Papst Leo beim Angelus an Mari? Himmelfahrt: Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, ich wünsche euch ein frohes Fest!
Die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils haben uns einen wunderbaren Text über die Jungfrau Maria hinterlassen, den ich heute, da wir das Fest ihrer Aufnahme in die Herrlichkeit des Himmels feiern, nochmals mit euch lesen möchte. Am Ende des Dokuments über die Kirche sagt das Konzil: »Wie die Mutter Jesu, im Himmel schon mit Leib und Seele verherrlicht, Bild und Anfang der in der kommenden Weltzeit zu vollendenden Kirche ist, so leuchtet sie auch hier auf Erden in der Zwischenzeit bis zur Ankunft des Tages des Herrn (vgl. 2 Petr 3,10) als Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes dem wandernden Gottesvolk voran« (Lumen gentium, 68).
Maria, die der auferstandene Christus mit Leib und Seele in die Herrlichkeit aufgenommen hat, erstrahlt als Ikone der Hoffnung für ihre durch die Geschichte pilgernden Kinder.
Wie könnte man dabei nicht an die Verse Dantes im letzten Gesang des Paradiso denken? Mit dem Gebet, das er dem heiligen Bernhard in den Mund legt und das mit den Worten »Jungfrau, Mutter, Tochter deines Sohnes« (XXXIII, 1) beginnt, preist der Dichter Maria, weil sie auf Erden unter uns Sterblichen »lebendige Quelle der Hoffnung« (ebd., 12) ist, also ein lebendiger Quell, aus dem Hoffnung sprudelt.
Schwestern und Brüder, diese Wahrheit unseres Glaubens passt genau zum Thema des Heiligen Jahres, das wir gerade begehen: ?Pilger der Hoffnung“. Der Pilger benötigt das Ziel, das seiner Reise die Richtung gibt: ein schönes, anziehendes Ziel, das seine Schritte leitet und ihn wieder belebt, wenn er müde ist, das in seinem Herzen immer wieder die Sehnsucht und die Hoffnung weckt. Auf unserem Lebensweg ist dieses Ziel Gott, die unendliche und ewige Liebe, die Fülle des Lebens, des Friedens, der Freude und aller Güter. Das menschliche Herz wird von dieser Schönheit angezogen und ist nicht glücklich, bis es sie findet; und es läuft tatsächlich Gefahr, sie nicht zu finden, wenn es sich im ?dunklen Wald“ des Bösen und der Sünde verirrt.
Doch da ist die Gnade: Gott ist uns entgegengekommen, hat unser aus der Erde geformtes Fleisch angenommen und hat es mitgenommen, bildlich sagen wir ?in den Himmel“, also zu Gott. Dies ist das Geheimnis Jesu Christi, der zu unserem Heil Mensch geworden, gestorben und auferstanden ist; und untrennbar mit ihm verbunden ist auch das Geheimnis Mariens, der Frau, aus der der Gottessohn Fleisch angenommen hat, und das Geheimnis der Kirche, des mystischen Leibes Christi. Es handelt sich um ein einziges Geheimnis der Liebe und damit der Freiheit. So wie Jesus ?Ja“ gesagt hat, so hat auch Maria ?Ja“ gesagt und hat dem Wort des Herrn geglaubt. Und ihr ganzes Leben ist eine Pilgerreise der Hoffnung gewesen zusammen mit dem Sohn Gottes, der auch ihr Sohn ist, eine Pilgerreise, die sie durch das Kreuz und die Auferstehung zur Heimat geführt hat, in die Umarmung Gottes.
Lasst uns deshalb auf unserem Weg, als Einzelne, als Familie, als Gemeinschaft, besonders dann, wenn Wolken aufziehen und der Weg unsicher und schwierig wird, den Blick zu ihr erheben, zu unserer Mutter, dann werden wir die Hoffnung wiederfinden, die nicht zugrunde gehen lässt (vgl. Röm 5,5).
(vatican news)
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