?sterreich: Steyler Missionare begehen 150-j?hriges Bestehen
Die ?Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ (Societas Verbi Divini, SVD), besser bekannt als Steyler Missionare, feiert im laufenden Jahr ihr 150-jähriges Bestehen. Die Feierlichkeiten begannen bereits im September 2024, und das Pfingstfest 2025 in St. Gabriel bildet einen weiteren zentralen Punkt der Jubiläumsaktivitäten. Hierfür ist Pater Anselmo Ribeiro, der im Juli 2024 zum ersten lateinamerikanischen Generalsuperior des Ordens gewählt wurde, nach Österreich gereist.
Gründung und weltweite Präsenz
Der Orden wurde am 8. September 1875 von Arnold Janssen im niederländischen Steyl gegründet. Aus bescheidenen Anfängen entwickelte sich die Gemeinschaft zu einem der größeren Männerorden innerhalb der katholischen Kirche. Die Steyler Missionare sind heute auf allen Kontinenten tätig. Ihre Einsatzgebiete reichen von der Arbeit mit Massai in Tansania über Slums auf den Philippinen und entlegene Außenstationen in Madagaskar bis hin zu Seelsorgeräumen in Österreich und der Schweiz oder am Stadtrand von Paris.
Die Ordensleute engagieren sich in verschiedenen Bereichen, darunter Bildung, Gesundheit und Medien. Sie betreiben Schulen, Universitäten und Krankenhäuser, geben Zeitschriften heraus und produzieren Radio- und Filmsendungen. Zudem sind sie als Wissenschaftler, im Religionsdialog und in der interkulturellen Begegnung aktiv. Ein wichtiger Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Bibelapostolat, und in vielen Ländern sind sie auch stark in der Pfarrseelsorge präsent. Zu den Anliegen der Steyler Missionare gehören die Solidarität mit Armen und Marginalisierten, der Einsatz für den Schutz der Menschenwürde, für Mädchen und Frauen, für die Rechte indigener Völker und gegen Fremdenfeindlichkeit, die Begleitung geflüchteter Menschen sowie die Bewahrung der Schöpfung.
Beispiele aus der Praxis
Generalsuperior Ribeiro nannte im Interview Beispiele aus dem weltweiten Tätigkeitsbereich des Ordens. Er berichtete von einem Besuch in Uganda vor zwei Monaten, wo fünf Steyler Missionare in einem Lager für Kriegsflüchtlinge aus dem Südsudan wirken. Diese Mitbrüder hatten zuvor selbst im Südsudan gelebt und sich entschieden, die Menschen auch im Flüchtlingslager zu begleiten. Ribeiro hob die Dimension dieses Lagers hervor, in dem 300.000 Menschen leben.
Ein weiteres Beispiel betrifft Kuba: ?In Kuba haben unsere Patres auch in der größten Not der Pandemie ihre Suppenküche für die Ärmsten der Armen immer offen gehalten. Auch als alle anderen staatlichen Hilfseinrichtungen längst geschlossen waren.“ In der Ukraine stehen die Steyler Missionare unter anderem auch orthodoxen Christen seelsorglich bei. In Indonesien ist der Dialog mit dem Islam ein dominierendes Thema, da fast 90 Prozent der Bevölkerung Muslime sind und Christen eine kleine Minderheit bilden. Dort gehe es darum, die gemeinsamen Werte der Religionen hervorzuheben, so der Generalsuperior. Die verbindende Klammer aller Aktivitäten sei das Bemühen, ?die Menschen zu erreichen und ihnen das ?Göttliche Wort‘ nahezubringen“.
Gelebte Interkulturalität und Herausforderungen
Die Steyler Gemeinschaften sind nicht nur in ihren Einsatzbereichen vielfältig, sondern auch in ihrer internationalen Zusammensetzung. Ribeiro erläuterte, dass die Patres der australischen Provinz aus 26 Nationen stammen und jene der mitteleuropäischen Provinz, zu der Österreich gehört, Angehörige aus 17 Nationen umfasst. Diese Kommunitäten seien Beispiele für gelungene Internationalität und Interkulturalität. Ribeiro: ?Wir leben, arbeiten und beten zusammen. Darauf sind wir stolz.“
Ribeiro wies jedoch auch auf Grenzen der Interkulturalität hin: ?Es braucht schon auch eine lokale Basis an Mitbrüdern, an der dann die Brüder aus anderen Ländern andocken können, um sich im jeweiligen Land zu integrieren.“ Die Entwicklung in Europa und Lateinamerika mit rückläufigen Zahlen an Ordensberufungen bereitet ihm Sorgen. Dem Thema Berufung müsse daher hohe Priorität gewidmet werden. Wichtig sei in den einzelnen Kommunitäten auch eine ausgewogene Mischung an Nationalitäten und Kulturen, um eine einseitige Dominanz zu vermeiden.
Ribeiro in Österreich und die Steyler Familie
Pater Ribeiro ist zum ersten Mal als Generalsuperior in Österreich. Das Land ist Teil der Mitteleuropäischen Provinz, zu der auch Niederlassungen in der Schweiz, Kroatien und Frankreich gehören. In dieser Provinz leben und arbeiten aktuell etwas mehr als 100 Steyler Missionare. Provinzial ist der Österreicher Pater Christian Stranz. Die Ordensleute in der Mitteleuropäischen Provinz kommen aus Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika. Sie betreuen Pfarreien, engagieren sich im interreligiösen Dialog und in der Migrantenpastoral. Zusammen mit kirchlichen Gruppen und NGOs setzen sich die Steyler Missionare auch in Österreich für eine ökologische Wende ein.
Pater Ribeiro, 1974 in Rio de Janeiro geboren, ist der erste Lateinamerikaner an der Spitze der Ordensgemeinschaft. Er trat den Steyler Missionaren 1998 bei und wurde 2005 zum Priester geweiht. Er absolvierte missionarische Einsätze in Mexiko und Brasilien und studierte Kommunikation und Journalistik. Seit 2018 gehörte er der Generalleitung des Ordens in Rom an. In seiner neuen Funktion möchte er die Mitbrüder weltweit in ihrer Mission ermutigen, stärken und einen koordinierenden Dienst ausüben. ?Ich komme als Bruder“, so Ribeiro, mit Leitungsverantwortung. Seine Amtszeit läuft bis 2030. Im Jubiläumsjahr gelte es zudem, Bilanz zu ziehen über Erfolge und Fehler, denn es gehe um ?die Glaubwürdigkeit.“
Zum Fest in Maria Enzersdorf am Pfingstsonntag werden auch Vertreterinnen der Steyler Schwesterkongregationen erwartet. Nach der Eröffnung durch Provinzial Pater Christian Stranz und Provinzleiterin Schwester Hemma Jaschke bietet das Programm Workshops zu ?Steyler Dimensionen“, darunter Bibelarbeit, interreligiöser Dialog, Gendertheologie, KI in der Verkündigung und Flüchtlingshilfe. Am Nachmittag steht Pater Ribeiro einer Jubiläumsfestmesse vor. Neben dem 150-jährigen Jubiläum der Steyler Missionare wird auch das 125-jährige Weihejubiläum der Heilig-Geist-Kirche gefeiert. Den Abschluss bildet ein offenes Hoffest mit Musik, Tanz und einem Moment der Stille in der Kirche.
Historischer Kontext in Österreich
Arnold Janssen (1837–1909), Gymnasiallehrer und Priester, legte in Zeiten der Kolonialisierung den Grundstein für den ersten deutschen Missionsorden, indem er 1875 das Missionshaus St. Michael in Steyl, Niederlande, eröffnete. Dies geschah, da kein deutscher Bischof Unterstützung bot und der damalige Kulturkampf eine Ordensgründung in Deutschland erschwerte. Zahlreiche Schüler und Priester schlossen sich ihm an, darunter Josef Freinademetz aus Südtirol und Johann Baptist Anzer aus Deutschland, die 1879 als erste Missionare nach China ausreisten. Janssen übernahm Missionsgebiete in Amerika, Afrika und Asien. 1889 gründete er seine erste Niederlassung in Österreich, das Missionshaus St. Gabriel, in dem seitdem viele Missionare ausgebildet wurden und wo bis heute die Provinzleitung und die Missionsprokur ansässig sind. Bereits 1878 hatte Janssen in Steyl eine Druckerei eröffnet, um seine Missionsidee zu verbreiten und sein Werk durch den Gewinn der Zeitschrift ?Stadt Gottes“ (heute: ?Leben jetzt“) zu finanzieren. 1905 folgte die offizielle Anerkennung des Ordens durch den Vatikan. Bei Janssens Tod 1909 zählten die Steyler Missionare bereits 400 Patres und 600 Brüdermissionare in Ewigen Gelübden sowie 1.000 Mitbrüder in Ausbildung. Zur ?Steyler Familie“ gehören auch zwei Schwesterngemeinschaften, die Steyler Missionsschwestern (SSpS) und die Steyler Anbetungsschwestern (SSpSAP), beide von Arnold Janssen gegründet. In den vergangenen Jahren verstärkten die Steyler Missionare zudem weltweit die Zusammenarbeit mit Laien-Partnern, die sich der Spiritualität der Steyler verbunden fühlen.
(kap - mg)
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