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Thomas Schwartz, Hauptgesch?ftsführer von Renovabis Thomas Schwartz, Hauptgesch?ftsführer von Renovabis 

Renovabis: ?Ukraine droht zu vergessenem Krieg zu werden“

Thomas Schwartz, Leiter der katholischen Solidarit?tsaktion Renovabis, warnt davor, den Krieg in der Ukraine aus dem Blick zu verlieren. Dies k?me einer unterdrückerischen Agenda zugute, so Schwartz im Gespr?ch mit uns in Rom. Der deutsche Priester war für die an diesem Montag beginnende Vollversammlung der ROACO angereist – der am Ostkirchen-Dikasterium angesiedelten Vereinigung von Hilfswerken aus verschiedenen L?ndern für die Ostkirchen.

Thomas Schwartz, was genau ist Ihre Sorge mit Blick auf die Ukraine?

Thomas Schwartz: Die Ukraine droht zu einem Gebiet zu werden, das durch die Vielzahl gegenwärtiger Krisen – man denke an den Iran-Israel-Krieg, den Gaza-Streifen und die dortige israelische Invasion – aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt wird. Russland hält sich derzeit auffällig zurück in der öffentlichen Kommunikation und zeigt zugleich Solidarität mit dem Iran. Meines Erachtens hängt das auch damit zusammen, dass Russland die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf andere Kriegsschauplätze als Chance sieht: Sie können in diesem Schatten agieren, ohne wahrgenommen zu werden, und die Menschen in der Ukraine erneut in besonderer Weise bedrohen und terrorisieren.

?Sie erwarten nichts anderes als Gastfreundschaft – und die ist eine christliche Tugend“

Hier das ganze Interview zum Nachhören

Auf der anderen Seite ist der Krieg in der Ukraine in unseren Ländern doch auch präsent – gerade wegen der vielen Geflüchteten. Ist das ein gelungenes Kapitel der Solidarität?

Thomas Schwartz: Es ist in der Tat ein Beispiel gelebter Solidarität – nicht nur in Deutschland, sondern auch etwa in Polen, das im Vergleich zu Deutschland mehr als doppelt so viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen hat. Aber selbst in dieser Flüchtlingsdebatte sehen wir, wie das Thema politisch instrumentalisiert wird, um innenpolitische Polarisierungen zu erzeugen. Dabei müssen wir klar sagen: Die Menschen aus der Ukraine sind nicht freiwillig zu uns gekommen. Sie sind Opfer einer aggressiven Kriegspolitik, die ihnen Heimat und Zukunft genommen hat. Sie erwarten nichts anderes als Gastfreundschaft – und die ist eine christliche Tugend.

Die NATO-Länder haben beschlossen, ihre verteidigungsrelevanten Ausgaben auf 5 Prozent zu erhöhen – mit Blick auf Russland. Der Ukrainekrieg droht also zwar aus dem Fokus zu geraten, hat aber langfristige sicherheitspolitische Folgen. Wie schätzen Sie das ein?

Thomas Schwartz: Diese Erhöhung betrifft nicht nur Rüstungsausgaben, sondern alle verteidigungsrelevanten Bereiche: den Aufbau von Infrastruktur, die Schaffung von Schutzräumen – Dinge, die in den vergangenen 30 Jahren völlig vernachlässigt wurden. Diese Entscheidung ist zum einen der Erkenntnis geschuldet, dass die USA nicht länger Friedensgarant für Europa sein wollen oder können. Zum anderen liegt darin aber auch eine Chance: Europa könnte die Verteidigung endlich als eigenes Projekt begreifen und wertschätzen.

?Trotz aller Schwächen und Übertreibungen – etwa im Bereich des Individualismus – ist unsere Lebensweise es wert, geschützt zu werden“

Inwiefern ist das eine Chance?

Thomas Schwartz: Weil es hier nicht nur um militärische Verteidigung geht, sondern um die Verteidigung des europäischen Projekts – der Demokratie, der Menschenwürde, der Werte, die von den Gründern der Europäischen Union wie Alcide De Gasperi, Konrad Adenauer oder Robert Schuman eingebracht wurden. Dieses Projekt ist verteidigungswert. Trotz aller Schwächen und Übertreibungen – etwa im Bereich des Individualismus – ist unsere Lebensweise es wert, geschützt zu werden. Das klar zu erkennen, ist eine Chance für unseren Kontinent.

Vor einer geschlossenen Bank in der Hauptstadt der Ukraine
Vor einer geschlossenen Bank in der Hauptstadt der Ukraine   (AFP or licensors)

Kommen wir zum Schluss auf die ROACO-Sitzung, die heute im Vatikan beginnt. Was sind die Schwerpunkte, und was ist das gemeinsame Anliegen?

Thomas Schwartz: Das große gemeinsame Anliegen der ROACO ist es, Solidarität zwischen Ost und West zu fördern – konkret zwischen den Kirchen, die vom Ostkirchen-Dikasterium begleitet werden, und den Hilfsorganisationen, die in den verschiedensten Regionen der Welt tätig sind. Unsere unierten Mitchristinnen und Mitchristen sind dort aktiv, und wir wollen diese Arbeit unterstützen – mit kleinen wie mit großen Summen.

Einer der Schwerpunkte wird morgen sicherlich die Situation im Heiligen Land sein. Wir erwarten den Besuch des Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pizzaballa. Er wird mit seiner sehr analytischen Art schildern, wie es den Menschen derzeit im Gazastreifen, im Westjordanland und in Israel geht – angesichts der doppelten Kriegslage: einerseits mit dem Iran, andererseits im Gazastreifen.

Außerdem werden wir Informationen zur Lage in Syrien erhalten – gerade nach dem gestrigen schrecklichen Selbstmordattentat und dem jüngsten Regimewechsel. Insgesamt werden viele Themen behandelt, die die Menschen in jenen Ländern betreffen, in denen Ostkirchen aktiv sind.

Die Fragen stellte Gudrun Sailer.

(vatican news – gs)

 

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23. Juni 2025, 13:49