Hollerich: ?Nicht pr?sent genug in virtueller Welt“
Angesichts zusammenbrechender Pfarrstrukturen und einer immer säkulareren Welt brauche es eine Anpassung der kirchlichen Kommunikation, sagte er in einem Interview mit der Wochenzeitung ?Die Furche“. 85 Prozent der Personen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, die sich in Frankreich unlängst bewusst haben taufen lassen, gaben laut Hollerich an, diese Entscheidung über Online-Kommunikation getroffen zu haben. ?Wir sind nicht präsent genug in der virtuellen Welt. Wir müssen die Botschaft den Medien anpassen. Eine Messe ins Internet übertragen reicht nicht.“
Tatsächlich sei es notwendig, sich kirchlich mehr als bislang auf die säkulare Welt einzulassen, sagte Hollerich in dem Interview, geführt am Rande des ?Europäischen Forums Alpbach“, wo der Kardinal an einem Panel teilgenommen hatte. ?Wir müssen in der Welt ankommen. Wir müssen in der Sprache der Menschen sprechen, wenn wir den Glauben verkünden. Wir müssen den Menschen zuhören.“ Er habe manchmal den Eindruck, dass die Kirche über Dinge lehre, nach denen die Menschen gar nicht fragten.
?Wir sind in einer stark säkularisierten Welt. Einige Bischöfe sagen, wir müssen das bekämpfen. Aber das ist Blödsinn. Es gibt auch eine Säkularisierung in der Kirche“, die sich etwa im ?rechten Flügel“ darin zeige, dass dessen Vertreter auf die Form allein blickten: ?Egal, ob es Gott gibt oder nicht, Hauptsache, die Formen werden beibehalten“. Auf der ?linken Seite“ hingegen gebe es einen ?Wertekatholizismus“, dessen Werte nicht mehr mit Gott verbunden würden.
Nicht ohne Zukunft
Der Katholizismus in Europa sei jedoch nicht ohne Zukunft, zeigte sich Hollerich überzeugt - auch wenn er glaube, dass in den nächsten zehn Jahren ?viele Pfarren zusammenbrechen werden“ und das ?System an sein Ende“ komme. Für die Kirche bedeute dies, nicht auf die Vergangenheit zurückzublicken. ?Wir stehen in einer Geschichte, das müssen wir akzeptieren, wir müssen auch aus ihr lernen“. Dabei tue sich die Kirche speziell in Europa allerdings schwer.
Zuversichtlich stimme ihn auch der weiterhin laufende Synodale Prozess, wo er von Papst Franziskus 2021 zum inhaltlichen Koordinator (?Generalrelator“) ernannt worden war und die synodalen Versammlungen entsprechend begleitete. Die aktuelle Phase bis zur nächsten Synode in drei Jahren gelte es nun gut zu nutzen und jeweils vor Ort aufzuarbeiten, so Hollerich. In seiner eigenen Diözese plane er etwa eine ekklesiale Versammlung in zwei Jahren nach dem Vorbild lateinamerikanischer Versammlungen mit einem hohen Anteil an Laien und einem klaren Repräsentationsschlüssel der Hauptamtlichen. ?Die Leute müssen mitreden dürfen. Die Gläubigen dürfen nicht einfach verwaltet werden“, so Hollerich.
Im Blick auf die Frage nach der Verschiebung der Schwerpunkte in der Weltkirche in Richtung Südamerika, Afrika und Ostasien sagte Hollerich: ?Ich glaube, es wäre sehr wichtig, dass Österreich wieder einen Kardinal bekommt“.
(kap – sk)
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