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...kann denn ein Blinder einen Blinden führen? ...kann denn ein Blinder einen Blinden führen?  

Unser Sonntag: Das Herz entscheidet

Nach den Mahnungen bereitet das Evangelium den Weg, die richtige Einstellung zu finden und Fehlhaltungen zu korrigieren, so Nadja El Beheiri in dieser ersten Betrachtung. Es geht um die rechte Herzenshaltung.

Prof. Dr. Nadja El Beheiri

8. Sonntag im Jahreskreis, Lk 6,39-45


Das vorliegende Evangelium ist aus jenem Teil der Berichterstattung des Lukas entnommen, die bei Matthäus der Bergpredigt entspricht. Bei Lukas findet die Predigt auf dem Felde statt, vielleicht möchte Lukas die Nähe Jesu zur Menge hervorheben.

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Die bei dieser Gelegenheit verkündete Botschaft stellt eine Lebensform vor Augen, die auch im Verhältnis mit der strengen Auffassung der rabinischen Lehre als revolutionär angesehen werden kann.

Die Gleichnisse Jesu

Wie auch bei anderen Gelegenheiten verdeutlicht Jesus seine Anforderungen durch Gleichnisse. Manchmal – wie etwa im Gleichnis vom Sauerteig – fiel es den Jüngern schwer, die Lehre in ihrer ganzen Tragweite zu erfassen und sie baten den Herrn – wie Lukas Jesus mit Vorliebe bezeichnet – ihnen das Gleichnis zu erklären (Mt. 13,36). Aber grundsätzlich gilt, dass Jesus mit seinen Erzählungen den Menschen in ihrem eigenen Kontext begegnen möchte und so bringt er Beispiele, die seinen Zuhörern wohl bekannt waren. Das Faszinierende dabei ist, dass sie auch den Menschen von heute noch in gleicher Weise ansprechen, oftmals auch aufrütteln. Die Erzählungen des Evangeliums des achten Sonntages im Jahreskreis legen ihren Fokus zunächst auf Beziehungen, in denen eine Figur eine andere beeinflussen oder führen soll. Die Leitfiguren sind dabei ein Blindenführer, ein Meister und ein Bruder. Die Bindungen, auf die wir hier treffen, werden ihrer Natur nach immer intensiver.

Zufällige Kontakte

Der Kontakt mit einem Blindenführer kann auch ein ganz zufälliger sein. Ich erinnere mich an ein solches Erlebnis in unmittelbarer Nähe einer Straßenbahnhaltestelle. Eine junge blinde Frau, die mit einem Blindenstock unterwegs war, hörte wie sich eine Straßenbahn näherte. Sie fragte mich nach der Nummer und als ich die Nummer sagte, meinte sie mit enttäuschter Stimme: Es ist immer dasselbe, die Straßenbahn fährt mir davon. Auf eine plötzliche Idee hin, fragte ich sie, ob sie ihr nachlaufen will und als sie ja sagte, nahm ich sie beim Arm und wir liefen der Straßenbahn nach, die sie dann noch erreichte. Sie stieg ein und wir trennten uns. Mich hat es beeindruckt, wie sich die junge Frau – obwohl sie mich gar nicht kannte – meiner Führung überlassen hat.

?Wer sein Leben finden will, der wird es verlieren.“

Die Jünger-Meisterbeziehung – ist schon eine andere. Der altgriechische Terminus, der hier für Lehrer gebraucht wird, ist διδ?σκαλο? didaskalos, das sich aus dem Wort διδ?σκω geben und καλ?? dem Schönen, Richtigen zusammensetzt. Jesus selbst wird an zahlreichen Stellen als didaskalos als Meister bezeichnet. Es geht nicht darum, eine bestimmte Lehre zu vermitteln, sondern vielmehr darum, das weiterzugeben, was schön, gut und wahr ist. Jesus lehrt dies nicht nur durch seine Worte, sondern vor allem durch sein Leben. Er tut dies auf eine Weise, die uns oftmals paradox erscheint. Wer sein Leben finden will, der wird es verlieren. Im Laufe der Geschichte gab es zahllose Menschen, die dem Beispiel Jesu gefolgt sind und ihre Leben in Nachahmung ihres Meisters hingegeben haben.

?Seliger Zoltán Meszlény: fidenter ac fideliter – in Vertrauen und Treue“

Am 4. März begeht die Kirche in Ungarn das Fest des Seligen Zoltán Meszlényi. Meszlényi wurde Mitte Juni 1950 zum Bischofsvikar der Diözese Esztergom gewählt. Etwas mehr als ein Jahr zuvor war Kardinal Mindszenty inhaftiert, gefoltert und nach einem Schauprozeß zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe verurteilt worden. Meszlényi war sich klar darüber, dass die Annahme des Amtes angesichts der historischen Situation einen Schritt zum Martyrium bedeutete. Er tat diesen Schritt in Einklang mit seinem bischöflichen Wahlspruch – fidenter ac fideliter – in Vertrauen und Treue. Auch heute gibt es zahlreiche Christen, die in Vertrauen und Treue auf den Herrn an der Schwelle des Martyriums stehen. Angesichts dieser Situation mag immer wieder die Frage auftreten, wo bist Du Herr, bei all diesem Leid. Im Glauben und im Vertrauen auf das Evangelium, hören wir die Antwort. Ich bin bei den Leidenden, in jedem Menschen, der psychischem oder physischem Schmerz ausgesetzt ist.

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Der Herr ist bei den Leidenden

Ich leide in ihm und mit ihm. Der dritte Vergleich, den Jesus bringt, stellt den Gipfel des crescendo an der Intensität der Beziehungen dar. Nach dem Blindenführer und dem Meister nennt er den Bruder. Das Verhältnis von Geschwistern ist intensiver als die vorhergenannten und im Gegensatz zu diesen findet sich auch keine Abhängigkeit oder eine Über- und Unterordnung. Auf diese Art von Beziehungen mag das Beispiel vom Splitter und dem Balken besonders gut passen. Der Splitter behindert die Erkenntnisfähigkeit ein wenig, der Balken sehr. Zur Entfernung von einem Splitter mag ein einfaches Hausmittel reichen, für einen Balken benötigt es wohl die Mitwirkung eines Fachmannes. In Situationen des engen Zusammenlebens im familiären Kreis ist es oft gerade die Unzufriedenheit mit sich selbst, die jemanden anderen gegenüber besonders kritisch werden läßt.

Das Herz entscheidet

Nach den Mahnungen bereitet der Text den Weg, die richtige Einstellung zu finden und Fehlhaltungen zu korrigieren. Er tut es zunächst durch einen Hinweis auf die Pflanzenwelt. Das Bild des Baumes suggeriert Größe und Stärke. Einen gesunden Baum erkennt man an gesunden Früchten. Disteln und Dornstrauch erwecken negative Assoziationen. Mit diesen Beispielen wird die Dichotomie von Gut und Böse eingeleitet. Die richtige Haltung gegenüber den Dingen und vor allem gegenüber zwischenmenschlichen Beziehungen wird im Herzen entschieden. Dass die vorliegende Stelle vor allem auf Beziehung zu anderen Menschen abzielt, zeigt sich nicht nur an den Beispielen, die wir so eben gehört haben, sondern auch an dem Hinweis auf die Sprache – wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.

?Verben im Hebräischen sind immer auf ein Tun ausgerichtet. Hören bedeutet also immer auch Tun.“

Die Politiktheoretikerin Hannah Arendt betont die hervorragende Bedeutung des Handelns und Sprechens im Leben der Menschen. Im Sprechen gibt sich der Mensch aus der Hand. Ein Mensch kann sich in passiver sprachloser Zurückgezogenheit nie selbst erkennen. Seine Eigenart wird sichtbar in der Art und Weise, wie er anderen begegnet. In diesem Sinne kommt dem Sprechen offenbarende Qualität zu. Wie steht es nun mit dem Herzen. Es mag uns die alttestamentarische Geschichte in den Sinn kommen, in der der König Salomon um ein hörendes Herz bittet. Papst Benedikt hat diese Stelle an den Anfang seiner Ansprache im Bundestag gestellt. Im Rahmen eines interdisziplinaren Seminars haben wir an meiner Universität versucht uns dem Bedeutungsfeld dieser Wendung zu nähern. Der Text der Einheitsübersetzung bleibt nahe an dem aramäischen bzw. griechischen Original. In der ungarischen Sprache ist manchmal von einem wachen bzw. gehorsamen Herzen die Rede. Verben im Hebräischen sind immer auf ein Tun ausgerichtet. Hören bedeutet also immer auch Tun.

Mit dem Herzen hört man, erinnert sich, versteht und fühlt

Der moderne Mensch versteht das Herz oftmals romantisch als Sitz der Gefühle. In der biblischen Tradition jedoch ist das Herz jener Ort, an dem Gedächtnis, Verstand und Gefühl aufeinandertreffen. Mit dem Herzen hört man, erinnert sich, versteht und fühlt. Das Hören des Wortes Gotte, das sich erinnert an seine Großtaten führt zu einem Verstehen. Zwischen Verstehen und Fühlen gibt es eine Wechselwirkung. Es gehört zu den Herausforderungen eines jeden Christen, ja eines jeden Menschen, seine Gefühle in Einklang mit seinem Verstehen zu bringen. Der Christ strebt danach sein Empfinden dem Empfinden Christi anzugleichen. Wie schwierig scheint es manchmal mit Christus geduldig zu sein, sich mit ihm gemeinsam an die Bedürfnisse anderer anzupassen. Wie schwer kann es fallen, Leid und Prüfung anzunehmen. Die Erfahrung vieler Christen zeigt jedoch: gelingt das Sichüberlassen, ist die Entscheidung dem Meister nachzufolgen unumstößlich -  so ist es Jesus, der auch die Beziehungen zu unseren Mitmenschen ordnet und uns so das rechte Herz und die rechte Einsicht gibt.

(Radio Vatikan - Redaktion Claudia Kaminski)

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01. M?rz 2025, 09:15