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Kardinal Goh aus Singapur am Samstag umgeben von Journalisten am Petersplatz Kardinal Goh aus Singapur am Samstag umgeben von Journalisten am Petersplatz 

Konklave als Medienereignis: Wenn die Kirche spricht, indem sie schweigt

Seit dem Tod von Papst Franziskus zieht das bevorstehende Konklave weltweite Aufmerksamkeit auf sich. ?ber 4.700 akkreditierte Medienschaffende berichten aus Rom – über ein Ereignis, das sich der üblichen Logik der Berichterstattung entzieht. Kommunikationswissenschaftler Olivier Mathonat erkl?rt, warum der Papstwahlprozess für Medien ein faszinierender Widerspruch ist.

Olivier Bonnel und Mario Galgano - Vatikanstadt

Auf der Via della Conciliazione, wenige Schritte vom Petersplatz entfernt, reiht sich ein Kamerastativ ans nächste. In allen Sprachen der Welt laufen Livesendungen, während Pilgergruppen ihren Heilig-Jahr-Pfad gehen und Touristen den römischen Frühling genießen. Seit dem Tod von Papst Franziskus ist Rom zum Zentrum globaler Medienaufmerksamkeit geworden. Über 4.700 Journalistinnen und Journalisten aus allen Teilen der Welt wurden von der vatikanischen Pressestelle akkreditiert; das Konklave, das am 7. Mai beginnt, ist nicht nur ein innerkirchliches Ereignis, sondern ein globales Medienphänomen.

Zum Nachhören - was der Experte sagt

Wegen des Andrangs musste neben dem traditionellen vatikanischen Pressezentrum sogar eine zweite Medienstelle in der Via dell’Ospedale geöffnet werden. Einer, der das Spektakel durch die wissenschaftliche Brille beobachtet, ist Olivier Mathonat, Kommunikationsforscher an der französischen Hochschule Ircom. Eigentlich wollte er seine Dissertation über das Konklave 2013 abschließen – nun erweitert er sie durch die aktuelle Papstwahl. Sein Forschungsschwerpunkt: die Spannung zwischen kirchlicher Ritensprache und medialem Narrativ.

Kardinal Fernando Natalio Chomali Garib umzingelt von Journalisten
Kardinal Fernando Natalio Chomali Garib umzingelt von Journalisten   (AFP or licensors)

?Mediatisch gesehen ist ein Konklave ein gewaltiges Paradox“, sagt Mathonat. ?Ein italienischer Kollege hat es als das ‘nicht-mediale Medienereignis par excellence’ bezeichnet – denn die Kameras der Welt richten sich auf geschlossene Türen und auf einen Schornstein, aus dem vielleicht erst Tage später Rauch aufsteigt.“ Die Kirche habe in diesen Tagen die Chance, sich direkt an die Menschheit zu wenden – und doch, so Mathonat, ?scheint sie zunächst zu schweigen, gerade in dem Moment, in dem alle zuhören“.

Ein Konklave spricht eine andere Sprache

Besonders im Vergleich zu früheren Konklaven sei 2025 von einer noch stärkeren Beschleunigung der Medienlogik geprägt – durch soziale Netzwerke, durch Hybridformate, durch gewissermaßen selbstmedialisierte Kardinäle, die Selfies posten und gezielt kommunizieren. ?Einige Kardinäle begreifen sich mittlerweile selbst als Medienakteure. Sie wissen, was ihre Worte bewirken“, so Mathonat.

Doch genau hier beginne das Missverständnis zwischen Kirche und Öffentlichkeit: Medien suchten nach Konfliktlinien, Gegensätzen und Bruchmomenten, während die Kirche Kontinuität betone. ?Journalisten fragen Kardinäle nach ihrer Meinung zum Konklave – eine absurde Frage, wenn man darüber nachdenkt. Niemand fragt einen Präsidentschaftskandidaten, was er von der Wahl hält.“ Medien dächten in politischen Kategorien, während das Konklave ein geistlicher Vorgang sei – ohne Programme, ohne offizielle Kandidaturen.

Kardinal Timothy Radclffe und die Journalisten auf der Straße
Kardinal Timothy Radclffe und die Journalisten auf der Straße   (AFP or licensors)

Ein pädagogisches Ereignis

Mathonat betont die pädagogische Herausforderung für kirchliche Kommunikation: ?Das Konklave ist keine normale Wahl. Es geht nicht um den Präsidenten einer Weltkirchen-Föderation. Viele Außenstehende übertragen jedoch gewohnte Kategorien auf ein zutiefst eigenes kirchliches Geschehen.“ Das führe zu Missverständnissen – aber auch zu einer Chance, der Welt zu erklären, worum es der Kirche geht.

?In diesen Momenten, wenn ein neuer Papst auf die Loggia tritt, hat die Kirche wirklich die Gelegenheit, universal zu sein – im ursprünglichen Sinn: eine Stimme, die sich an alle richtet“, so Mathonat. Der erste Satz des neuen Papstes werde ein Programm sein: Ob er sagt ?Fürchtet euch nicht!“ oder ?Betet für mich!“ – beides sei eine Deutung und Deutungshoheit über das, was war und was kommt.

Kardinal Angel Sixto Rossi versucht sich durch die Journalisten-Menge durchzuschlagen
Kardinal Angel Sixto Rossi versucht sich durch die Journalisten-Menge durchzuschlagen   (AFP or licensors)

Vielfalt der Perspektiven als Chance

Braucht es katholische Journalisten, um über ein Konklave zu berichten? Für Mathonat ist die Antwort differenziert: ?Beide Perspektiven sind wichtig. Katholische Medien verstehen das Selbstverständnis der Kirche und ihre Sprache. Nicht-katholische bringen kritische Distanz und neue Blickwinkel.“ Gerade diese Doppelperspektive ermögliche eine Berichterstattung, die der Tiefe des Ereignisses gerecht werde – jenseits schneller Schlagzeilen.

Das Konklave 2025 werde also nicht nur eine neue Kirchenleitung bringen; es sei auch ein Prüfstein für die Fähigkeit der Kirche, sich in einer globalisierten, medial vermittelten Welt verständlich zu machen, so der Experte.

(vatican news)

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05. Mai 2025, 09:30