Eine ?Geburtsurkunde“: Der Papst und sein neuer Name
Amedeo Lomonaco und Stefan v. Kempis - Vatikanstadt
Sogar Papst Franziskus hat zu seinen Lebzeiten einmal über den Namen seines Nachfolgers spekuliert: Er sprach bei einer ?fliegenden Pressekonferenz“ 2023 scherzhaft von einem Johannes XXIV. Natürlich weiß aber niemand, ob der Nachfolger des am Ostermontag verstorbenen argentinischen Papstes diesem Pfad folgen wird, denn die Wahl des Namens ist eine ganz persönliche Entscheidung des neugewählten Nachfolgers Petri.
?Wie willst Du Dich nennen?“
Wenn ein Kardinal bei einer Abstimmung in der Sixtinischen Kapelle die nötige Zweidrittelhürde erreicht, werden ihm genau zwei Fragen gestellt: ?Acceptasne electionem de te canonice factam in Summum Pontificem?“ (Nimmst Du Deine kanonische Wahl zum Papst an?) Und schon an zweiter Stelle: ?Quo nomine vis vocari?“ (Wie willst Du Dich nennen?) Nebenbei bemerkt sieht die gültige Konklaveordnung von Johannes Paul II. aus dem Jahr 1996 tatsächlich das ?Du“ vor.
Der Name, den sich der zum Papst Gewählte zulegt, wird dann auch bald danach vom Kardinal-Protodiakon von der Loggia des Petersdoms aus den Wartenden auf dem Petersplatz verkündet: ?Habemus papam … qui sibi nomen imposuit...“ (Wir haben einen Papst … der sich folgenden Namen gegeben hat…).
Ein neuer Name
Der Name ist eines der wesentlichen Elemente, die die Identität einer Person ausmachen; die Verkündigung von der mittleren Loggia von Sankt Peter markiert also eine Art ?Geburt“, die Übernahme einer neuen Identität.
Die Tradition, nach der Wahl zum Papst seinen Namen zu ändern, hat sich im Laufe der Jahrhunderte eingebürgert. Sie ist mit den Ursprüngen der Kirchengeschichte verbunden: Petrus ist der Name des ersten Papstes. ?Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“ (Mt 16,18), sagte Jesus zu einem seiner Apostel, der eigentlich Simon hieß. Der Taufname eines neugewählten Nachfolgers Petri wird durch den Pontifikalnamen ersetzt, als wolle man die ?zweite Geburt“ hervorheben, zu der der Bischof von Rom nach seiner Wahl gerufen ist.
Der Erste war Mercurius
Der erste Papst im Lauf der Geschichte, der einen neuen Namen annahm, war im Jahr 533 der Priester der römischen Kirche San Clemente, Mercurius, der wohl als Papst nicht wie der antike Gott der Boten, Diebe und Händler heißen wollte und sich deshalb ab dem Moment seiner Bischofsweihe Johannes II. nannte. Später, in der Renaissance, war es allerdings für Päpste kein Problem mehr, Namen mit heidnischem Klang zu tragen; der Humanist und Bonvivant Enea Silvio Piccolomini verfiel bei seiner Wahl zum Papst 1458 wohl deshalb auf den Namen Pius, weil Vergil einst den aus Troja geflohenen Stammvater der Römer als ?pius Aeneas“, als ?frommen Aeneas“ etikettiert hatte. Auf hintergründige Weise verwies Piccolomini als Papst also weiterhin auf seinen paganen Vornamen Enea.
Zu den am häufigsten verwendeten Namen der Päpste nach der Wahl gehören Johannes, Benedikt, Pius, Gregor, Innozenz, Leo und Clemens. Auffallend ist, welche Namen in der Liste der Päpste fehlen: etwa Josef, Jakobus, Andreas und Lukas. Bislang hat auch noch kein Papst den Namen Petrus gewählt.
Die Namen von Heiligen und Aposteln
Der Papstname ist in vielen Fällen mit großen Heiligen und Aposteln verbunden. Der deutsche Papst Benedikt XVI. (2005-13) begründete seine Namenswahl so: ?Ich wollte mich Benedikt XVI. nennen, weil ich geistig an den ehrwürdigen Papst Benedikt XV. anknüpfen wollte, der die Kirche in der stürmischen Zeit des Ersten Weltkriegs geleitet hat. Er war ein mutiger und wahrer Prophet des Friedens… Der Name Benedikt erinnert auch an die herausragende Gestalt des großen ?Patriarchen des abendländischen Mönchtums‘, an den hl. Benedikt von Nursia… Er ist ein grundlegender Bezugspunkt für die Einheit Europas und ein nachdrücklicher Hinweis auf die unverzichtbaren christlichen Wurzeln der europäischen Kultur und Zivilisation.“
Papst Franziskus (2013-25) wählte – ähnlich programmatisch – einen Namen, der noch nie von einem seiner Vorgänger verwendet worden ist. Das begründete er folgendermaßen: ?Franziskus ist der Mann des Friedens. So ist mir der Name ins Herz gedrungen: Franz von Assisi. Er ist für mich der Mann der Armut, der Mann des Friedens, der Mann, der die Schöpfung liebt und bewahrt.“
Affektive Beweggründe
Die Wahl des Namens kann allerdings auch mit affektiven Beweggründen verbunden werden. ?Vocabor loannes. Nomen Nobis dulce, quia nomen patris Nostri“, erläuterte Johannes XXIII. (1958-63) nach seinem Aufstieg auf den Stuhl Petri. ?Ich werde Johannes genannt werden. Dieser Name ist uns lieb, weil er der Name unseres Vaters ist; er ist uns lieb, weil er der Name der bescheidenen Pfarrei ist, in der wir getauft wurden…“
Der Doppelname
Auch im Bereich der Papstnamen gibt es noch nie dagewesene Entscheidungen: In der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche war es der 33-Tage-Papst Johannes Paul I. (1978), der zum ersten Mal einen Doppelnamen wählte. Das begründete er mit seiner Prägung durch die beiden Vorgänger Johannes XXIII. (1958-63) und Paul VI. (1963-78). Sein unmittelbarer Nachfolger Johannes Paul II. (1978-2005) beschloss, sich in die Kontinuität des kurzen Pontifikats seines Vorgängers zu stellen – nachdem er offenbar kurzzeitig erwogen hatte, sich als erster slawischer Pontifex der Geschichte den Namen Stanislaus I. zuzulegen.
Die Universalität der Kirche, für die der Nachfolger Petri steht, wird auch im Namen des Papstes gelesen und erkannt.
(vatican news)
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