdrungen: die Anforderungen von Nächstenliebe und Barmherzigkeit bei der Anwendung des Gesetzes nicht zu vergessen. Wie ein dem heiligen Thomas von Aquin zugeschriebenes Zitat betont: ?Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit ist die Mutter der Auflösung, Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist Grausamkeit.“
(vatican news)
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