Unser Sonntag: Achtsamkeit
Veronika Seifert - 6. Sonntag im Jahreskreis
Lk 6,17.20-26
Versuchen wir den Menschen zu gefallen oder suchen wir Gott, den Vater, den Allmächtigen – wie wir im Glaubensbekenntnis beten. Die heutigen Sonntagslesungen besitzen eine sehr klare Sprache: es gibt keinen diplomatischen Mittelweg: Entweder bauen wir auf Gott oder auf den Menschen.
Jedes gute Werk wird in der Ewigkeit belohnt
Im Alten wie auch im Neuen Testament sagt Gott immer wieder ?nimm dich in Acht, achte gut auf dich!“ (Dt 9,4) Gott möchte, dass wir auf unsere Werke, unser Reden und unser Denken achten. Denn jedes gute Werk wird in der Ewigkeit belohnt und jedes schlechte bestraft werden. Und dass es die Auferstehung der Toten und den Himmel gibt sagt uns der heilige Paulus heute ganz klar im Korintherbrief: ?Christus [ist] von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen“ (1 Kor 15,20) und Jesus versichert uns, dass er uns einen Platz im Himmel vorbereiten wird (Joh 14,3).
Nach diesen einleitenden Gedanken, die uns die erste und zweite Lesung geboten haben, schauen wir nun auf das heutige Tagesevangelium in dem wir die Seligpreisungen nach dem Evangelisten Lukas gehört haben. Im Vergleich zu den acht Seligpreisungen, die uns das Matthäus-Evangelium bietet, hinterlässt uns Lukas nur vier, die uns jedoch wesentliche Punkte aufzeigen. Bei Lukas werden diejenigen seliggepriesen, die arm sind, die Hunger haben, die weinen und die verfolgt sind.
Selig, die Armen
Schauen wir also auf die erste der lukanischen Seligpreisungen, ?Selig, die Armen“. Mir scheint, Jesus ruft uns nicht zur materiellen Armut auf, es geht ihm vielmehr darum, dass wir uns vor ihm arm fühlen, d.h., uns vor ihm als Geschöpfe Gottes verstehen, die kontinuierlich alles von ihrem Schöpfer-Gott erhalten.
Wenn wir mit Realismus auf unser Leben schauen sehen wir sehr schnell, dass wir eigentlich nichts in den Händen halten: Unsere materiellen Güter können morgen zerrinnen, unsere Intelligenz kann verfliegen bzw. wir können uns heute in einer digitalen Welt verlieren; unsere Gesundheit ist zerbrechlich und unser innerer wie auch äußerer Frieden können schnell vergehen.
Das bedeutet doch, dass wir letztendlich nichts wirklich und dauerhaft besitzen – nur sehen bzw. wollen wir unsere Armut vielleicht nicht sehen, um unsere irdischen Sicherheiten nicht zu verlieren. Doch wenn wir uns unserer Armut bewusstwerden und in diesem Bewusstsein vor Gott hintreten, dann kann Er uns reich beschenken.
Diese erste Seligpreisung fordert uns also auf, in dem Bewusstsein zu leben, dass wir Geschöpfe des himmlischen Vaters sind, die kontinuierlich alles von Ihm erhalten und auch erwarten dürfen.
Hunger nach dem Sinn des Lebens
In der zweiten Seligpreisung heißt es ?selig die ihr jetzt hungert“. Wer Hunger hat, versucht diesen zu stillen. In dieser Seligpreisung geht es vielleicht um den Hunger nach Liebe und den Hunger nach dem Sinn des Lebens. Wer sich mit menschlicher Liebe und irdischen Gütern zufriedengibt, der sucht nicht nach mehr, da er ja mit seinem jetzigen Leben ?gesättigt“ ist. Und das ist genau der Punkt: Nur ein Hungriger sucht. Im Magnifikat erklärt Maria ?die Hungrigen beschenkt er mit seinen Gaben und läßt die Reichen leer ausgehen“ (Lc 1,53). Gott möchte also, dass wir mehr und mehr hungrige, d.h. Gott suchende Menschen werden – denn nur ER kann den inneren Hunger in der Tiefe des Herzens wirklich stillen. Der alttestamentliche Aufruf ?mein Angesicht sollt ihr suchen“ lädt uns ein, Gott-Suchende zu sein.
Streben nach dem wahren Glück
Kommen wir nun zur dritten Seligpreisung: ?selig die ihr jetzt weint“. Auch hier möchte Gott nicht, dass wir weinen, im Gegenteil, die Wüstenväter, wie z.B. Evagrios Pontikos (IV. Jh.) verstehen die Traurigkeit als Todsünde. Gott möchte vielmehr, dass wir in unserem Leben nach dem wahren Glück streben und es auch erfahren. Doch dieses wahre Glück, das ein Herz wirklich erfüllt, kann letztendlich nur ER geben. Und was ist unser wahres Glück? Jesus hat uns gesagt, ihr könnt nicht zwei Herren dienen ?Gott und dem Mammon“ (Mt 6,24). Das heißt mit anderen Worten, wir können nicht gleichzeitig dem irdischen und dem himmlischen Glück hinterherlaufen. Wir müssen uns entscheiden, bzw. mit jeder einzelnen Tat und mit jedem Streben unseres Herzens entscheiden wir uns bewusst oder unbewusst, Tag für Tag entweder für das eine oder das andere Glück. Mit dieser dritten Seligpreisung erinnert uns Jesus also, dass wir für die ewige Glückseligkeit geschaffen sind.
In der vierten und letzten lukanischen Seligpreisung hören wir die Worte: ?selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und wenn sie euch ausstoßen und schmähen und euren Namen in Verruf bringen um des Menschensohnes willen“. Mit anderen Worten sind die selig, die aufgrund ihrer lebendigen Gottesbeziehung für die Weltmenschen unverständlich und auch unbequem sind. Aus diesem Grund erhalten sie statt Anerkennung oftmals Aberkennung. Diese Seligpreisung beleuchtet also die Beziehungsebene. Jesus fragt uns auch hier, ob wir dem Menschen oder aber Gott gefallen wollen? Auch hier müssen wir uns entscheiden. Denn Christus erklärt uns im Johannesevangelium, ?wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“ (Joh 15,20). Das bedeutet für einen Christen, dass er nicht auf die Anerkennung der Welt sondern auf den ewigen Lohn hoffen soll.
Verstehe ich mich als Geschöpf Gottes?
Die Betrachtung über die Seligpreisungen möchte ich mit den folgenden vier Fragen beenden.
Selig die Armen: Verstehe ich mich auf existenzieller Ebene als Geschöpf Gottes? Fühle ich mich vielleicht manchmal auch Gott-abhängig?
Selig die Hungrigen: Wofür lebe ich? Spüre ich in meinem Herzen manchmal einen Hunger nach mehr? Hungert es mich nach der Liebe Gottes?
Selig die Weinenden: Wie sieht mein Glücksbegriff aus? Denke ich dann und wann daran, dass mich im Himmel das ewige Glück erwartet?
Selig die Verfolgten: Auf welche Beziehungen lege ich Wert? Bin ich bereit, aus Liebe zu Gott auch Unverständnis anzunehmen?
Am Anfang habe ich das Modewort ?Achtsamkeit“ erwähnt. Wie wir sehen, möchte Gott, dass wir auf das achten, was in unserem jetzigen Leben für die Ewigkeit zählt. Ich frage mich, achte ich HEUTE auf mein Leben, meine Zukunft, mein Herz und meine Beziehungen?
Ich wünsche Ihnen einen auf Gott achtsamen Sonntag.
(Radio Vatikan - Redaktion Claudia Kaminski)
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