Unser Sonntag: Frühchristliche Mission
Pater Elias Pfiffi, OSB
Lk 10, 1-12.17-20 Lesejahr C
Das Wort Mission und alles, was damit zusammenhängt, hat heute keinen guten Ruf und Klang. In Israel ist die Mission an Juden sogar streng verboten. Doch ohne Mission, ohne die Aussendung der Jünger und Jüngerinnen in die ganze Welt und durch die Zeit, wäre ich heute kein Christ, würde ich heute nicht an Christus glauben, wäre ich nicht zurück an den Ursprung der Bibel gegangen, um als Mönch im Heiligen Land zu leben.
Das heutige Evangelium schildert eine frühchristliche Mission, wahrscheinlich die der ersten Gemeinden. Es erzählt von Mühen und Mühseligkeit, aber auch von der überschwänglichen Freude der Jünger, einer Freude, die sogar zwischenmenschliche Barrieren überwindet.
Wie kommt es zu so einer Freude - bei solch einer schweren und schwierigen Aufgabe? Wie kann sie entstehen? Liegt es an der guten Vorbereitung oder an der Technik der Durchführung selbst?
72 Jünger - 72 Nationen?
Zu Beginn werden weitere 72 Jünger berufen und ausgesandt, um die Aufgaben und Arbeit besser zu verteilen. Warum gerade 72 und nicht 100 oder mehr? Manche vermuten nach der aufmerksamen Lektüre von Genesis, Kapitel 10, daß es 72 Nationen auf der Erde gibt. So soll die universale Botschaft des Evangeliums alle Menschen, aller Völker und Nationen erreichen. Und es scheint notwendig, die Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen, damit die Arbeit effektiver wird. Vermieden werden soll das Gefühl, alles allein machen zu müssen. Die Mitarbeiter werden entlastet, arbeiten paarweise zusammen, damit die Arbeit nicht zu einem riesigen Berg anwächst und scheinbar unbezwingbar wird.
Wie Schafe unter die Wölfe
Schon damals scheint es nicht so viele Berufungen gegeben haben. Durch das Aufteilen wird die Ausführung zum einen effektiver und zum anderen leichter. Dazu gehören auch Verhaltensregeln für die Jünger, die ihnen die Arbeit erleichtern sollen.
Trotz aller Vorbereitung lauern trotzdem überall Gefahren, kann es oft auch zu Enttäuschung kommen. Es ist keine leichte Aufgabe: wie Schafe unter Wölfe werden sie gesandt. Es ist nicht leicht in einer Gruppe seine eigene Meinung zu verteidigen, wenn alle anderer Meinung sind und auf ihrer bestehen. Da kann man leicht und schnell einknicken. Doch die Jünger sollen sich durch nichts, von ihrem erteilten Auftrag abhalten lassen.
Kräfte fokussieren
Deshalb ist es wichtig die Kräfte zu fokussieren und zu konzentrieren. Wer zu viel mit anderem beschäftigt ist und sich um dies und das Gedanken macht, hat keine volle Kraft mehr für den Auftrag. Die Kraft und Zeit fehlen dann an anderer Stelle. Das belastet unnötig. Jesus will aber entlasten. Deshalb die Aufforderung, sich von anderen Gedanken freizumachen und sich auf den einen Auftrag zu konzentrieren. Das nämlich entlastet wirklich.
Eine weitere Entlastung: der Erfolg der Mission ist nicht allein von der ausführenden Person abhängig!
Staub von den Füßen abschütteln
Die Botschaft kann nur dann ihr Gegenüber erreichen, wenn das Gegenüber sie auch annimmt und hört, anhört. Verschließen sich aber die Angesprochenen, dann kann die Botschaft nicht gehört werden und nicht landen. Verschlossenheit aufzubrechen ist aber schwierig – dies gelingt nur, wenn beide Partner dazu bereit sind. Wenn diese Verschlossenheit deutlich wird und es keinen Weg der Öffnung und Zuwendung gibt, dann können auch klar Grenzen gezogen werden, kann sich abgegrenzt werden. Die Bibel gebraucht dafür das Bild des ?Staubes von den Füßen abschütteln“. Wo die Grenzen für jeden klar sind, weiß jeder der Beteiligten, was er vom anderen erwarten kann und darf bzw nicht darf.
Abgrenzung akzeptieren
Diese Abgrenzung hat zwei Seiten: zum einen wird das Gegenüber in seiner Entscheidung respektiert und ernstgenommen, zum anderen darf auch die eigene Enttäuschung zu ihrem Recht kommen. Durch die Abgrenzung, dadurch, daß ich den Staub abschüttele, verhindere ich, daß meine Enttäuschung in mir weiterarbeitet und nachwirkt. Ich werde so freier und kann wieder meiner eigentlichen Arbeit nachgehen.
Möglicherweise ist eine Kontaktaufnahme zu einem späteren Zeitpunkt wieder möglich, aber für das hier und jetzt muß die Grenze und Abgrenzung respektiert werden.
Wenn die Jünger diese Ratschläge befolgen, dann können sie ihre Arbeit mit Freude ausüben. Sie können entdecken, daß ihre Fähigkeiten und Talente fruchtbar sind, Hoffnung wecken. Und eine solche Hoffnung und Freude steckt an, bricht Verschlossenheit auf und zwischenmenschliche Barrieren. Wenn ich dem anderen mit Freude und Offenheit begegne, ihn aber auch so annehme, wie er ist, dann können Barrieren zu bröckeln beginnen. Verständigung ist möglich, die Gute Nachricht und die Botschaft kann ankommen. Das Reich Gottes ist nahe.
Freudestrahlend...
Der Erfolg der Jünger bestätigt dies. Freudestrahlend kehren sie zurück und berichten Jesus von ihrem Erfolg. Und wenn er ihren Erfolg mit den Worten bestätigt, daß er sogar Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen sah, dann liegt dabei bestimmt ein freudiges Lächeln auf seinem Gesicht.
Wo es gelingt, die Verschlossenheit zu überwinden, wo Menschen sich unter der Entdeckung ihre ungeahnten Möglichkeiten begegnen, da ist das Reich Gottes nicht nur nahe, sondern schon mitten unter uns.
Dabei steht nicht die eigene Leistung im Mittelpunkt. Wichtiger als eigene Macht und Kraft, ist es im Himmel, im Buch des Lebens eingeschrieben zu sein. Wichtig ist, daß mein eigener Name mit denen der anderen bei Gott verzeichnet ist. Dafür muß ich die Mühe auf mich nehmen, meine eigenen Möglichkeiten mehr und mehr zu entdecken.
Enttäuschungen und Rückschläge sind dabei nie ausgeschlossen, aber der Anfang ist gemacht.
(Radio Vatikan - Redaktion Claudia Kaminski)
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