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Martina He?ler, Sisyphos im Maschinenraum Martina He?ler, Sisyphos im Maschinenraum 

Buchtipp: Eine Neubetrachtung menschlicher Fehlbarkeit

Martina He?ler, Professorin für Technikgeschichte an der TU Darmstadt, legt mit ?Sisyphos im Maschinenraum. Eine Geschichte der Fehlbarkeit von Mensch und Technologie“ ein Werk vor, das die traditionelle Sichtweise auf das Verh?ltnis von Mensch und Maschine hinterfragt. Anstatt die menschliche Intuition oder Empathie zu betonen, richtet He?ler ihren Blick auf die Denkfigur, die den Menschen als ?M?ngelwesen“ und die Technologie als dessen vermeintlichen ?berwinder darstellt.

Ihr Buch analysiert die Entwicklung dieser Sichtweise vom frühen 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart der Künstlichen Intelligenz. Die Autorin beschreibt, wie seit Beginn der mechanischen Moderne das Ideal der fehlerlosen Maschine dazu führte, den Menschen als unzureichend oder fehlerhaft zu betrachten. Dieser ?Technikchauvinismus“ hat die Vorstellung geformt, dass technologische Lösungen menschliche Unzulänglichkeiten beheben oder sogar ersetzen könnten. Von frühen Fabrikautomaten über Sicherheitsgurte und Lügendetektoren bis hin zu intelligenten Robotern wird der Mensch zunehmend als jener moderne Sisyphos dargestellt, der im selbst geschaffenen Maschinenraum unentwegt mit der Beseitigung von Fehlern und Defekten befasst ist – nicht nur der eigenen, sondern auch jener der Maschinen.

?Unzeitgemäße Illusion“ 

Ein zentrales Argument des Buches ist, dass die verbreitete Vorstellung einer Welt ohne Fehler, die durch technologische Perfektion erreicht werden soll, eine ?unzeitgemäße Illusion“ darstellt. Heßler verweist auf historische Beispiele und gegenwärtige Debatten, in denen die Überlegenheit von Maschinen propagiert wird – sei es durch autonome Fahrzeuge, die menschliches Versagen eliminieren sollen, oder durch Roboter mit ?besseren Manieren“ als Menschen. Kritiker wie der Ingenieur John Diebold, der 1954 die These aufstellte, ?Menschen sind für die Fabrikarbeit unzureichend konstruiert“, untermauern diese Perspektive.

Das Buch ist in vier Hauptkapitel gegliedert. Nach einer Einleitung, die die ?besondere Form der menschlichen Fehlbarkeit“ beleuchtet, untersucht das erste Kapitel die Lesarten menschlicher und maschineller Unvollkommenheiten und ordnet sie in Konzepte wie Technologie-Fix und Technikchauvinismus ein. Das zweite Kapitel zeichnet die Etablierung der Figur fehlerhafter Menschen seit dem frühen 19. Jahrhundert in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen nach – von der Fabrik über Entscheidungsmaschinen bis hin zu sozialen Robotern. Heßler zeigt, wie die mechanische Maschine zum Ideal von Ordnung und Zuverlässigkeit wurde.

Abhängigkeit von Mensch und Maschine

Das dritte Kapitel widmet sich den Paradoxien dieser Entwicklung im 20. Jahrhundert. Hier wird der Mensch als ?Sisyphos im Maschinenraum“ thematisiert, der trotz technologischer Fortschritte stets mit neuen Problemen konfrontiert ist. Eine Rolle spielt dabei auch die Human Factors-Forschung, die die Abhängigkeit von Mensch und Maschine relational betrachtete. Das vierte Kapitel widmet sich schließlich den maschinellen Fehlern, die seit den 1970er-Jahren in den Fokus rückten, und der Frage nach der ?künstlich fehlerhaften Intelligenz“. Es thematisiert auch die Erfahrungen von ?Everyday-Cyborgs“, bei denen fehlerhafte implantierte Technik zu ?horrorhafte[n] Erfahrung[en]“ führen kann.

Martina Heßler legt mit ?Sisyphos im Maschinenraum“ eine detailreiche und quellengestützte Analyse vor. Sie beleuchtet die langjährige Verstrickung von Mensch und Maschine in einem nie endenden Zyklus der Mängelbeseitigung. Das Buch konzentriert sich auf die deutsche Entwicklung mit Bezügen zum angelsächsischen Raum und regt dazu an, die scheinbare Selbstverständlichkeit des Vergleichs von Mensch und Maschine kritisch zu hinterfragen. Es bietet eine Perspektive, die das ?Leben im Maschinenraum“ als eine Existenz unter einer ?fehlerhaften technologischen Bedingung“ beschreibt und die Lesenden dazu anregt, über die Illusion einer perfekten, fehlerfreien Welt nachzudenken.

Martina Heßler: Sisyphos im Maschinenraum. Eine Geschichte der Fehlbarkeit von Mensch und Technologie, erschienen im Verlag C.H. Beck 2025 - ISBN: 978-3-406-82330-5.

Eine Rezension von Mario Galgano.

(vatican news)

 

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21. Juli 2025, 12:15