Papst: Das Vaterunser, Gebet der Liebe und der Geschwisterlichkeit
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Im Mittelpunkt der Überlegungen des Papstes stand die Passage aus dem Lukas-Evangelium (vgl. Lk 11,1–13), in der Jesus seine Jünger das Vaterunser lehrt: das Gebet, das Christen weltweit nicht nur durch Worte, sondern durch eine Haltung des Vertrauens und der Zugehörigkeit verbindet.
Jesus lade uns ein, Gott mit dem vertrauten Wort ?Abba“ anzusprechen – was im Aramäischen so viel wie ?Papa“ bedeute, erklärte der Papst. Und diese kindliche Anrede sei kein sentimentales Detail, sondern Ausdruck einer geistlichen Wahrheit: Wir sind eingeladen, uns Gott mit Einfachheit, Vertrauen und der Gewissheit zu nähern, dass wir seine geliebten Kinder sind.
Und das offenbare uns nicht nur etwas über unsere Gotteskindschaft, sondern auch über die Vaterschaft Gottes, so der Papst weiter:
?Das heutige Evangelium beschreibt die Wesenszüge der Vaterschaft Gottes durch einige anschauliche Bilder: Dasjenige eines Mannes, der mitten in der Nacht aufsteht, um einem Freund zu helfen, einen unerwarteten Besucher zu empfangen; oder jenes eines Elternteils, das darauf achtet, seinen Kindern etwas Gutes zu geben.“
Gott dreht uns nie den Rücken zu
Gott zögere also nie, uns zu helfen, betonte das Kirchenoberhaupt. Er drehe uns nie den Rücken zu – auch nicht dann, wenn wir ?zu spät an seine Tür klopfen“, nach Fehlern oder verpassten Gelegenheiten.
?Der Herr erhört uns immer, wenn wir zu ihm beten, und wenn er uns manchmal nach Zeitspannen und auf Weisen antwortet, die schwer zu verstehen sind, dann deshalb, weil er mit einer größeren Weisheit und Vorsehung handelt, die wir nicht begreifen können. Hören wir also auch in solchen Momenten nicht auf, mit Zuversicht zu beten: In ihm werden wir immer Licht und Kraft finden.“
Doch das Gebet bleibt nicht bei der reinen Gottesbeziehung stehen. Es führt uns in die Verantwortung: Wer Gott ?Vater“ nennt, müsse bereit sein, sich auch selbst wie ein Sohn oder eine Tochter zu verhalten – und die anderen als Brüder und Schwestern zu lieben. Den heiligen Kirchenvater Cyprian zitierend (De dominica Oratione, 11), betonte Papst Leo:
?Wir können nicht zu Gott als ?Vater“ beten und dann anderen gegenüber hart und gefühllos sein. Vielmehr ist es wichtig, dass wir uns von seiner Güte, seiner Geduld, seiner Barmherzigkeit verwandeln lassen, damit wir sein Antlitz in dem unseren wie ein Spiegel reflektieren.“
Wer betet, solle also nicht nur empfangen, sondern auch weitergeben, brachte der Papst seine Botschaft auf den Punkt.
Abschließend gab er den Gläubigen noch folgenden Denkanstoß mit auf den Weg:
?Liebe Brüder und Schwestern, die heutige Liturgie lädt uns durch das Gebet und die Nächstenliebe ein, uns sowohl geliebt zu fühlen als auch selbst so zu lieben, wie Gott uns liebt: mit Verfügbarkeit, Feingefühl, gegenseitiger Fürsorge, ohne Berechnung. Bitten wir Maria, dass sie uns hilft, auf diesen Ruf zu antworten, damit wir die Güte des Antlitzes des Vaters offenbaren.“
(vaticannews – skr)
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