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Archivbild: Nationalsozialisten 1938 in Wien nach dem ?Anschluss“ ?sterreichs an das Deutsche Reich Archivbild: Nationalsozialisten 1938 in Wien nach dem ?Anschluss“ ?sterreichs an das Deutsche Reich 

Wiener Theologe: Bonhoeffer in neuem Film falsch dargestellt

Die Debatte über den soeben in deutschsprachigen L?ndern gestarteten Kinofilm ?Bonhoeffer“ rei?t nicht ab: Das Filmdrama um den evangelischen Theologen und Nazi-Gegner Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) enthalte eine verzerrende Darstellung des 1945 im NS-Konzentrationslager Flossenbürg Hingerichteten, befand der katholische Wiener Theologe Gunter Prüller-Jagenteufel im ORF-Religionsmagazin ?Orientierung“.

In zentralen Aspekten seien Bonhoeffers Motive nicht korrekt wiedergegeben worden, so der Professor für Katholische Theologie im Fachbereich theologische Ethik an der Universität Wien. Bereits hinsichtlich der Darstellung des Titelcharakters als einsamer Held, der auch mit Gewalt agiert, gehe der Film von Regisseur Todd Komarnicki an der historischen Figur vorbei, urteilte Prüller-Jagenteufel, der sich eingehend mit dem evangelischen Theologen beschäftigt hat. ?Von Bonhoeffer habe ich gelernt, dass Heldenfiguren oft das Gegenteil von verantwortlichen Personen sind. Bonhoeffer wollte nie Held sein. Er wollte immer verantwortlich sein.“

Kritisch äußerte sich der Theologe auch darüber, wie undifferenziert der Film mit Bonhoeffers Haltung zu den Planungen an einem Attentat gegen Adolf Hitler umgehe. Dem Mord am Tyrannen, der zumindest in der katholischen Tradition in bestimmten Fällen ?aus entsprechendem schwerem Grund in Ordnung“ sein könne, habe Bonhoeffer in Wahrheit widersprochen, so der Wiener Experte weiter. ?Er sagt: Nein, es ist nie in Ordnung, einen Menschen zu töten, denn jeder Mensch - auch der schwerste Sünder - hat immer das Recht auf Leben. Wenn ich ihm dieses Recht verweigere, indem ich ihn umbringe, dann handle ich tatsächlich gegen Gottes Gebot.“

Kein einsamer Held

Auf diese Weise habe Bonhoeffer argumentiert - und dennoch eingeräumt, dass es in einer Welt, in der die Sünde regiert, mitunter auch zu Situationen kommen kann, in denen es keinen guten Ausweg gibt. ?Dann ist es einfach notwendig, Hitler zu ermorden, um Krieg, Unterdrückung und millionenfache Ermordung von Juden zu beenden.“ Ganz einfach in Ordnung sei ein solcher Mord laut Bonhoeffer dennoch nicht, sondern er habe eingefordert, dass die Durchführenden ?die Konsequenzen tragen und die Verantwortung übernehmen“ müssten, so Prüller-Jagenteufel.

Die historischen Entwicklungen seiner Zeit habe Bonhoeffer verglichen mit einem ?Wagen, der ohne Steuer den Berg hinunterrollt und das ganze Dorf gefährdet“, berichtete der Moraltheologe. ?Da sagt Bonhoeffer: Wir können uns nicht nur um die kümmern, die unter die Räder kommen, indem wir die Opfer unter dem Rad verbinden. Sondern wir müssen auch dem Rad selbst in die Speichen fallen.“ Die Kirche müsse daher in die Geschichte eingreifen - was damals nicht selbstverständlich gewesen sei.

?Bonhoeffer“ ist seit vergangener Woche in den österreichischen Kinos zu sehen. Nach dem bereits im November 2024 erfolgten US-Kinostart gibt es anhaltend Kritik an einer ?bewussten Verdrehung“ und an ?kultureller Aneignung“ des Bonhoeffer-Films durch Kreise der christlichen Rechten in den Vereinigten Staaten. Bonhoeffer werde vereinnahmt, pervertiert und zu einem Kronzeugen gegen die liberale Demokratie umgedeutet, hieß es. Liberale und die Demokratische Partei wurden dabei teilweise mit den Nationalsozialisten gleichgesetzt, gegen die es heute wie einst Bonhoeffer Widerstand zu leisten gelte.

(kap - cs)

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18. M?rz 2025, 10:41