Stimmen zum Konklave: Die Kirche von Morgen
?Eine lebendige Kirche entscheidet über die Zukunft. Und diese Zukunft kann nicht ohne junge Menschen, ohne Frauen, ohne Laien geschrieben werden“. So lautet die Empfehlung junger Menschen an das Kardinalskollegium in einem offenen Brief, der auf Initiative der Jugendorganisation der belgischen katholischen Kirche ?Kamino“ an die Kardinäle gerichtet wurde. Unterstützt wurde das Schreiben von der Ordensschwester Xiskya Valladares aus Nicaragua, die auf Wunsch von Papst Franziskus als Synodenmutter an der Synode zur Synodalität teilgenommen hat und digitale Missionarin ist.
Inklusive Kirche
?Wir hoffen auf eine radikal integrative Kirche“, formulieren die jungen Leute: ?Eine Kirche, in der Transparenz kein Schlagwort ist, sondern die Grundlage für Vertrauen. Wir hoffen auf eine inklusive Kirche. Eine Kirche, die nicht nach Herkunft, Geschlecht, Orientierung oder Status urteilt, sondern nach der Fähigkeit zu lieben. Wir hoffen auf eine Kirche, die mit allen Religionen im Dialog steht. Nicht aus bloßer Höflichkeit, sondern in der tiefen Überzeugung, dass Gott sich auch durch den anderen offenbart. Wir hoffen auf eine Kirche, die voll und ganz in die Gesellschaft integriert ist. Nicht über ihr, nicht neben ihr, sondern mitten in ihr - verletzlich, suchend, präsent“.
?Wir glauben auch an eine Kirche, die in der digitalen Welt präsent ist“, heißt es in dem Schreiben weiter: ?Nicht aus technologischer Notwendigkeit heraus, sondern als missionarischer Raum. Dort, wo junge Menschen heute leben, suchen, Fragen stellen und ihren Glauben teilen. Investieren wir in eine digitale Pastoral in einer Gemeinschaft ohne Grenzen. Papst Franziskus hat von den digitalen Peripherien gesprochen - wir glauben, dass auch sie ein neues Emmaus sein können“.
Weiterführung begonnener Reformen
Konklave-Beobachter sprechen davon, dass es bei dieser Papstwahl wie nie zuvor um eine wichtige Richtungswahl geht. Kardinal Walter Kasper, emeritierter Kurienkardinal und ehemaliger Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, ist überzeugt: ?Ein Weg hinter den Stil und die Reformen von Papst Franziskus zurück wäre für die Mehrheit der Gläubigen und – nach meinem Eindruck – auch der Kardinäle keine Lösung. Ganz im Gegenteil!“, so der 92-Jährige im Interview mit der Zeitschrift ?Communio“. Ein neuer Papst könne ?nicht einfach Franziskus II. sein.“ Eine Erneuerung der Kirche ?muss aus dem Inneren und aus dem Geist des Evangeliums kommen“, strukturelle und geistliche Erneuerung müssten sich durchdringen.
Nur synodale Kirche kann Unmögliches leisten
Es gelte einen neuen Papst ?zu erbeten und zu finden“, ?in dessen Herz das Feuer des Evangeliums brennt und der von Jesus Christus so begeistert ist, dass er auch andere mitnehmen und begeistern kann“, so der ehemalige Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen. Der neue Papst brauche einen ?realistischem Blick auf die konkrete Situation und auf die vielfältigen Nöte der Menschen“, ?viele gute Berater und Mitarbeiter, Frauen und Männer“ und müsse ?mit allen Menschen guten Willens“ zusammenarbeiten: ?Allein kann es keiner leisten, barmherzige Kirche für die Armen und Ausgestoßenen sowie Friedensstifter und Brückenbauer zwischen verfeindeten Gruppen zu sein. Darum muss die Idee einer synodalen Kirche, eines geschwisterlichen Miteinander von Klerikern und Laien, welche Papst Franziskus uns als Erbe und Auftrag hinterlassen hat, in einer mehr strukturierten Weise weitergeführt werden“, so Kasper.
Impulse für die Ökumene
Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr erhofft sich vom künftigen Papst neue Impulse für die Ökumene. Gerade in den ostdeutschen Bundesländern sei der Anteil der Christen in der Bevölkerung klein und die katholische und evangelische Kirche würden dort deshalb mit großer Selbstverständlichkeit in einem Miteinander leben, sagte er am Mittwoch dem MDR Thüringen. Er hoffe, dass der künftige Papst dieses Miteinander wertschätze.
Afrika, Lateinamerika
Der venezolanische Kardinal Baltazar Porras sieht vor Beginn des Konklaves gute Chancen für einen Papst aus Afrika oder Lateinamerika. ?Der neue Pontifex wird seine eigene Persönlichkeit haben, aber es ist sehr wichtig, die Bedürfnisse der heutigen Welt zu verstehen“, sagte Porras der Zeitung ?Diario de los Andes“. Europa und Italien, die viele Jahrhunderte lang das Zentrum des Katholizismus gewesen seien, hätten in der Kirche an Bedeutung verloren. ?Mehr als 80 Prozent des Katholizismus findet sich in der Dritten Welt, in Lateinamerika, Afrika und Asien“, so Porras. Wenn der Katholizismus in der Dritten Welt vorankomme, müsse es dafür einen Grund geben. Es gäbe also etwas zu entdecken ?in der Armut und den Einschränkungen, die unsere Länder erleben“. Darin liege die Vitalität der Kirche. Die Bedürftigen stünden im Mittelpunkt der Mission, das sei auch das Zentrum des Wirkens Jesu gewesen. Porras erreichte im vergangenen Jahr die Altersgrenze von 80 Jahren und ist damit kein Papstwähler mehr.
Kultureller Vielfalt Rechnung tragen
Das heute im Vatikan beginnende Konklave ist nach Ansicht des Rottenburg-Stuttgarter Bischofs Klaus Krämer die internationalste Papstwahl der Kirchengeschichte. Trotz seiner Vielseitigkeit sei das Kardinalskollegium aber nicht repräsentativ für die Weltkirche, sagte der frühere Präsident des Missionswerks missio Aachen am Dienstag in Rom. Es fehlten große Metropolregionen wie Paris oder Mailand. Auf diesen Bischofsstühlen könnten Papst-Kandidaten wichtige Erfahrungen sammeln. Die Frage, woher ein möglicher Papst kommt, spielt seiner Ansicht nach eine sekundäre Rolle. ?Wenn sich eine starke, überzeugende Persönlichkeit aus diesen Regionen findet, hat sie gute Chancen, gewählt zu werden“, so Krämer. Das grundlegende Problem der Weltkirche sei es, ihrer kulturellen Vielfalt Rechnung zu tragen und in einen guten produktiven Dialog zu führen.
Gottesvolk betet mit
Nicht nur in Rom, sondern auch weltweit wird für das Konklave gebetet. Dessen Riten sähen vor, ?dass die Gläubigen gemeinsam mit den Kardinalwahlen beten“, hob der Vorsitzende der kanadischen Bischofskonferenz, Bischof William T. McGrattan von Calgary hervor. Das Konklave sei ?kein politisches Verfahren, sondern ein zutiefst spirituelles Ereignis“, das mit der Einkehr der Apostel im Abendmahlssaal vor Pfingsten verglichen werde. Die Kardinäle kämen ihrer ?heiligen Verantwortung“ zur Papstwahl unter Führung des Heiligen Geistes nach. McGrattan hofft, dass der neue Papst mit Freude und einem neuen Bewusstsein für die Mission der Einheit empfangen wird.
(vatican news/sir/communio/kna – pr)
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