Papst Leo XIV.: ?Polyphonie ist Metapher für Glaubensweg“
Die Polyphonie, ein Kompositionsstil, der das gleichzeitige Zusammenspiel mehrerer Stimmen vorsieht, ?ist eine musikalische Form, die für das Gebet und das christliche Leben voller Bedeutung ist“: Das betonte Papst Leo XIV. in seiner Ansprache an die Teilnehmer der von der Domenico-Bartolucci-Stiftung veranstalteten Feier zum 500. Geburtstag von Giovanni Pierluigi da Palestrina. Der bedeutende Komponist polyphoner Sakralmusik aus dem 16. Jahrhundert leitete Institutionen wie die Päpstliche Kapelle ?Sistina“, die ?Cappella Pia Lateranense“ und die Cappella Liberiana. Seine letzten Lebensjahre hatte er in einer Wohnung im Vatikan verbracht, nur einen Steinwurf vom päpstlichen Gästehaus Santa Marta entfernt, das Papst Franziskus während seines Pontifikates als Residenz gedient hatte.
Bei der Veranstaltung in der Sala Regia des Apostolischen Palastes am Mittwochabend trug der Chor der Stiftung auch Werke des Komponisten vor. Leo XIV. beschrieb bei dieser Gelegenheit die spirituelle und liturgische Bedeutung von Palestrinas Musik als zeitlose Ausdrucksform von Gebet und Einheit. ?Nach dem Hören dieser engelhaften Stimmen wäre es fast besser, nichts zu sagen und uns mit dieser wunderschönen Erfahrung zu verabschieden“, scherzte der Pontifex aber zunächst nach der Vorführung der Missa Papae Marcelli.
?Seine Kompositionen, feierlich und ernst, inspiriert vom gregorianischen Gesang, verbinden Musik und Liturgie aufs Engste, sei es, dass sie das Gebet inniger zum Ausdruck bringt oder die Einmütigkeit fördert, sei es, dass sie die heiligen Riten mit größerer Feierlichkeit umgibt“, so Papst Leo dann mit einem Zitat aus der Konzilskonstitution Sacrosanctum Concilium (112) mit Blick auf den Komponisten.
Bedeutende Rolle in der Gegenreformation
Weiter erinnerte er an die Rolle Palestrinas im ?heiklen, zugleich aber begeisternden Kontext der Gegenreformation" und daran, wie der Komponist zur Erneuerung und Vertiefung des geistlichen Lebens der Gläubigen durch Musik beigetragen habe. Die Gegenreformation, die als Antwort auf die protestantische Reformation entstand, hatte zum Ziel, die katholische Kirche - auch durch die Musik - zu erneuern. Palestrina wurde mit seinem polyphonen Kompositionsstil zu einem idealen Vorbild für die Kirchenmusik und gilt bis heute als der ?Retter“ der Polyphonie.
?Die Polyphonie“, so der Papst, ?ist nicht bloß eine musikalische Technik, sondern eine Form, die mit theologischer Bedeutung erfüllt ist. Sie nimmt den heiligen Text und ?kleidet ihn in eine passende Melodie‘, damit er das Verständnis der Gläubigen besser erreicht.“ Letztlich kämen dabei mehrere Stimmen, jede mit ihrem eigenen melodischen Weg, in einem harmonischen Zusammenspiel zusammen. Zwar gebe es manchmal Spannungen, manchmal auch Auflösungen – doch immer im Streben nach Einheit, so die Analyse des Kirchenoberhauptes:
?Diese dynamische Einheit in der Vielfalt ist eine Metapher für unseren gemeinsamen Glaubensweg unter der Führung des Heiligen Geistes.“
Insbesondere die eben gehörte Missa Papae Marcelli sei ein ?herausragendes Beispiel“ heiliger Polyphonie, unterstrich Leo, der in diesem Zusammenhang auch den 2013 verstorbenen Kardinal Domenico Bartolucci, dessen Namen die Stiftung trägt, als ?unvergesslichen Komponisten“ würdigte. Bartolucci hatte die Sistina-Kapelle fast fünfzig Jahre lang geleitet.
Schon das Zweite Vatikanische Konzil habe die Gläubigen zur vollen, bewussten und tätigen Teilnahme an der Liturgie aufgerufen, wobei die Musik wertvolle Hilfe könne, erinnerte Leo XIV. seine Besucher.
Abschließend dankte der Papst der Stiftung, dem Chor und allen Anwesenden und bezog sich auf die Worte des heiligen Augustinus, der mit Blick auf das österliche Halleluja die Christen dazu ermutigte, hoffnungsvoll weiterzugehen: ?Sing, aber geh! Verlass den Weg nicht. Kehr nicht um. Bleib nicht stehen.“
Der Papst ermutigte alle, sich diesen Geist – besonders im Heiligen Jahr – zu eigen zu machen und erinnerte daran, dass sakrale Musik nicht nur ein Erbe der Vergangenheit, sondern ein lebendiges Geschenk ist, das die Kirche auch heute nähre.
(vatican news - cs)
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