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Woran h?ngt mein Herz? Woran h?ngt mein Herz? 

Unser Sonntag: Eintreten in das g?ttliche ?Für‘

In seiner Betrachtung zum Sonntagsevangelium (Lk 12,13-21) denkt unser Redaktionsleiter Stefan v. Kempis über Jesu Verh?ltnis zum Reichtum nach - und entdeckt in einer Schrift Joseph Ratzingers ein ?Gesetz des ?berflusses‘, das erkl?rt, woran Christen reich sein sollen und woran nicht.

Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Fernsehzuschauerinnen und Fernsehzuschauer, liebe Freundinnen und Freunde!

Das ist ein interessantes Evangelium, welches wir heute gehört bzw. gelesen haben. Es startet mit einer fast lustigen Szene: Jemand aus der Menge, der Jesus zuruft ?Bitte, kannst du nicht den Streit um das Erbe zwischen meinem Bruder und mir schlichten?‘ Und Jesus, der mit einem etwas ärgerlichen Ausruf antwortet ?Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt?‘. Das ist natürlich von etwas hintergründiger Komik – denn natürlich ist Jesus, wie wir Christen glauben und bekennen, der von Gott selbst eingesetzte Richter (wenn vielleicht auch nicht gerade der Erbteiler).

Hier die Betrachtung im Video

Wir alle kennen Erbstreitigkeiten aus unseren Familien; ich kenne das aus meiner eigenen Familie und bin da wirklich nicht stolz drauf. Das sind immer sehr unangenehme und auch desillusionierende Momente. Aber ehrlich gesagt, wer käme denn auf die Idee, gerade Jesus zum Schlichter bei einer solchen Streitigkeit anzurufen? Man wüsste doch schon im Voraus, was er antwortet: ?Besitz verkaufen, Geld den Armen geben, und dann ab in die Nachfolge‘.

Wenn Jesus einen reichen Mann lobt

So ähnlich stellen wir uns das jedenfalls vor; ist das auch tatsächlich so? Unser Evangelium scheint wirklich eine Art Reichen-Bashing, eine Verdammnis der Reichen, zu beinhalten. Aber schauen wir etwas genauer hin… und dazu würde ich gerne auch ein wenig ausholen. Unser Evangelium steht ja im größeren Kontext, im größeren Zusammenhang des Lukas Evangeliums: Das ist ein sehr spezielles. Es war das Lieblingsevangelium des verstorbenen Papstes Franziskus, sicher auch deswegen, weil es vielen als das sozialste, als das an sozialen Fragen am meisten interessierte Evangelium gilt.

Zum Sondergut, wie wir Theologen sagen, also zum Eigengut dieses Lukas-Evangeliums, gehört nicht nur die Weihnachtsgeschichte mit dem Stall von Bethlehem, wie wir sie kennen und jedes Jahr an Weihnachten gerne hören und lesen, sondern auch das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Und wenn wir dieses Gleichnis mal genauer in den Blick nehmen (keine Sorge, ich komme dann schon zu unserem Evangelium von heute), dann sehen wir nicht nur die übliche Deutung: Der Samariter, der die Sache richtig macht, der dem hingestreckten kranken Mann am Wegesrand aufhilft, ganz anders als der Priester und als der Levit, die vorbeigegangen sind. Das ist die Deutung, die man kennt. Der, der da hilft, ist ausgerechnet ein Samariter, also jemand aus der verfemten, übel angesehenen Gemeinschaft außerhalb des eigentlichen Volkes Israel, wie es sich damals verstand.

Ich will aber auf etwas anderes hinaus: Dieser barmherzige Samariter, der im Lukasevangelium, also demselben Evangelium, aus dem unser Text hier stammt, vorgestellt wird, ist ein reicher Mann! Woran sehen wir das? Er sagt zu dem Wirt der Herberge, in die er den Verletzten bringt: ?Hier, nimm diese Schekel, diese Dublonen, und kümmere dich bitte um den Verletzten; ich komme in ein paar Wochen wieder, und dann will ich, dass du ihn ein bisschen aufgepäppelt hast. Geld spielt keine Rolle!“ Das ist also nicht nur ein barmherziger Samariter, es ist auch ein reicher Samariter – ein reicher Mann.

Eine Sonntags-Betrachtung, von Stefan von Kempis - Radio Vatikan

Es geht gar nicht um den Reichtum an sich

Wir haben hier also im Lukasevangelium tatsächlich Jesus, der einen Reichen rühmt! Und wenn wir das jetzt mal als Folie nehmen für unser Evangelium, von dem heute die Rede ist – dieser Mann, der im Überfluss überlegt ?Wo packe ich eigentlich das ganze Besitztum hin, das ich habe? Die Scheuern und Scheunen sind zu klein, ich brauche noch größere!‘ – ja, dann sehen wir: Es ist gar nicht der Reichtum an sich, den Jesus als verdammenswürdig ansieht, sondern es muss etwas anderes sein.

Natürlich bringt übermäßiger Reichtum immer mit sich, dass er sozusagen auf dem Rücken der Armen geschieht. Was ich bei mir zu Hause im Kleiderschrank habe, das habe ich sozusagen einem anderen weggenommen, der gar keinen Kleiderschrank hat… wie der überwiegende Teil der Menschheit, der (wir sehen diese Bilder aus Gaza) gerade das besitzt, was er am Leibe trägt. Aber es geht hier gar nicht so sehr um den Reichtum, den Jesus verwirft, wenn wir genau hinschauen, es geht um etwas anderes. Sehen wir doch mal in den Text: ?Gebt acht, sagte Jesus, hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass er im Überfluss seines Besitzes lebt‘.

?Leben wir nicht alle ein wenig zu sehr im Überfluss?“

Ich betone das Wort: Überfluss. Es geht nicht um den Reichtum, den Jesus verdammt. Natürlich gibt es andere Bibelstellen, in denen er erklärt ?Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes kommt‘. Aber an dieser Stelle geht es nicht um den Reichtum an sich, es geht um Überfluss, und es geht um Habgier. Das ist etwas, das nicht nur den reichen Mann im Evangelium betrifft oder die Zuhörer, unter anderem den Mann mit den Erbstreitigkeiten damals in der Volksmenge – das betrifft auch uns heute. Leben wir nicht alle ein wenig zu sehr im Überfluss? Haben wir nicht viel zu viel bei uns in den Kleiderschränken, in der Vorratskammer, im Kühlschrank; viel mehr, als wir eigentlich brauchen?

Nicht nur das Minimum

Papst Franziskus hatte es ja immer gerne konkret und hat dann am Ende seiner Predigten gefragt: ?Habe ich zu viel, was kann ich abgeben, was kann ich meinen Geschwistern geben, worauf kann ich verzichten?‘ So eine konkrete Anfrage gilt natürlich auch uns. Ich will aber noch einen Schritt weitergehen und dieses Wort ?Überfluss‘ jetzt einmal spiegeln. Worum geht es denn Jesus? Er zielt auf den Überfluss, der uns blind dafür macht, dass es eigentlich im Leben um etwas ganz anderes geht, um den Tag nämlich, an dem wir uns vor Jesus, vor dem Richter (das ist er nämlich doch!) präsentieren werden. Da geht es um etwas anderes: um unsere Haltung vor Gott und den Menschen. Und in dem Moment ist der Reichtum oder Überfluss ganz egal, da ist wirklich nur das wichtig, was wir mal mit anderen geteilt haben. Nicht nur materiell, sondern auch von uns selbst, von unserem Eigenen; was wir mit anderen geteilt, wie wir uns anderen mit-geteilt haben.

Und wenn ich das Wort Überfluss höre, dann denke ich an das letzte Kapitel im Buch ?Einführung in das Christentum‘ des großen deutschen Theologen Joseph Ratzinger, der dann Papst Benedikt XVI. wurde, aus dem Jahr 1968: Ratzinger erklärte das sogenannte ?Gesetz des Überflusses‘ zum eigentlichen Geheimnis des Christentums. Gott kam nicht auf die Welt in einer berechnenden Weise, gerade nur ein bisschen; Jesus hat den Menschen nicht nur das gegeben, was gerade so drin war, und sein Tod am Kreuz war nicht das Minimum dessen, was gerade getan werden musste, um die neue Ära des Heils, um das Reich Gottes heraufzuführen, sondern Gott folgte damit einem inneren Gesetz des Überflusses. Ratzinger glaubte, man könne das ganze Wesen des Christentums auf ein Wort bringen: ?für‘ – nur drei Buchstaben.

Gott tut alles für den Menschen: nicht für sich selbst, für den Menschen. Und das soll auch bei uns so sein: Wir sollen ?für‘ leben, also für andere und für Gott. Auf anderes ausgerichtet, nicht auf das Eigene, das wir zusammengerafft haben, ob materiell oder auch geistiger Besitz. ?Für‘: das Gesetz des Überflusses. Der Überfluss, den Gott nicht schilt, sondern den er von uns will – in reichem, aufgehäuftem, überfließendem Maß. Das Evangelium von heute sagt uns: Wir sollen nicht im Überfluss leben, wir sollen überhaupt nicht dem Besitz, der auch geistiger Besitz sein kann, leben, sondern wir sollen uns um eine andere Art von Überfluss bemühen. Eintreten in das göttliche Gesetz des Überflusses, in das göttliche ?für‘…Und das ist eine Haltung, die ich uns allen wünsche, auch mir selber.

(vatican news – ck)
 

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02. August 2025, 09:59